Eine von Trumps wirksamsten Methoden, die Mitglieder der Grand Old Party (GOP) bei der Stange zu halten, sind Wahlempfehlungen. Republikaner, die seinen Segen erhalten, gewinnen in der Regel die internen Ausmarchungen locker.
Fast immer. In Texas sprach sich Trump im Vorfeld der internen Vorwahlen für einen wegen eines Todesfalles frei gewordenen Sitz im Abgeordnetenhaus für die Witwe des Verstorbenen aus. Damit schien das Rennen gelaufen zu sein. Doch die republikanische Basis entschied sich anders und nominierte einen Rivalen. Politexperten werten dies als Zeichen, dass selbst innerhalb der GOP die Allmacht des Ex-Präsidenten ihre Grenzen hat.
Die Niederlage in Texas wird Trump verkraften können, ist doch auch der nicht vom ihm zur Wahl empfohlene Sieger ein bekennender Fan. Weit schmerzhafter für den Ex-Präsidenten dürfte sein, was sich gestern im Senat ereignet hat. Mit einem deutlichen Mehr von 67 Stimmen haben die Mitglieder der kleinen Kammer beschlossen, auf die Debatte um das Ein-Billionen-Dollar-Infrastrukturprogramm einzutreten.
Dabei wollte Trump noch über das Wochenende genau dies verhindern. Er hat die Republikaner gewarnt, bis zu den Zwischenwahlen keinen überparteilichen Deal einzugehen. Wer dies tue, so der Ex-Präsident, sei ein Weichei und ein RINO, ein «republican in name only».
17 republikanische Senatoren hielten sich nicht an den Ukas des Ex-Präsidenten. Selbst Minderheitsführer Mitch McConnell stimmte für das Eintreten. Gegen die Infrastrukturpläne von Joe Biden anzutreten scheint dem alten Politfuchs zu riskant. Zu eindeutig zeigen Umfragen, wie sehr die Amerikanerinnen und Amerikaner dieses Programm wollen.
Diese Einsicht hat sich selbst bei den Konservativsten der Konservativen durchgesetzt. So erklärte etwa Bill Cassidy, republikanischer Senator aus Louisiana, nach der Abstimmung: «Ich bin erstaunt, dass es immer noch welche gibt, die das ablehnen, weil sie der Meinung sind, es sei ein Zeichen von Schwäche, wenn man etwas erreicht.»
Obwohl das Gesetz noch nicht in trockenen Tüchern ist, stellt dieser Sieg einen bedeutenden Meilenstein dar.
Jon Tester, moderater demokratischer Senator aus Montana, gibt sich denn auch bereits siegessicher. «Bei der Schlussabstimmung werden wir noch mehr als 67 Stimmen erhalten», erklärte er breit lachend in einem Interview mit MSNBC.
Sollte Tester recht behalten, hat Biden geschafft, was Trump niemals erreicht hat: ein überparteiliches Gesetz durch den Kongress zu peitschen. Das hat der Präsident im Wahlkampf versprochen. Nach dem Etappensieg von gestern ist er deshalb sehr erleichtert. Es sei die «bedeutendste Langzeit-Investition in unsere Infrastruktur und unsere Wettbewerbsfähigkeit seit beinahe einem Jahrhundert», so Biden.
Chuck Schumer, Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, will das Programm noch in dieser Session verabschieden. Mehr noch, er will zusätzlich ein 3,5-Billionen-Dollar-Programm via Reconciliation, also ohne Stimmen der Republikaner, durch den Senat bringen. Sollte dies gelingen, dann haben die Demokraten gute Karten für die Zwischenwahlen im Herbst 2022.
Inzwischen haben auch die Hearings zur Abklärung der Vorfälle am 6. Januar begonnen. Ausgerechnet jetzt hat die «Washington Post» enthüllt, dass Trump sehr direkt versucht hat, die Wahlniederlage mithilfe des Justizministeriums zu verhindern. Dies ist ein Verstoss gegen die Verfassung. Sie untersagt es dem Präsidenten, das Justizministerium für eigene politische Zwecke zu missbrauchen.
Gemäss «Washington Post» hat Trump gegen Ende des Jahres 2020 und zu Beginn des Jahres 2021 fast täglich Justizminister Jeff Rosen angerufen und ihn aufgefordert, absurde Anschuldigungen über angeblichen Wahlbetrug zu untersuchen. Rosen war provisorisch im Amt. William Barr, der ordentliche Justizminister, war zurückgetreten; dem Vernehmen nach, weil er von den permanenten Druckversuchen des Noch-Präsidenten die Nase voll hatte.
Dumm für Trump ist, dass ein Mitarbeiter Rosens die Gespräche mitgehört und davon Notizen gemacht hat. Diese Notizen könnten schon innert Tagen dem Untersuchungsausschuss zugestellt werden, sollte der Ex-Präsident nicht versuchen, dies auf gerichtlichem Weg zu verhindern.
Im Bundesstaat Georgia wird bereits gegen Trump ermittelt, weil er versucht hat, den Staatssekretär auf ähnliche Weise unter Druck zu setzen.
Der Untersuchungsausschuss kann derweil einen guten Start vorweisen. Die Aussagen der vier Polizisten zeigen Wirkung. Selbst das Trump wohlgesinnte «Wall Street Journal» stellt nun klar: «Die Täter, welche die Polizisten angegriffen haben, waren keine übereifrigen Touristen, und der Mob war keine ‹liebliche Menge›, wie Donald Trump sie geschildert hat.»
Die Schlussfolgerungen des «Wall Street Journals» sind ebenfalls unmissverständlich: «Der Aufstand war eine Schande und ein Flecken auf der Präsidentschaft von Trump.»
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Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen .
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Dem grössten Schreihals laufen Rückgradlose Günstlinge nach, die, wie ihr Anführer, nur auf ihren eigenen Vorteil aus sind.