Moderiert wurde die Viererrunde von zwei bekannten RTL-Gesichtern: Günther Jauch («Wer wird Millionär?») und die Nachrichtenmoderatorin Pinar Atalay («RTL Direkt»). Sie achteten auch darauf, dass die Redeanteile der Kontrahenten in etwa gleich bemessen waren. Die Redezeiten wurden von RTL gestoppt und immer wieder eingeblendet. Am Schluss bekam jeder der vier Gäste die Gelegenheit für ein Schlussstatement.
RTL hatte ursprünglich ein TV-Duell zwischen Scholz und Merz geplant, so wie vor einer Woche schon bei ARD und ZDF zu sehen. Der Sender rückte dann aber von dieser Idee ab, erweiterte die Runde um Habeck und Weidel und gab diesem Format die Bezeichnung «Quadrell». Hier sind die wichtigsten Punkte aus dem Schlagabtausch, der recht gesittet vonstattenging:
Bei diesem Thema ist Alice Weidel (erwartungsgemäss) heftig mit Olaf Scholz und Friedrich Merz aneinandergeraten. Scholz schloss eine Zusammenarbeit demokratischer Parteien mit der extremen Rechten aus und kam dann auch auf die AfD zu sprechen. Er verwies auf die Geschichte des Nationalsozialismus. Weidel reagierte empört:
Wörtlich hatte Scholz gesagt: «Es ist so, dass wir eine gute Tradition haben in Deutschland, die darin besteht, dass wir aus der Erfahrung des Nationalsozialismus die Lehre gezogen haben: Es gibt keine Zusammenarbeit mit den extremen Rechten.» Er sei «unglaublich bedrückt» über die, wie er sagte, gemeinsamen Abstimmungen der CDU/CSU mit der AfD zuletzt im Bundestag.
Scholz erinnerte auch an Aussagen des AfD-Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland, der im Juni 2018 gesagt hatte: «Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte.». Später bezeichnete Gauland seine Äusserung als «missdeutbar und damit politisch unklug». Weidel entgegnete: «Sie können mich hier heute Abend beleidigen, wie Sie wollen. Sie beleidigen damit Millionen von Wählern. Mich trifft das überhaupt nicht. Ich repräsentiere diese Stimmen nur. Schreiben Sie sich das bitte hinter Ihre Ohren.» Zu Gaulands Äusserung wollte sich Weidel auch auf mehrere Nachfragen der Moderatoren nicht äussern.
Merz nannte die AfD «eine rechtsradikale Partei, zum grossen Teil rechtsextremistisch». Er warf Weidel einen unkritischen Blick auf AfD-Rechtsaussen Björn Höcke vor. In einem Interview mit der «Bild»-Zeitung hatte Weidel gesagt: «Also Björn Höcke und ich, wir verstehen uns sehr gut.» Ihren früheren Versuch, Höcke aus der AfD auszuschliessen, bezeichnete sie als Fehler. Auf die Frage, ob sie ihn als geeignet für ein Ministeramt betrachte, antwortete Weidel mit «Ja».
Weidel bemängelte ihrerseits «ein unverschämtes Framing gegenüber der Alternative für Deutschland», die sie «eine freiheitlich konservative Partei» nannte.
Die umstrittene Rede von US-Vizepräsident J.D. Vance bei der Münchner Sicherheitskonferenz strahlte bis in die Fernsehrunde aus. Vance hatte in München unter anderem erklärt, es gebe keinen Platz für Brandmauern. Er nahm dabei indirekt Bezug auf die deutsche Debatte über eine Abgrenzung von der AfD. Vance warnte in diesem Zusammenhang vor einer Gefährdung der Demokratie. Der Begriff der Brandmauer bezieht sich vor allem auf die Union und die AfD.
