Es war eine Stunde des Triumphs für Donald Trump – oder sollte es zumindest werden.
Der US-Präsident verkündete vor der Weltöffentlichkeit ausführlich, wie US-Einheiten den langgesuchten Führer der Terrormiliz «Islamischer Staat» ausfindig gemacht hätten und sich Abu Bakr al-Bagdadi nach einem Gefecht per Sprengstoffweste das Leben genommen habe.
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) October 27, 2019
Was sich in Nordsyrien zugetragen hatte, hatte Trump nach eigenen Angaben im Situation Room im Keller des Weissen Hauses verfolgt. Er gab das Geschehen sehr anschaulich wieder.
In der Erzählung Trumps erscheint der gefürchtete Terror-Chef als Feigling. «Er starb wie ein Hund, er starb wie ein Feigling», sagte Trump. Er breite genüssliche die Szenerie aus, wie Bagdadi am Ende Zuflucht in einem Tunnel gesucht habe, gejagt von Hunden des US-Militär und per Sprengstoffweste nicht nur seinem Leben, sondern auch dem drei seiner Kinder ein Ende gesetzt habe.
Trump nutzte den Auftritt vor der Weltöffentlichkeit, um den IS-Anführer und dessen Anhänger noch einmal demütigen. Letztere bezeichnete er als «Loser» und als «verängstigte Welpen». Die Hunde-Metapher zog sich durch seinen 48-minütigen Auftritt.
Donald Trump kostete den Erfolg also auf seine ganz eigene Weise aus. Und ein Erfolg ist es in dreierlei Hinsicht.
Zum einen war es lang erklärtes Ziel der USA, Bagdadi auszuschalten. Trump hatte seinen Militärs freie Hand gegeben, energischer gegen den «Islamischen Staat» vorzugehen, und mit entscheidender Hilfe der kurdischen Kämpfer wurde erst das physische Kalifat um Rakka geknackt. Nun wurde unter Trumps Regentschaft der meistgesuchte Terrorist auf Erden ausgeschaltet.
Es war auch eine bemerkenswerte Aktion inmitten eines chaotischen Abzugs von Truppen aus Syrien, der das US-Engagement gegen den IS-Terror in Zweifel gezogen und das Gebiet Syrien, der Türkei und Russland überliess.
Die Mission der US-Truppen, laut Trump ohne eigene Verluste verdeutliche Amerikas militärische Kapazitäten inmitten des Abzugs, für den Trump von allen Seiten in den USA kritisiert wird. Trump kann im aufziehenden Wahlkampf auf diesen handfesten, leicht verständlichen Erfolg verweisen: Wir haben den IS-Chef getötet.
Drittens stellt die Nachricht es einen Befreiungsschlag für den so stark wie noch nie unter Beschuss geratenen Präsidenten dar. Die Debatte in Washington wird dominiert von der Impeachment-Untersuchung, in der immer mehr belastende Beweise gegen Trump zusammengetragen werden. Das Repräsentantenhaus wird ihn aller Voraussicht nach anklagen, zudem befürworten immer mehr Amerikaner eine Amtsenthebung. Die Tötung Bagdadis verschafft Trump zumindest eine Atempause.
Allerdings war es Trump selbst, der bei seinem Auftritt neue Angriffsfläche für Kritik an seiner Syrien-Politik bot und seine innenpolitische Krise noch befeuerte.
Ganz anders als Barack Obama , der im Mai 2011 die Tötung Osama Bin Ladens in nüchternen neun Minuten verkündete, beliess es Trump nicht dabei, er schmückte nicht nur aus, er blieb auch noch eine lange Zeit am Pult, um Fragen der anwesenden Reporter zu beantworten.
Und seine Antworten boten prompt Anlass für Widerspruch und Futter die Schlussfolgerung, dass Trumps Amerika doch nicht so stark dastehe, wie der Präsident es beschrieb.
