«Dass ich noch vor Weihnachten die Vertrauensfrage stelle, wenn das alle gemeinsam so sehen, ist für mich überhaupt kein Problem», sagte Scholz in der ARD-Sendung «Caren Miosga». Formal müsse zwar er als Kanzler diesen Schritt auslösen. Doch wenn es eine Übereinkunft von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich und dem Unionsfraktionschef Friedrich Merz gebe, werde er diese beachten.
«Aber ich sage ausdrücklich, darauf, wo sich das Parlament verständigt, die Abgeordneten von Regierungen und Oppositionen, insbesondere die demokratischen Parteien: Davon werde ich ausgehen und das möglich machen», sagte der Kanzler dazu.
Zu beachten seien aber stets die nötigen demokratischen Schritte und technischen Vorbereitungen für eine ordnungsgemässe Neuwahl. Scholz sagte in der Sendung:
Scholz hatte sich nach dem Bruch seiner Ampel-Koalition gesprächsbereit über den Zeitpunkt einer Vertrauensfrage und der folgenden Neuwahl gezeigt, nachdem er zunächst den 15. Januar für die Vertrauensfrage und dann eine vorgezogene Wahl Ende März genannt hatte. Noch am Freitag mahnte er eine Einigung im Bundestag darüber an, welche Gesetze noch beschlossen werden sollen.
Mützenich hatte zuvor der Opposition ein Entgegenkommen beim Wahltermin signalisiert, aber Vereinbarungen gefordert, welche Projekte noch gemeinsam umgesetzt werden. «Beide Herausforderungen kann man zusammen und gemeinsam angehen», sagte er der «Süddeutschen Zeitung». Als konkrete Beispiele nannte er die Erhöhung des Kindergelds, die Sicherung des Deutschlandtickets, Entlastungen der Industrie sowie den Schutz des Verfassungsgerichts. Wenn eine solche Agenda vereinbart würde, dürfte es «leicht gelingen, einen sinnvollen Termin für die Wahl zu finden», hatte er gesagt.
Zu Angeboten der SPD, die einen früheren Termin an Verhandlungen über Gesetzesvorhaben geknüpft hatte, sagte CDU-Chef Friedrich Merz, der auch Kanzlerkandidat der Union ist, dem Magazin «Stern»:
In der Diskussion um den Weg zur Neuwahl wollen die Fraktionen von SPD und Grünen eine öffentliche Sondersitzung des Wahlprüfungsausschusses schon am Dienstag. Ziel müsse sein, dort «mit der Bundeswahlleiterin zu diskutieren, wann die Neuwahl aus ihrer Sicht mit ihrer praktischen Erfahrung frühestens stattfinden kann», heisst es in einem Antragsschreiben an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD), das der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt. Die Sitzung müsse zum beantragten Zeitpunkt stattfinden, um «die Belange der ordnungsgemässen Vorbereitung und Durchführung der Wahl in der laufenden öffentlichen Debatte berücksichtigen zu können».
Der Parlamentsgeschäftsführer der SPD-Fraktion, Johannes Fechner, sagte der dpa: «Auch wir wollen, dass die Bürger bald über eine neue Regierung abstimmen können. Eine Bundestagswahl muss aber gut vorbereitet sein, denn Pannen und Chaos wie bei der Bundestagswahl 2021 in Berlin dürfen wir nicht riskieren.» Und: «Bei der Bestimmung des Wahltermins müssen wir deshalb Bedenken und Hinweise aus der Praxis der Wahlorganisation ernst nehmen.»
Scholz widersprach dem Vorwurf, den Bruch seiner Ampel-Koalition kalkuliert herbeigeführt zu haben. «Ich habe ihn nicht provoziert», sagte der SPD-Politiker in der ARD-Sendung. Er habe bis zuletzt dafür gekämpft, dass die Dreierkonstellation aus SPD, Grünen und FDP zusammenbleibe, das sei aber letztlich nicht möglich gewesen.
Am Montag wollen die Wahlleitungen von Bund und Ländern über die Vorbereitung zur vorgezogenen Wahl des Bundestages beraten. Bundeswahlleiterin Ruth Brand warnte in einem Brief an Scholz vor «unabwägbaren Risiken» durch kürzere Fristen. Gemäss Artikel 39 muss der Bundestag nach Auflösung des Parlaments durch den Bundespräsidenten innerhalb von 60 Tagen neu gewählt werden. Brand will die Frist voll ausschöpfen, «um alle erforderlichen Massnahmen rechtssicher und fristgemäss treffen zu können.»
In dem Schreiben wies Brand auf logistische Herausforderungen wie die Berufung von Wahlausschüssen, die Werbung und Schulung von Wahlhelfern, die Organisation von Wahllokalen und schliesslich mögliche Probleme bei der Papierbeschaffung hin.
Die Papierindustrie hält dagegen. «Klare Antwort: Ja. Bei rechtzeitiger Bestellung können wir das benötigte Papier für eine vorgezogene Bundestagswahl liefern», sagte Alexander von Reibnitz, Hauptgeschäftsführer des Verbands Die Papierindustrie, «ZDFheute.de».
Auch die Union widersprach Brand. «Ich kann der Bundeswahlleiterin daher nur raten, sich von niemandem instrumentalisieren zu lassen», sagt der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, der «Bild am Sonntag». (sda/dpa/con)