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Böhse-Onkelz-Fans in Frankfurt: «Er rief ‹Sieg Heil›»

Böhse-Onkelz-Fans in Frankfurt: «Er rief ‹Sieg Heil›»

Betroffene berichten von rassistischen und antisemitischen Übergriffen von Fans der Rockband Böhse Onkelz, darunter der Comedian Oliver Polak.
04.08.2022, 21:22
Stefan Simon / t-online
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Ein Artikel von
t-online

Die deutsche Rockband Böhse Onkelz hat kürzlich zwei Konzerte im Deutsche Bank Park gespielt. Am Rande der Konzerte sei es rund um den Hauptbahnhof zu mehreren rassistischen und antisemitischen Vorfällen gekommen. Das berichten zwei Betroffene t-online. Auch der deutsch-jüdische Comedian Oliver Polak erzählt in seinem Podcast «Friendly Fire», den er gemeinsam mit dem Comedian Micky Beisenherz produziert, von einem antisemitischen Vorfall. Die Band, deren Mitglieder aus dem Frankfurter Raum stammen, feierten mit ihren Fans ihr 42-jähriges Bandjubiläum. Sie sind eine der erfolgreichsten und zugleich umstrittensten Deutschrockbands.

Gitarrist Matthias Röhr (links), Bassist Stephan Weidner und der Comedian Oliver Polak (rechts): Dem deutsch-jüdischen Comedian soll ein Onkelz-Fan in Frankfurt den Hitlergruss gezeigt haben.
Gitarrist Matthias Röhr (links), Bassist Stephan Weidner und der Comedian Oliver Polak (rechts): Dem deutsch-jüdischen Comedian soll ein Onkelz-Fan in Frankfurt den Hitlergruss gezeigt haben.bild: Fotomontage t-online/imago images

Wenn er in Frankfurt ist, geht der jüdische Comedian Oliver Polak gern ins «Bristol Hotel» im Bahnhofsviertel, erzählt er in der Podcast-Folge. Was er an dem Wochenende allerdings nicht weiss, ist, dass die Deutschrockband Böhse Onkelz zwei Konzerte in Frankfurt spielt. «90 Prozent der Zimmer waren von Onkelz-Fans belegt», erzählt er weiter. Sie fielen unangenehm auf, tranken und seien asozial gewesen, berichtet er. «Ich weiss, es klingt wie ein Klischee, aber ich war abends mit einer Freundin essen und komme so um halb 12 abends ins Hotel. Da ist so ein kleiner Platz vor dem Hotel und da standen drei Onkelz-Fans», so Polak. Der Comedian erkennt sie als Fans, weil die Männer T-Shirts der Band tragen. «Der eine stellt sich vor mich hin und macht den Hitlergruss. Ich hatte Angst. Dann rief er noch ein ‹Sieg Heil›.»

Die Onkelz, wie sie stets von ihren Fans genannt werden, gehörten in ihrer Anfangszeit der rechten Skinheadszene an. Einige Songs, wie «Türken raus» oder «SS-Staat», sind klar rassistisch und antisemitisch. Die Band hat sich offiziell schon lange von ihrer Vergangenheit distanziert und wehrt sich bis heute gegen Kritikerinnen und Kritiker, die sie immer mal wieder in die rechte Ecke stellen wollen. Zumindest, was ihre Fans angeht, bleiben jedoch Zweifel. Zu den Vorfällen in Frankfurt möchte sich die Band offenbar nicht äussern, denn eine t-online-Anfrage bleibt unbeantwortet.

Mit gesenktem Kopf laufen sie an Böhse-Onkelz-Fans vorbei

«Ihr Blick war hasserfüllt», erinnert sich Cemile* im Gespräch mit t-online. Sie sitzt mit ihrem siebenjährigen Kind im Tram. Sie meint eine Frau, die ein T-Shirt der Böhsen Onkelz getragen und sie mit dem Blick provoziert haben soll.

Am Freitag, dem 22. Juli, fand das erste von zwei Konzerten der Band statt. Cemile kam mit ihrem Kind vom Afrika-Fest und war auf dem Weg zum Hauptbahnhof. Im Tram sassen viele People of Color (PoC), erzählt sie. «Ich sah aus dem Fenster. Eine Frau sass in einem Einkaufswagen. Sie lachte, aber als sich unsere Blicke trafen, hatte sie diesen Blick. Dann stieg sie aus und warf einen Kaffeebecher auf Kopfhöhe an die Fensterscheibe», erzählt sie.