Trump dankte für die Unterstützung bei der Mission Russland, der Türkei, Syrien, dem Irak. Dann erst erwähnte er die kurdischen Einheiten für «gewisse Unterstützung» – damit nährte er neue Zweifel an Amerikas Unterstützung für die durch die türkische Offensive vertriebene Volksgruppe. Ihre Spitzel hatten nach eigenen Angaben der Kurden vor fünf Monaten begonnen, Geheimdiensterkenntnisse zu Bagdadi an die Amerikaner weiterzureichen. US-Regierungsvertreter lobten den kurdischen Beitrag ebenfalls als zentral, doch Trump sprach ihnen also an letzter Stelle Dank aus.
Schnell gab es Stimmen aus dem Regierungsapparat, dass Trumps kurzfristiger Abzug der Truppen die monatelang geplante Aktion fast durchkreuzt habe und das Risiko des Scheiterns erhöht habe. Der Tod Bagdadis, so fasste die «New York Times» die Äusserungen namentlich nicht genannter Vertreter von Militär und Geheimdiensten zusammen, sei «grösstenteils trotz Trumps Handlungen erfolgt».
Im Anschluss zeigte Trump wieder, dass es ihm auch in der Stunde des Triumphs vor allem um sich ging. Er hatte darauf verzichtet, die Chefin des Repräsentantenhauses oder die Geheimdienstausschuss zu informieren – laut seiner Aussage aus Sorge, das könne die Sicherheit der Einsatzkräfte gefährden.
Tatsächlich dürfte der eigentlich üblichen Information die Impeachment-Untersuchung im Wege gestanden haben. Er beklagte sich unter anderem über die Demokraten und die Europäer, die im Umgang mit IS-Kämpfern keine Hilfe seien.
In seinem offensichtlichen Bemühen, Amtsvorgänger Obama zu übertrumpfen, behauptete Trump gar, die Festnahme Bagdadis sei grösser als jene Osama bin Ladens, die sein Vorgänger im Mai 2011 verkündet hatte.
Er verstieg sich gar zu der Behauptung, dass er in einem Buch bereits vor bin Laden gewarnt habe. Hätte man das nur besser gelesen, hätte der 11. September vielleicht verhindert werden können, lautete sein sinngemässe Botschaft. «Ich habe ein grossartiges Buch geschrieben, aber ich bekomme keinerlei Würdigung dafür», beklagte sich der mächtigste Oberbefehlshaber der Welt also in der Stunde des Triumphs vor der Weltöffentlichkeit.
Es ging dabei nicht mehr um die US-Strategie gegen den islamistischen Terror, die Rache für zahlreiche Amerikaner, die IS-Terroristen getötet haben, oder eine Kampfansage gegen Bagdadis Nacheiferer, sondern vor allem nur um: Trump selbst.
Hier zeigte sich der mächtigste Oberbefehlshaber der Welt als geplagt von Selbstüberhöhung und Selbstmitleid. Das sendete ein deutlich schwächeres Signal an die Welt als die erfolgreiche Tötung Bagdadis unter schwierigen Umständen.
Wenn man darüber nachdenkt, ist dies der schlimmste Teil.
Die bekannten Chronologien zeigen, dass Trump nicht live zuschaute sondern am Golfen war. Sein Situation Room Photo ist 90 Minuten nach dem Übergriff gemacht worden und somit gibt es drei mögliche Schlussfolgerungen:
- Trump ging lieber Golfen als seinen Job zu tun
- Das Militär verheimlichte den Übergriff, bis es vorbei war damit Trump nichts via Twitter verraten konnte (für ihn ist das scheinbar immer noch eine Reality TV Show)
- beides
Dennoch. Finde ich es nicht angebracht, den Tod eines Menschen, auf solcher Weise aus zu schlachten.
Ihn noch zu verhöhnen.
Was hat Trump zu dieser Aktion schon beigetragen, ausser sich selber auf die Schulter zu klopfen?
Garantiert, wird sich herausstellen, das der Trumpel gar nicht im Raum war.
Das er nichts live mit bekommen hat.
Nur den Zusammenschnitt der Operation im Nachhinein.
Wer würde riskieren, diesem Narzisten was über den Einsatz zu sagen?
Der verrät doch alles gleich auf Twitter!