Nach der empfindlichen Niederlage seiner Partei bei der Parlamentswahl will Südkoreas konservativer Präsident Yoon Suk Yeol seinen politischen Kurs neu ausrichten. «Ich werde den Willen der Bürger, der durch die Wahl zum Ausdruck kam, demütig akzeptieren», sagte Yoon laut einem Sprecher am Donnerstag.
Er wolle sein Bestes tun, um die Wirtschaft zu stabilisieren und die Lebensverhältnisse der Menschen zu verbessern. Bei der Wahl am Mittwoch hatte die sozialliberale Opposition die absolute Mehrheit gewonnen.
Für den Präsidenten bedeutet das Wahlergebnis zugleich eine erhebliche innenpolitische Schwächung. Premierminister Han Duck Soo sowie wichtige Berater des Staatschefs boten Medienberichten zufolge unter dem Eindruck der Niederlage ihren Rücktritt an. Ob Yoon die Gesuche akzeptiert, war zunächst unklar.
In Südkoreas Präsidialsystem laufen fast alle wichtigen Entscheidungen über das Staatsoberhaupt. So ernennt der Präsident auch den Premierminister. Allerdings erfordert dessen Ernennung die Zustimmung des Parlaments.
Die Konservativen fuhren schon das dritte Mal hintereinander bei den alle vier Jahre stattfindenden Parlamentswahlen eine empfindliche Schlappe ein. Der Chef der regierenden Volksmacht-Partei (PPP), Han Dong Hoon, erklärte seinen Rücktritt.
Die PPP verfehlte klar ihr Ziel klar, die bisherigen Machtverhältnisse in der 300 Sitze zählenden Nationalversammlung zu ihren Gunsten zu ändern. Die Demokratische Partei (Minjoo oder DP) von Oppositionschef Lee Jae Myung baute ihre bisherige Stellung als stärkste Kraft aus. Nach der Stimmenauszählung am Donnerstag stellt sie zusammen mit ihrer kleineren Schwesterpartei Demokratische Allianz Koreas mit 175 Sitzen künftig mehr als die Hälfte aller Abgeordneten und kommt somit auf eine absolute Mehrheit. Auf die PPP und ihre Satellitenpartei entfielen demnach 108 Sitze.
Die erst im März gegründete Partei für den Umbau Koreas des früheren Justizministers Cho Kuk gewann den Ergebnissen zufolge auf Anhieb zwölf Sitze. Die liberale Kleinpartei, die ihren Wahlkampf mit scharfer Kritik an der Regierungsführung Yoons bestritten hatte, wird damit drittstärkste Kraft im neuen Parlament.
Das Oppositionslager aus DP und anderen Parteien verpasste aber knapp eine «Super-Mehrheit» von 200 Sitzen. Dadurch ist es für den Präsidenten weiterhin möglich, sein Veto gegen Gesetzesinitiativen des gegnerischen Lagers auszusprechen, wie südkoreanische Zeitungen berichteten.
Durch den Erfolg der Opposition bei der Wahl droht der Präsident jedoch, während seiner verbleibenden drei Amtsjahre innenpolitisch weitgehend handlungsunfähig zu werden. Zwar kann Yoon nach der Präsidialverfassung des Landes auch mit einer Mehrheit der Opposition im Parlament weiter regieren. Doch können in diesem Fall wichtige Gesetzesvorhaben der Regierung von der Opposition blockiert werden.
Die nächste Präsidentenwahl ist für 2027 geplant. Yoon, der die Wahl vor zwei Jahren knapp vor dem DP-Vorsitzenden Lee knapp gewonnen hatte, kann dann nicht mehr wiedergewählt werden.
Der Wahlkampf war von gegenseitigen Angriffen der Parteien geprägt. Die DP und andere Parteien hatten der Regierung angesichts steigender Preise für Lebensmittel und andere Güter wirtschaftliche Inkompetenz vorgeworfen.
Zur Wahl waren mehr als 44,25 Millionen Bürger aufgerufen worden. Die Beteiligung lag nach Angaben der staatlichen Wahlkommission bei 67 Prozent. Das war das der höchste Wert bei Parlamentswahlen seit 32 Jahren. (rbu/yam/sda/dpa)