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Dänemark will obszöne Meerjungfrau-Statue entfernen

Meerjungfrau Dänemark
Die Skulptur steht seit 2006 in Dänemark, anfangs unweit von der «kleinen Meerjungfrau».Bild: TV 2 Kosmopol

«Unansehnlich und pornografisch» – Dänemark will Meerjungfrau-Statue entfernen

Sie sollte eigentlich einen Wunsch von Touristen erfüllen, doch stattdessen wurde die Skulptur zur Offenbarung eines sexualisierenden Frauenbilds.
05.08.2025, 13:3705.08.2025, 14:09
Lysander-Noel Liermann / watson.de

Was als künstlerische Hommage an eine dänische Ikone gedacht war, sorgt nun für heftige Debatten: Die Skulptur mit dem Titel «Den Store Havfrue» (auf Deutsch «Die grosse Meerjungfrau») soll nach dem Willen der dänischen Agentur für Schlösser und Kultur aus dem öffentlichen Raum entfernt werden.

Dabei war die Statue, geschaffen vom dänischen Künstler Peter Bech, ursprünglich als Gegenentwurf zur bekannten Kleinen Meerjungfrau gedacht, jener bronzenen Figur am Hafen von Kopenhagen, die seit über 100 Jahren zu den touristischen Wahrzeichen des Landes gehört.

Dänemark: «Pornografische» Skulptur ist umstritten

Sie sei «unansehnlich, pornografisch» und stehe im Widerspruch zur historischen Identität ihres aktuellen Standorts, dem Dragør Fort nahe Kopenhagen. Die einzige Lösung: sie soll abgebaut werden. Doch es steckt mehr dahinter.

Denn die Diskussion entzündet sich vor allem an der Darstellung des weiblichen Körpers. Kritikerinnen und Kritiker werfen Bech vor, ein sexualisiertes Frauenbild zu vermitteln. Der Kunstkritiker Mathias Kryger bezeichnete die Skulptur in der Zeitung «Politiken» laut der «Daily Mail» als «hässlich und pornografisch».

Noch deutlicher wurde die dänische Theologin und Journalistin Sorine Gotfredsen, die in einem Meinungsbeitrag für die «Berlingske» schrieb: «Eine Statue zu errichten, die einem heissen Männertraum davon entspricht, wie eine Frau auszusehen hat, wird kaum dazu beitragen, dass viele Frauen ihren eigenen Körper besser akzeptieren.»

Auch Aminata Corr Thrane, Debattenredakteurin der «Berlingske» sieht die Figur kritisch: «Müssen nackte weibliche Brüste eine bestimmte akademische Form und Grösse haben, um im öffentlichen Raum gezeigt werden zu dürfen?»

FILE - A Tuesday, May 5, 2009 photo from files of The Little Mermaid in Copenhagen, Denmark. Danes were excited this week to see their calm and prosperous country thrust into the U.S. presidential rac ...
Nicht pornografisch: So sieht das Original, die kleine Meerjungfrau, aus.Bild: AP/Polfoto

Sie stellte dabei fest, dass die grosse Meerjungfrau «vielleicht sogar ein wenig weniger nackt» wirke als ihre bekannte kleine Vorgängerin aus Bronze und Granit. Doch, so Corr Thrane ergänzend: «Andererseits hat sie grössere Brüste – und vermutlich liegt genau dort das Problem.»

Weiter erklärt sie:

«Vielleicht stehen die beiden Statuen – die grosse und die kleine Meerjungfrau – für zwei Seiten des Frauseins: Das ewige Tauziehen darum, was eine ‹richtige› Frau ist. Und vielleicht auch, was eine ‹falsche› Frau sein soll.»

Sorine Gotfredsen erklärt laut «Daily Mail» in der «Berlingske»: «Es ist geradezu ermutigend, dass viele die Statue als vulgär, unpoetisch und unerwünscht empfinden – denn wir ersticken geradezu an übermächtigen Körpern im öffentlichen Raum.»

Kopenhagen wollte sie nicht, Dragør ebenso

Die Skulptur wurde ursprünglich im Jahr 2006 am Langelinie-Pier in Kopenhagen aufgestellt, unweit der berühmten kleinen Meerjungfrau.

Doch schon kurz nach ihrer Enthüllung stiess sie auf Widerstand in der Bevölkerung. Einige Anwohnerinnen und Anwohner verspotteten sie laut «Daily Mail» als «falsche und vulgäre Meerjungfrau», was schliesslich dazu führte, dass sie 2018 wieder entfernt wurde.

Seither stand sie am Dragør Fort, einem ehemaligen Seewehrbau südlich der Hauptstadt – allerdings nur vorübergehend. Im März 2025 entschied die dänische Kulturbehörde, dass auch dieser Standort nicht länger geeignet sei, und forderte ihre Entfernung.

Ein Angebot des Künstlers Peter Bech, die 14 Tonnen schwere Skulptur der Gemeinde Dragør zu schenken, wurde ebenfalls abgelehnt.

Bech selbst zeigt sich der «Daily Mail» nach enttäuscht von der anhaltenden Kritik. Er hatte das Werk ursprünglich als Antwort auf die immer wieder geäusserte Enttäuschung ausländischer Besucher:innen geschaffen, die die kleine Meerjungfrau als zu unscheinbar empfanden. Die auffälligen Proportionen der grossen Schwester seien dabei einfach der Grösse geschuldet.

Trotz allem gibt er die Hoffnung nicht auf, doch noch einen dauerhaften Platz für seine Meerjungfrau in Dragør zu finden.

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241 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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DJRene
05.08.2025 14:14registriert September 2024
Ich erachte die Brüste auch als zu straff, die alte Statue gefällt mir auch wesentlich besser. Aber ich bin auch kein Experte für Meerbusen, ich kenne mich nur im Kampf gegen meine Männerbrüste aus.
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GarChest
05.08.2025 14:13registriert April 2025
Wenn es so weiter geht, sind wir dann in 50 Jahren vollverschleiert aufgrund der selbsternannten Sittenpolizist:innen.
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Der Tyromant
05.08.2025 14:24registriert März 2022
Falls die Statue weg kommt, beschweren sich dann die Frauen mit den gemachten Brüsten, dass sie sich nicht repräsentiert fühlen?
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