Die Amerikaner müssen sich fühlen wie im falschen Film. Seit Jahren versuchen sie, den Sumpf des Nahost-Konflikts hinter sich zu lassen und sich auf den «Erzrivalen» China zu konzentrieren. Und immer wieder ergeht es ihnen wie Mafiaboss Michael Corleone in «Der Pate 3»: «Gerade als ich dabei war, auszusteigen, ziehen sie mich wieder rein.»
«Sie» sind die Hamas-Terroristen, die mit ihrer brutalen Anschlagsserie in Israel den Palästina-Konflikt schlagartig zurück auf die Weltbühne katapultiert haben. Die USA hatten sich wie manch andere der Illusion hingegeben, sie könnten das Problem irgendwie «aussitzen». Jetzt müssen sie einmal mehr als «Feuerwehr» eingreifen.
Nur ist das Problem viel komplexer als bei früheren Gewaltausbrüchen. Denn Israel hat im von der Hamas beherrschten Gazastreifen einen «Rachefeldzug» begonnen, der sich zum Flächenbrand ausweiten könnte. US-Aussenminister Antony Blinken befindet sich deshalb auf einer «chaotischen Reise» durch den Nahen Osten, so die «New York Times».
Bei Blinkens Aufbruch in Washington am letzten Mittwoch hiess es, die Reise werde zwei Tage dauern. Jetzt befindet er sich schon sieben Tage in der Region, und ein Ende ist nicht in Sicht. Am Sonntag gab der Minister in Kairo gegenüber Journalisten zu, er habe «den Überblick verloren», wie viele Länder er bislang besucht habe. Es waren sieben.
Mit Henry Kissingers 33-tägiger «Pendeldiplomatie» nach dem Jom-Kippur-Krieg 1973 kann dies noch nicht mithalten. Der erfahrene Nahost-Unterhändler Aaron David Miller riet Blinken in der «New York Times» jedoch schon mal, einige zusätzliche Hemden einzupacken. Wenn die Regierung konkret etwas bewirken wolle, werde es «weitere solche wilde Ritte» geben.
Dies verdeutlicht die Komplexität der Aufgabe. Am Mittwoch wird Präsident Joe Biden die Region besuchen. Er wird sich wie sein Aussenminister bemühen, mässigend auf die Israelis einzuwirken. Denn zwei Entwicklungen fürchten die USA:
Im Gazastreifen bahnt sich eine humanitäre Katastrophe gewaltigen Ausmasses an. Rund eine Million Menschen steckt an der Grenze zu Ägypten fest – ohne ausreichende Versorgung mit Nahrungsmitteln, Wasser und Medikamenten. Lastwagen mit Hilfsgütern stauen sich am Grenzübergang in Rafah, doch Israel lässt sie nicht passieren.
Die Israelis wollen verhindern, dass die Hamas von der Hilfe profitiert und Waffen eingeschmuggelt werden. Ohnehin würden sie die geflüchteten Palästinenser wohl gerne ins Nachbarland abschieben, wogegen sich die Ägypter wehren. Die Amerikaner bemühen sich, zwischen diesen Positionen zu vermitteln und die humanitäre Hilfe in Gang zu bringen.
So wurde Joe Bidens Reise am Montagabend erst bestätigt, nachdem Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sich zu einem nicht näher umschriebenen «humanitären Paket» verpflichtet habe, berichtete die «Washington Post» unter Berufung auf zwei Beamte im Aussenministerium. Antony Blinken habe entsprechende Zusicherungen erhalten.
«Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Hilfe so schnell wie möglich nach Gaza fliesst», sagte Blinken am Montag in Tel Aviv. Angesichts der israelischen Militärschläge gegen die Hamas in dem Küstenstreifen sollen auch Sicherheitszonen für Zivilisten geschaffen werden. Wie das gehen soll, ist aufgrund der Blockade an der Grenze unklar.
Neben der humanitären Katastrophe fürchten die Amerikaner eine Ausweitung des Konflikts. Es droht ein Zweifronten-Krieg mit der schiitischen Hisbollah im Libanon, die über ein gewaltiges Raketenarsenal verfügt. Schon jetzt kommt es sporadisch zu Gefechten an der Grenze. Mit zunehmender Dauer könnte sich auch Iran in den Konflikt einschalten.
Dieses Risiko ist nicht zu unterschätzen, denn in Israel geht man davon aus, dass der Kampf gegen die Hamas im Gazastreifen Wochen oder sogar Monate beanspruchen wird. Dies könnte auch in arabischen Ländern, die sich Israel angenähert haben, den Hass auf den jüdischen Staat und die Gewaltbereitschaft in der Bevölkerung anheizen.
Möglich sind Terroranschläge in Europa, auch wenn es bei den Attentaten in Arras und Brüssel keinen ersichtlichen Zusammenhang zur Eskalation in Nahost gibt. Die USA fahren deshalb eine zweigleisige Strategie. Sie haben die beiden Flugzeugträger USS Ford und USS Eisenhower ins Mittelmeer entsandt, um Hisbollah und Iran abzuschrecken.
Gleichzeitig will Präsident Biden auf seiner Nahostreise nicht nur Israel besuchen. Geplant sind Treffen mit dem jordanischen König Abdullah, Ägyptens Staatschef Abdel Fatah al-Sisi und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas. In einem CBS-Interview betonte Biden, es müsse «einen Weg zu einem palästinensischen Staat geben», also einer Zweistaatenlösung.
Eine solche ist zunehmend unrealistisch geworden. Bidens Sicherheitsberater Jake Sullivan formulierte am Sonntag gegenüber CNN bescheidenere Ziele. Man wolle Israels Sicherheit garantieren, aber auch darauf hinarbeiten, «dass unschuldige Palästinenser in Gaza in Zukunft ein Leben in Würde, Sicherheit und Frieden haben können».
Doch selbst dies wirkt zum jetzigen Zeitpunkt utopisch. Es zwingt die Amerikaner zu einer Gratwanderung, denn auch die Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland steht auf dem Spiel. Immerhin scheint Israel bereit zu sein, die Bodenoffensive gegen die Hamas in Gaza laut dem «Spiegel» erst nach Joe Bidens Besuch in der Region zu starten.
Es brächte auf beiden Seiten Leute, die Nächstenliebe zeigen anstelle solche, die immer nur mit extremistischen Gewaltakten reagieren. Und ja, die Siedlungspolitik und Einpferchung Gazas seitens Israel sind auch extremistische Gewaltakte.
Es GIBT schon eine humanitäre Katastrophe. Unglaublich, wie hier beschönigt und die Statements von Ärzte ohne Grenzen, Amnesty, Human Rights Watch usw. ignoriert werden.
Ich habe auch ein wenig denn Verdacht, dass Israel als stärkere Partei kein Interesse hat/hatte den Palästinenser irgendwas zuzugestehen.