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Erster Schritt zu Schwarz-roter Koalition in Deutschland

From left: Markus Soeder, chairman of Bavarians Christian Social Union party, Christian Democratic Union party chairman Friedrich Merz and the Social Democratic Party leaders Lars Klingbeil and Saskia ...
Markus Söder, Friedrich Merz, Lars Klingbeil und Saskia Esken in Berlin.Bild: keystone

Erster Schritt zu Schwarz-roter Koalition in Deutschland

08.03.2025, 15:4408.03.2025, 16:02
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Der erste Schritt auf dem Weg zu einer schwarz-roten Bundesregierung ist gemacht. Knapp zwei Wochen nach der Bundestagswahl haben CDU, CSU und SPD die Sondierungen abgeschlossen und empfehlen ihren Parteien die Aufnahme von Koalitionsgesprächen. Das sagten CDU-Chef Friedrich Merz und SPD-Chef Lars Klingbeil in Berlin.

In einer ganzen Reihe von Sachfragen sei Einigkeit erzielt worden, sagte Merz. Ein gemeinsames Papier solle Grundlage sein für Koalitionsverhandlungen, die gegebenenfalls nächste Woche beginnen könnten.

In den bisherigen Sondierungsgesprächen haben Union und SPD Differenzen und Gemeinsamkeiten ausgelotet. Wer Koalitionsverhandlungen aufnimmt, tut das hingegen mit der klaren Absicht, eine gemeinsame Regierung zu bilden. Ein Scheitern ist aber auch in dieser Phase nicht ausgeschlossen.

In einem Ergebnispapier der Sondierungen listeten Union und SPD Vorfestlegungen auf und räumten dabei auch einige Streitthemen ab. Unter anderem verständigten sich beide Seiten auf die Zurückweisung von Asylbewerbern an den Grenzen – eine Kernforderung der Union, gegen die die SPD lange Zeit Bedenken hatte. Grenzkontrollen sollen laut Merz «massiv» ausgebaut werden. Auch der Familiennachzug von Flüchtlingen soll weiter eingeschränkt werden. Ausserdem wollen Union und SPD die Stromsteuer senken und damit Unternehmen und private Haushalte entlasten.

Merz spricht von «gemeinsamer Handschrift»

Zur Ankurbelung der Wirtschaft wollen Union und SPD Investitionsanreize schaffen und in eine Unternehmenssteuerreform einsteigen. Zudem soll das Bürgergeld reformiert werden. «Diese Massnahmen tragen unsere gemeinsame Handschrift», sagte Merz.

Auch SPD-Chef Lars Klingbeil sprach von «konstruktiven» Gesprächen. Union und SPD hätten gezeigt, dass sie Verantwortung übernehmen. «Uns ist ein erster wichtiger Schritt jetzt mit diesem Sondierungspapier gelungen.» Beide wollen den Parteigremien die Zustimmung zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen empfehlen.

CSU-Chef Markus Söder sagte, es gebe keine Gewinner und Verlierer der Gespräche, sondern neue Partner. Zur Frage, ob er zufrieden sei, sagte er: «Basst scho.»

Union und SPD halten an neuem Staatsangehörigkeitsrecht fest
Das von der Ampel-Koalition reformierte Staatsangehörigkeitsrecht soll weiter Bestand haben. CDU, CSU und SPD einigten sich bei ihren Sondierungsgesprächen laut einem gemeinsamen Papier im Grundsatz darauf, die verkürzten Wartefristen für eine Einbürgerung und den Doppelpass für Nicht-EU-Bürger beizubehalten. Geprüft werden soll, ob es verfassungsrechtlich möglich wäre, Terrorunterstützern, Antisemiten und Extremisten, die zur Abschaffung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung aufrufen, die deutsche Staatsbürgerschaft zu entziehen, falls sie noch eine weitere Staatsangehörigkeit besitzen.
Das von SPD, Grünen und FDP beschlossene neue Staatsangehörigkeitsrecht war erst am 27. Juni in Kraft getreten. Es sieht vor, dass ein Anspruch auf Einbürgerung nun schon nach fünf statt bisher acht Jahren besteht – vorausgesetzt der Antragsteller erfüllt alle Bedingungen. Dazu zählt beispielsweise, dass jemand seinen Lebensunterhalt grundsätzlich selbst bestreiten kann.

Koalitionsvertrag bis Ostern?

Wenn die Parteigremien zustimmen, kann die Arbeit am Koalitionsvertrag beginnen. Darin halten die Parteien fest, welche Projekte sie in der Legislaturperiode zusammen anpacken wollen – und auch, welche Partei welches Ministerium besetzt. Der voraussichtlich künftige Kanzler Friedrich Merz hat das Ziel ausgegeben, bis Ostern mit den Verhandlungen durch zu sein.

Die Union hatte die Bundestagswahl am 23. Februar mit 28,5 Prozent deutlich gewonnen. Die SPD landete mit 16,4 Prozent hinter der AfD (20,8 Prozent). Eine Alternative zur schwarz-roten Koalition gibt es nicht, weil Schwarz-Grün keine Mehrheit hat und eine Zusammenarbeit mit der AfD von der Union klar ausgeschlossen wird.

Durchbruch in Finanzfragen bereits vergangenen Dienstag

Die Sondierungen zwischen Union und SPD hatten Ende vergangener Woche begonnen. Ziel ist es, bei den wichtigsten Themen zu einer Grundsatzeinigung zu kommen, bevor es in die Detailverhandlungen geht. Das Ergebnis soll ein Papier mit wenigen Seiten sein, das dann als Grundlage für die weiteren Gespräche gilt.

In den zentralen Finanzfragen haben die Sondierer mit der Lockerung der Schuldenbremse und einem gigantischen Sondervermögen für Infrastruktur bereits am Dienstag einen Durchbruch erzielt. Die Union kam der SPD dabei sehr weit entgegen und warf dafür sogar Wahlkampfversprechen über den Haufen. In der Union hoffte man dafür auf ein Entgegenkommen der SPD beim Hauptstreitpunkt Migration. Den hat es jetzt vor allem beim Thema Migration gegeben. (sda/dpa)

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44 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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FrancoL
08.03.2025 15:54registriert November 2015
Das ist eine gute Nachricht, auch wenn vieles noch nicht klar ist, aber man schgeint die Zeichen der Zeit erkannt zu haben und sich zusammen zu raufen.
Das ist ein Gutes Zeichen für Europa, denn Deutschland gehört in Europa zu den Trägern der europäischen Idee.
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Sportfan
08.03.2025 16:49registriert April 2020
Also ich habe mir die Pressekonferenz angeschaut und muss wirklich sagen: Ein starkes Zeichen von Deutschland, welches endlich den Willen zeigt voran zu kommen. Und ich bin überzeugt die schaffen es.
Europa braucht ein starkes Deutschland, einen starken Kanzler, der europäisch denkt (Merz ist da um Klassen besser als Scholz), um sich gegen die Irren auf der anderen Seite des Atlantiks durchzusetzen.
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Mentos
08.03.2025 16:42registriert Mai 2020
Die drehen sich im Kreis und präsentieren das als die Lösung, bin ich der Einzige dem das auffällt?
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    Jede Krebsdiagnose sei «entmutigend und manchmal beängstigend» – Der britische König Charles III. hat sich zu seiner Krebserkrankung geäussert. Das schrieb er anlässlich eines Empfangs für Mitarbeiter von Krebs-Hilfsorganisationen am Mittwoch im Buckingham-Palast.

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