Cemile und ihr Kind verliessen am Hauptbahnhof das Tram. Zu dem Zeitpunkt sind der Bahnhofsvorplatz, die Kaiserstrasse und der Kaisersack voll mit Onkelz-Fans, erzählt sie. Cemile sagte zu ihrem Kind, es solle den Kopf senken. «Wir mussten umsteigen und liefen zur Haltestelle Münchner Strasse. Ich wollte nicht, dass sich unsere Blicke mit denen der Onkelz-Fans treffen. Ich hatte ja keine Ahnung, was sonst noch passieren könnte», berichtet sie.

Sänger Kevin Russell: Die Band feierte in Frankfurt ihr 42-jähriges Bandjubiläum.
Sänger Kevin Russell: Die Band feierte in Frankfurt ihr 42-jähriges Bandjubiläum.bild: osnapix Konzert - Werner Rennen 2019

Sie stiegen ins Tram ein und setzten sich bewusst neben schwarze und migrantisierte Menschen. «Vor uns sass ein Busfahrer, der von seiner Schicht kam. Er sprach mit Akzent. Er sagte, es sei die Schicht des Grauens gewesen», erzählt sie. Die Onkelz-Fans hätten randaliert, er habe Angst gehabt, berichtet sie. «Ich denke, das Wochenende war für viele von Rassismus betroffene Personen die Hölle», schätzt Cemile. Beunruhigend sei gewesen, so Cemile, dass am Hauptbahnhof und drumherum keine Polizei zu sehen gewesen sei. «Die Onkelz-Fans haben gefühlt die ganze Stadt eingenommen.» Wie viele Anhänger der Band in der Stadt waren, lässt sich schwer beurteilen. Hunderte waren es allein am Hauptbahnhof. Auf beiden Konzerten fanden sich insgesamt um die 100'000 Besucherinnen und Besucher ein.

«Sie zeigten mir den Hitlergruss»

Einen Tag später fragte Cemile Freunde und Bekannte, die ebenso People of Color sind, ob sie ähnliche Erfahrungen gesammelt haben. Ein Bekannter sei Zeuge gewesen, wie eine schwarze Familie am Hauptbahnhof von Onkelz-Fans rassistisch beleidigt wurde. «Sie sagten, sie sollen Deutschland verlassen.»

Auch Mary* erlebte am späten Samstagabend eine unangenehme Begegnung mit drei Onkelz-Fans, wie sie erzählt. Spät kam sie mit einer Bahn am Hauptbahnhof an, um von dort aus nach Hause zu laufen. «Sie sind sofort aufgefallen, waren laut und grölten herum. Aber die waren mit sich selbst beschäftigt», erzählt sie. Sie lief durch die Menge. Erst als sie in die Kaiserstrasse einbog, fielen Mary auf der gegenüberliegenden Strassenseite drei Männer mit Böhse Onkelz T-Shirts auf. «Ich fühle mich im Bahnhofviertel sicher. Ich kenne hier viele Ladenbesitzer. Das ist mein zu Hause.»

Das änderte sich an diesem Abend. Mary lief weiter die Kaiserstrasse entlang, die Männer auf der anderen Seite schauten immer wieder zu ihr rüber. Dann, am Ende des Viertels an einer Strassenecke, stehen sie ihr gegenüber und heben alle den rechten Arm. «Sie zeigten, klar in meine Richtung, den Hitlergruss», erzählt Mary.

In dem Moment habe sie keine Angst gespürt. Mary sei geschockt gewesen, «mit welcher Selbstverständlichkeit sie das so in der Öffentlichkeit machen können», sagt sie. Und selbst wenn die Polizei mit einer erhöhten Präsenz am Hauptbahnhof gewesen wäre, hätte sie sich dadurch nicht geschützt gefühlt. «Ich spüre keine Sicherheit und darum geht es auch nicht, sondern eben um Schutz. Viele migrantisierte Personen sind in Telegram-Gruppen organisiert, um sich gegenseitig zu schützen. Wir benötigen unsere eigenen Strukturen», erklärt sie. Sie fühle sich auch von der Stadt Frankfurt im Stich gelassen.

