Aus Protest gegen das Corona-Krisenmanagement von Jair Bolsonaro sind in Brasilien erneut zehntausende Menschen gegen den rechtsextremen Staatschef auf die Strasse gegangen. «Bolsonaro Völkermörder» und «Ja zu Impfungen» stand am Samstag auf Transparenten zehntausender Demonstranten in der Metropole São Paulo zu lesen.
«Es wurden schon mehr als 500'000 Menschen ermordet von dieser Regierung», sagte die in Rio de Janeiro demonstrierende Ärztin Patricia de Lima Mendes mit Blick auf die bereits rund 522'000 Corona-Toten in Brasilien. Dies sei die Folge einer «trügerischen Politik» voller «Lügen».
Es waren bereits die dritten Massenproteste gegen Bolsonaro seit Ende Mai. Dem Protestaufruf der Opposition folgten auch tausende Menschen in anderen Städten, darunter die Hauptstadt Brasília sowie Belém, Recife und Porto Alegre, wie auf Bildern brasilianischer Medien zu sehen war. Neue Nahrung erhält die massive Kritik am Präsidenten durch die am Freitag eingeleiteten Vorermittlungen zu seiner Rolle in einem mutmasslichen Korruptionsfall.
Ursprünglich waren erst wieder für den 24. Juli Proteste geplant gewesen, die Organisatoren hatten nach den jüngsten Korruptionsvorwürfen gegen Bolsonaro jedoch kurzfristig schon für Samstag zu Demos aufgerufen.
Der Oberste Gerichtshof Brasiliens hatte am Freitag eine Untersuchung gegen den brasilianischen Präsidenten wegen Korruptionsvorwürfen eröffnet. Hintergrund ist die Bestellung von 20 Millionen Dosen des indischen Corona-Impfstoffs Covaxin. Eine Gruppe von Senatoren stellte diese Woche Strafanzeige gegen Bolsonaro wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch, weil er Hinweise auf mögliche Korruption bei der Abwicklung des Impfstoffdeals im Gesamtwert von umgerechnet mehr als 250 Millionen Euro ignoriert haben soll.
Bolsonaro sagte, er habe keine Kenntnis von Unregelmässigkeiten gehabt. Die indische Firma Bharat Biotech teilte mit, der Preis für eine Dose Covaxin für ausländische Regierungen liege zwischen 15 und 20 Dollar. Der Preis für Brasilien habe in diesem Rahmen gelegen.
Der Covaxin-Deal stand zuletzt auch im Mittelpunkt eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses, der die Handlungen und Unterlassungen von Präsident Bolsonaro in der Corona-Pandemie beleuchtet. Der Staatschef hat die Gefährlichkeit des Virus und den Sinn von Impfungen schon mehrfach in Zweifel gezogen. Die Eröffnung eines Amtsenthebungsverfahrens, wie es die Demonstranten fordern, hängt jedoch vom Präsidenten der Abgeordnetenkammer ab - dieser gilt als Verbündeter der Regierung Bolsonaros.
(sda/dpa)