Als Donald Trump bei seiner legendären Rede am 6. Januar seinen Anhängern versprach, er werde mit ihnen zum Kapitol marschieren, wurde das als eine seiner typischen Lügen abgetan. Doch für einmal meinte er es tatsächlich so. Cassidy Hutchinson, die Überraschungszeugin des gestrigen Hearing, schilderte, wie der Ex-Präsident dem am Steuer seines SUVs sitzenden Sicherheitsbeamten ins Steuer greifen wollte, als dieser sich weigerte, ihn zum Kapitol zu chauffieren. Ja, er soll ihm gar an den Hals gegriffen und geschrien haben: «Ich bin der verdammte Präsident. Bringt mich zum Kapitol!»
Was Trump getan hätte, hätten die Sicherheitsbeamten seinen Befehl ausgeführt, ist unklar. Dass er mit dem Mob Scheiben eingeschlagen und Polizisten mit Fahnenstangen angriffen hätte, ist eher unwahrscheinlich. Aber was sonst? Eine Brandrede vor dem versammelten Kongress halten? Wir wissen es nicht. Cassidy Hutchinson hat jedoch ausgesagt, dass Rudy Giuliani ihr bereits Tage zuvor einen solchen Plan angedeutet habe.
Was hingegen glasklar ist: Wäre Trump am 6. Januar 2021 in welcher Form auch immer vor dem Kapitol erschienen, dann sässe er heute nicht mehr in seiner Villa in Florida, sondern im Gefängnis. «Bitte, unternimm alles, dass er nicht zum Kapitol geht, Cassidy. Bleib in Kontakt mit mir. Wir werden jeden nur denkbaren Verbrechens angeklagt, sollte dies eintreffen», flehte Pat Cipollone Hutchinson an. Cipollone war der Anwalt des Weissen Hauses, und seine wichtigste Aufgabe bestand darin, dem Präsidenten juristisch den Rücken freizuhalten.
Trump wollte nicht nur das Kapitol stürmen, er hat seine Sicherheitsbeamten auch aufgefordert, auf die Metalldetektoren zu verzichten. Um ein allfälliges Attentat zu verhindern, werden diese routinemässig bei jedem öffentlichen Auftritt des Präsidenten eingesetzt. Viele Trump-Anhänger waren am 6. Januar bewaffnet. Deshalb wurde ihnen der Zugang verwehrt. Das brachte Trump in Rage. «Lasst sie rein, das sind meine Leute, sie werden mir nichts antun», schrie er seinen Stab an.
Trumps Verhalten am 6. Januar beunruhigte nicht nur den Anwalt des Weissen Hauses. Auch sein Kabinett machte sich Sorgen um seine geistige Gesundheit und überlegte ernsthaft, den 25. Zusatz der Verfassung anzurufen. Dieser Zusatz erlaubt es, den Präsidenten abzusetzen, wenn er physisch oder geistig nicht mehr in der Lage ist, sein Amt auszuführen.
Anzeichen dafür gab es reichlich. So schilderte Hutchinson auch, wie Trump in einem seiner legendären Tobsuchtsanfälle sein Essen an die Wand des Esszimmers neben dem Oval Office schmiss. Nicht wirklich das Verhalten eines «stabilen Genies», wie sich der Ex-Präsident einst selbst bezeichnet hat.
Im Verbund mit Fox News unternehmen die Republikaner alles, um Cassidy Hutchinson zu diskreditieren. Trump selbst reagiert, wie er immer reagiert: Er kenne die Person kaum, liess er mitteilen, und was sie ausgesagt habe, sei alles Fake News. Ergänzend werden zwei anonyme Sicherheitsbeamte zitiert, welche angeblich bereit seien, unter Eid zu beschwören, dass der Ex-Präsident niemals versucht habe, dem Fahrer ins Lenkrad zu greifen.
Das Trump-Lager hat jedoch ein Problem. Was die 26-jährige Frau aussagt, klingt glaubwürdig. Die Tobsuchtsanfälle des Ex-Präsidenten haben mehrere andere ehemalige Mitarbeiter in ihren Büchern ebenfalls beschrieben. Zudem hat Hutchinson ihre Aussagen unter Eid gemacht, und Meineid wird auch in den USA hart bestraft. Ihr ehemaliger Boss, der Stabschef Mike Meadows, hat sich indes geweigert, vor dem Ausschuss auszusagen.
Mit mehreren Fotos und einer Skizze des West Wing – des Flügels im Weissen Haus, wo der Präsident und sein Stab arbeiten – wurde auch aufgezeigt, dass Hutchinson tatsächlich in unmittelbarer Nähe des Präsidenten tätig war.
«Sie arbeitete im West Wing nur ein paar Schritte vom Oval Office entfernt», erklärte Liz Cheney, die Vize-Präsidentin des Ausschusses. «Ms. Hutchinson sprach täglich mit Mitgliedern des Kongresses, mit hohen Beamten in der Verwaltung, mit führenden Mitgliedern des Stabes des Weissen Hauses, inklusive Mr. Meadows, dem Anwalt des Weissen Hauses und mit Mr. Tony Ornato, dem stellvertretenden Stabschef.»
Die Zeugenaussagen von Cassidy Hutchinson haben Trump einen bedeutenden Schritt näher an eine Anklage durch das Justizministerium gebracht. Sie können jedoch auch dazu führen, dass der Kult um seine Person langsam Risse erhält. Selbst auf der Trump-hörigen Meinungsseite des «Wall Street Journal» werden Bedenken laut.
«Der Ausschuss ist sicherlich parteiisch», heisst es in einem Kommentar zum gestrigen Hearing. «Das bedeutet jedoch nicht, dass die Republikaner hinwegsehen können über eine beträchtliche Menge von Beweisen, die über Trumps Verhalten bekannt geworden sind. Ein Verhalten, das für die Wähler relevant werden wird, sollte er 2024 nochmals antreten.»
Ach ja, und Rudy Giuliani. Trumps ehemaliger Anwalt wurde zwar nicht wie vergangenes Wochenende heimtückisch in den Rücken gestossen. Aber er befindet sich in immer grösseren juristischen Schwierigkeiten. Er ist die zentrale Figur in einem Strafverfahren, das im Bundesstaat Georgia durchgeführt wird. Dort untersucht eine Staatsanwältin, wie Trump und die Seinen versucht haben, das Wahlresultat nachträglich zu ihren Gunsten umzubiegen. Für Giuliani sieht es dabei ganz schlecht aus.
Und jetzt kann DT Verbrechen begehen, das Volk aufhetzen und die Demokratie verhöhnen und die Reps fordern….? Nichts! Nada! Niente! Was für ein verlogener, Haufen die GOP doch geworden ist.