Scholz sagte:
Deutschland habe aus der Erfahrung des Nationalsozialismus die Lehre gezogen, dass es keine Zusammenarbeit mit den extrem Rechten gebe. Merz betonte mehrfach, für die Union komme eine Zusammenarbeit mit der AfD nicht infrage. «Und ich verbitte mir solche Einmischungen in die deutsche Bundestagswahl und auch in die Regierungsbildung danach.» Er fügte hinzu:
Zum Thema Ukraine-Krieg wurde Weidel von den anderen Kandidaten scharf angegangen. Weidel sagte in der Debatte, US-Präsident Donald Trump und sein Vize hätten deutlich gemacht, dass endlich ein Waffenstillstand in der Ukraine verhandelt und ein Frieden geschlossen werden solle. Dies habe die AfD seit fast drei Jahren immer wieder gefordert und «wir mussten uns dafür übelst beschimpfen lassen».
Friedrich Merz warf Weidel vor, sich vor der Aussage zu drücken, dass Russland den Krieg in der Ukraine ohne jede Rechtfertigung angefangen habe. «Sie eiern rum und weichen aus», sagte der CDU-Vorsitzende zur AfD-Chefin.
Merz betonte, Russlands Krieg richte sich nicht nur gegen die Ukraine, sondern «gegen die gesamte politische Ordnung, die wir nach 1990 gemeinsam aufgebaut haben». Deswegen nehme er Putins Drohung sehr ernst. Der russische Präsident träume davon, «Grossrussland» wiederherzustellen, da gehe es um Teile von Polen und Teile des Baltikums – «er hat NATO-Gebiet im Blick».
Olaf Scholz betonte, niemand dürfe über die Köpfe der Ukrainer hinweg über das Schicksal ihres Landes entscheiden. Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck sagte, Trump und seine Regierung hätten «einen Frontalangriff auf die Wertegemeinschaft des Westens» gestartet. Die regelbasierte Ordnung und die liberale Demokratie würden von ihnen infrage gestellt, deswegen hätten sie auch kein Problem damit, mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin «Deals zu machen». Deshalb müssten die Europäer jetzt zusammenstehen, um zu verteidigen, was in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut worden sei. Habeck sagte:
Seit einem Telefonat zwischen Trump und Putin gibt es in Europa und der Ukraine Sorgen, die Europäer könnten bei einer Vereinbarung über einen Friedensschluss aussen vor bleiben. Befürchtet wird, dass Trump die Europäer nicht am Verhandlungstisch haben will – aber erwartet, dass sie die Lasten bei der Umsetzung einer Friedenslösung schultern.
Auch in der Wirtschafts- und Finanzpolitik fanden Scholz, Merz, Habeck und Weidel keinen gemeinsamen Nenner. Scholz und Habeck warfen Union und AfD eine sozial ungerechte Steuerpolitik vor: Sie wollten mit milliardenschweren Plänen zu Steuersenkungen vor allem Menschen mit hohen Einkommen entlasten. Die Pläne seien zudem nicht gegenfinanziert. Habeck sprach mit Blick auf die Union und Merz von «Voodoo-Ökonomie».
Merz hielt dagegen: Er warf Scholz und Habeck mit Blick auf die Rezession in Deutschland eine verfehlte Wirtschaftspolitik vor. Er nannte als Beispiel das Lieferkettengesetz und das Abschalten der Atomkraftwerke. «Wir müssen raus aus dieser Rezession.» Man müsse das «bürokratische Monstrum» in den Griff bekommen. Der CDU-Vorsitzende sprach sich zudem für eine Senkung der Unternehmenssteuern aus.
Scholz erneuerte den Vorschlag der SPD, 95 Prozent der Steuerzahler zu entlasten. Im Gegenzug sollten Reiche mehr zahlen. Wenn man wie er als Kanzler über 300'000 Euro verdiene, solle man mehr Steuern zahlen.
AfD-Chefin Alice Weidel sagte, die Energiepreise müssten durch Technologieoffenheit herunter, zum Beispiel durch grundlastfähige Kernkraftwerke, durch Kohle und durch Gas. Die gigantische Subventionspolitik bei erneuerbaren Energien müsse beendet werden, genauso wie die CO2-Abgabe.
(cpf, mit Material der sda/dpa)