Doch die Stadt hat hier wenig Spielraum. «Es ist nicht üblich und auch nicht möglich, bei Konzerten dieselben Sicherheitskonzepte anzuwenden wie etwa bei Fussballspielen. Die Fans eines auswärtigen Teams nehmen eher denselben Heimweg und lassen sich leichter eskortieren als Besucherinnen und Besucher eines Konzerts», sagt der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Dimitrios Bakakis.

Doch Bakakis sei erschüttert über diese Vorfälle, sagt er gegenüber t-online. «Ich hoffe, die Band macht diesbezüglich eine deutliche Ansage in Richtung ihrer Fans. Ich sehe sie in der Pflicht, sich ganz klar von derartigem Verhalten zu distanzieren. Das Verwenden verfassungsfeindlicher Symbole ist genauso wenig tolerierbar wie die Tatsache, dass Teile der Stadt für bestimmte Menschen plötzlich zu unsicheren Orten werden.»

Polizei wehrt sich gegen Kritik

Gegen die Kritik von Cemile und Mary, dass keine Beamten am Hauptbahnhof waren, wehrt sich die Polizei. Vor allem am Wochenende bestünde ständig eine hohe Polizeipräsenz, insbesondere an zentralen Orten in der Stadt – wie auch am Hauptbahnhof, «um Straftaten zu verhindern und für Sicherheit zu sorgen». Die Begebenheiten am Wochenende mit Hunderten von Onkelz-Fans am Hauptbahnhof ähnelten sehr denen von Fussballfans. «Bei Fussballspielen besteht gelegentlich eine enge Seitenbegleitung, um Straftaten rivalisierender Gruppen zu verhindern. Ein Vergleich zwischen Fussballfans und Konzertbesuchern ist von einem möglichen Gefährdungspotenzial unterschiedlich zu bewerten», so die Polizei.

Der Grüne-Stadtverordnete Bakakis sagt, dass die Polizei leider dennoch nicht umhinkomme, «ihre Gefährdungsbeurteilungen und -konzepte anzupassen und künftig auch bei Konzerten bestimmter Bands an neuralgischen Punkten Präsenz zeigen zu müssen». Daher sei es umso wichtiger, dass die Vorfälle gemeldet werden.

Für Cemile und Mary waren die Erfahrungen an diesen zwei Tagen ein Schock. «Solche Erlebnisse sind für Kinder noch schlimmer. Mein Kind hat auch Hanau mitbekommen. Es fragte mich, Mama, wann verlassen wir Deutschland», erzählt Cemile.

*Namen der Redaktion bekannt

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240 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Barbärner
04.08.2022 21:15registriert Februar 2019
Wenn ich Autos mit Böse Onkelz Heckscheibenaufkleber sehe weiss ich genau was drin sitzt....fehelt nur noch EIDGENOSSE in Frakturschrift....mit denen habe ich oft Spass auf der Autobahn...
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Unicron
04.08.2022 21:07registriert November 2016
Wundert mich gar nicht.
Ich bin selber in der Metal / Rock Szene unterwegs, und wenn mal welche Leute negativ auffallen, sind es oft Onkelz Fans.

Natürlich ist nicht jeder Onkelz Fan auch ein Rassist, aber wie bei der Fussball Szene ist der prozentuale Anteil wohl schlicht grösser als bei anderen Bands.
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alles auf rot
05.08.2022 06:10registriert September 2016
„Auch der deutsch-jüdische Comedian Oliver Polak…“
Liebes watson, Oliver Polak ist einfach deutsch. Jüdisch ist er zwar auch, aber das macht ihn nicht zu einem „Deutsch-Juden“.
So etwas gibt es nicht. Ihr schreibt ja auch nicht von deutsch-christlichen oder deutsch-moslemischen Menschen.
Hätte Herr Polak neben dem deutschen auch noch den israelischen Pass, was als Jude so ungewöhnlich nicht wäre, dann wäre er ein deutsch-israelischer Comedian.
Ich weiss, alles nur Kleinigkeiten, Bla bla bla, aber ihr seid eben Journalisten, da muss sowas drin liegen.
Schönen Freitag zusammen.
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