Genau 52 Jahre nach ihrer Thronbesteigung will die dänische Königin Margrethe II. abdanken. Sie wolle am 14. Januar 2024 als Regentin zurücktreten, sagte die 83-Jährige völlig überraschend bei ihrer im Fernsehen übertragenen Neujahrsansprache am Sonntagabend. Margrethe hatte den Thron nach dem Tod ihres Vaters am 14. Januar 1972 geerbt. Neuer König soll nun Kronprinz Frederik (55) werden.
In ihrer alljährlichen, stets von den Dänen aufmerksam verfolgten Silvesteransprache ging Margrethe auf ihre diesjährige Rückenoperation ein. Die OP sei dank des Gesundheitspersonals gut verlaufen, habe sie aber zum Nachdenken über ihre Zukunft als Königin gebracht. Sie werde den Thron ihrem Sohn überlassen. An diesem Abend wolle sie vor allem Danke sagen - für die Wärme und Unterstützung, die ihr all die Jahre entgegengebracht worden seien, so die Monarchin.
Wie die dänische Staatskanzlei mitteilte, soll Frederik zeitgleich mit der Abdankung den Thron als König Frederik X. besteigen. Margrethe werde jedoch auch künftig als «Ihre Majestät» bezeichnet.
Die Rede begann mit Anmerkungen zum Gaza- und zum Ukraine-Krieg, danach ging sie auf die Klimakrise und auch auf künstliche Intelligenz ein. Nach einem Gruss an die Menschen auf den zum dänischen Königreich zählenden Färöer-Inseln und Grönland folgte völlig überraschend die Sensation.
«Ich habe beschlossen, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist. Am 14. Januar 2024 – 52 Jahre nachdem ich meinen geliebten Vater beerbte – werde ich als Königin von Dänemark zurücktreten. Ich werde den Thron an meinen Sohn Kronprinz Frederik übergeben», sagte die Monarchin.
Dänische Medien bezeichneten die Ankündigung als «absolut historisch». Unter den Schaulustigen, die sich auf dem Schlossplatz vor Schloss Amalienborg versammelt hatten, brach nach der Ankündigung spontaner Applaus aus. Margrethe hatte stets betont, bis zum Tod auf dem Thron bleiben zu wollen - bis sie nun an diesem 31. Dezember für die grosse Überraschung sorgte.
Regierungschefin Mette Frederiksen sprach der Königin im Namen der Bevölkerung ihren grossen Dank aus. Viele Dänen würden keine andere Regentin als sie kennen. «Königin Margrethe ist der Inbegriff von Dänemark und hat in all den Jahren Worte und Gefühle dafür gefunden, wer wir als Volk und als Nation sind», erklärte Frederiksen. Sie habe dem Königreich Ehre gemacht, so die Sozialdemokratin weiter.
Beim Volk ist die stets strahlende und nicht selten rauchende Regentin beliebt, ihre Silvesteransprachen haben Kultstatus wie in Deutschland «Dinner for One». Sie ist ausgesprochen kreativ und kunstinteressiert, gilt als pragmatisch und manchmal auch etwas unkonventionell. Seit dem Tod der britischen Königin Elizabeth II., deren Cousine dritten Grades sie war, galt Margrethe als dienstälteste Regentin der Erde.
Margrethe gelang es, die Akzeptanz des Königshauses zu festigen. Der dänischen Agentur Ritzau zufolge wuchs die Zustimmung der Menschen zur Staatsform der Monarchie in Dänemark während ihrer Regentschaft auf mehr als 75 Prozent. Sie habe die Monarchie Schritt für Schritt angepasst, so dass neue Generationen sie als bedeutungsvolle Institution wahrnähmen, würdigte der Sprecher des dänischen Parlaments, Søren Gade, die scheidende Königin in einer Mitteilung. Damit habe sie den Weg für ihren ältesten Sohn geebnet.
Es gibt Grund anzunehmen, dass der künftige König daran anknüpfen kann. Kronprinz Frederik und seine Frau Kronprinzessin Mary sind einer Umfrage des dänischen Rundfunks DR zufolge ähnlich beliebt wie Margrethe. Demnach haben mehr als 80 Prozent der Dänen ein positives Bild von dem baldigen Königspaar.
Von den benachbarten Königshäusern gab es zunächst keine Reaktion auf die Überraschung. In Medien wurde aber bereits spekuliert, der Abgang Margrethes könne Einfluss auf die gekrönten Häupter in Schweden und Norwegen haben. Es sei absolut nicht unmöglich, dass der schwedische König Carl Gustav (77) und Norwegens König Harald (86) diesem Beispiel folgten, zitierte SVT den Königshausexperten Roger Lundberg. Margrethe habe Carl Gustav vorab persönlich über ihre Entscheidung informiert, berichtete SVT.
Margrethes Schritt gilt als äusserst ungewöhnlich und historisch. Seit Einführung der Erbmonarchie im Jahr 1660 habe es keinen Monarchen gegeben, der freiwillig auf den Thron verzichtete, sagte Geschichtsprofessor Lars Hovbakke Sørensen von der Universität Absalon der Agentur Ritzau.
(dab/sda/dpa)