Zwischen Xi Jinping und Wladimir Putin gibt es eine Bromance, wie sie romantischer nicht sein könnte. Xi beschreibt Wladi als seinen «besten Kollegen im Ausland und als den Mann, dem ich mich anvertraue». Die beiden haben sogar einmal im selben Team Eishockey gespielt.
Auch politisch passen die beiden bestens zueinander. Sie halten nichts vom westlichen Liberalismus und von Demokratie, sondern sehen sich als diktatorische Herrscher, die ihr Volk mit harter Hand führen. Geopolitisch verfolgen Xi und Putin ebenfalls das gleiche Ziel: Sie wollen die Nach-Kalte-Kriegs-Ordnung, den amerikanischen Unilateralismus, zerschlagen.
Kein Wunder also, erklärte Xi in einem Interview mit einer russischen Radiostation:
Angesichts solcher Töne müsste man erwarten, dass China sich mit fliegenden Fahnen hinter die russische Invasion in die Ukraine stellt. So kann man jedoch die Reaktion aus Peking beim besten Willen nicht bezeichnen. Das chinesische Aussenministerium verurteilt zwar die Aggression der Nato und macht die USA für den Krieg verantwortlich. Doch es betont gleichzeitig die Souveränität von Nationen und gibt der Hoffnung auf eine diplomatische Lösung des Konflikts Ausdruck. China hat übrigens bis heute die Annexion der Krim nicht anerkannt.
Die chinesische Zurückhaltung wird verständlich, wenn man sich vor Augen führt, was für Peking auf dem Spiel steht. Jude Blanchette und Bonny Lin vom Center for Strategic and International Studies, einem hochkarätigen Thinktank in Washington, schreiben dazu in «Foreign Affairs»:
Alle diese Bälle in der Luft zu behalten, ist natürlich reines Wunschdenken. China befindet sich in einem Catch-22. Nach einem Roman von Joseph Heller bezeichnet man so eine Situation, in der man verliert, was immer man auch tut. Doch Peking kann es sich auch nicht leisten, vornehm über der ganzen Sache zu stehen. «Was die Ukraine betrifft, spielt China ein gefährliches Spiel, eines, dessen Ausgang es dereinst bedauern mag», stellen daher Blanchette/Lin fest.
Die geopolitischen Ziele von Russland und China mögen deckungsgleich sein, die wirtschaftlichen Interessen sind es nicht. Ökonomisch gesehen ist Russland tatsächlich – wie Barack Obama einst spottete – eine Regionalmacht. Sein Bruttoinlandprodukt ist gerade mal so gross wie das von Italien oder Texas. Gemeinsam haben die USA und die EU daher eine wirtschaftliche Potenz, welche diejenige von Russland um ein x-Faches übersteigt.
Will es seinen Wohlstand erhalten, braucht China diese Handelsbeziehungen zum Westen. Denn wer will schon seine beiden besten Kunden vor den Kopf stossen?
Auch mit der Ukraine hat China bisher gute wirtschaftliche Beziehungen unterhalten. Jährlich wurden bisher Waren im Wert von rund 15 Milliarden Dollar ausgetauscht. Die Ukraine ist auch Teil der Belt and Road Initiative, des ehrgeizigen, weltumspannenden Entwicklungsprogramms der Chinesen.
Geopolitisch geht die Rechnung ebenfalls nicht auf. Das brutale Vorgehen Putins hat zu etwas geführt, was bisher kaum möglich schien: Die Reihen der westlichen Verbündeten schliessen sich. Von Washington bis Brüssel dämmert die Einsicht, dass Demokratie und Rechtsstaat sich in ernster Gefahr befinden, und dass man den beiden Diktatoren Putin und Xi die Stirne bieten muss.
China steht daher vor einer Wahl, die weitreichende Konsequenzen haben wird: Schlägt es sich bedingungslos auf die Seite Russlands, dann schlägt es auch seinen wichtigsten Handelspartnern ins Gesicht. Es ist daher wahrscheinlich, dass Peking alles unternehmen wird, um aus dieser Zwickmühle zu entkommen.
Das bedeutet konkret, dass Xi seinen Bromance-Partner Putin auffordern könnte, den Fuss vom Gas zu nehmen und den Krieg in der Ukraine auf ein Minimum zu reduzieren. Das ist derzeit die einzige Möglichkeit, den wahnwitzigen Diktator zu stoppen. Insider wollen wissen, dass Putin – wenn überhaupt – einzig auf Xi und seinen engsten Freundeskreis horcht.
Es ist auch nicht so, dass es China besonders gut ginge. Die Wachstumsrate geht zurück, sie bekommen keinen Zugriff auf die wirkliche Hightech-Industrie und haben Probleme mit einer massiv überalterten Gesellschaft, einhergehend mit Problemen der Energie- und Nahrungsmittelversorgung.
Russland wiederum hatte 30 Jahre Zeit etwas aus sich zu machen. Nur hat Putin alles Geld für sich und seine Kumpels behalten und die Gesellschaft kommt somit nicht vom Fleck.
Dünnes Eis für die beiden Despoten.