International
Analyse

Entlassung von Statistikchefin: Trump bastelt am Abbau der US-Demokratie

Im Schatten der Zölle sägt Trump weiter an der US-Demokratie

Während die Welt sich mit seinen Zöllen beschäftigt, arbeiten Donald Trump und seine Loyalisten am Um- und Abbau der US-Demokratie. Die zwei jüngsten besorgniserregenden Beispiele.
04.08.2025, 04:5905.08.2025, 02:48
Mehr «International»

Der Zoll-Hammer, den Donald Trump am 1. August über die Welt und besonders wuchtig über die Schweiz niedersausen liess, hat für den US-Präsidenten einige angenehme Nebeneffekte.

So geriet der seit Wochen köchelnde Skandal um die Akten zum Fall Jeffrey Epstein, die Trump trotz eines Wahlversprechens unter Verschluss hält, aus dem medialen und gesellschaftlichen Scheinwerferlicht. Dass Trump an der Nicht-Veröffentlichung der Akten festhält, wirft Fragen in Bezug auf sein Verhältnis zum Serien-Sexualstraftäter auf. Neue, in den vergangenen Wochen in US-Medien veröffentlichte Details legen nahe, dass Trump Epstein sehr viel näher stand, als er das bisher zugab.

Doch nicht nur der Epstein-Fall büsste im Zuge der neuen Zoll-Welle an Aufmerksamkeit ein. Auch die autoritären Anwandlungen der Trump-Regierung flogen jüngst unter dem Radar. Dabei gibt es längst weitere Beispiele, wie Trump und Co. am Umbau der US-Demokratie feilen.

Der Fall Erika McEntarfer

Bemerkenswert ist zum einen der Fall von Erika McEntarfer. McEntarfer ist Ökonomin und war Statistikchefin der Behörde für den US-Arbeitsmarkt. War, weil McEntarfer am Wochenende von Donald Trump entlassen wurde. Der Grund? Der jüngste Bericht ihrer Behörde zum US-Arbeitsmarkt zeigte enttäuschende Ergebnisse, unter anderem fiel die Zahl der in den USA neu geschaffenen Stellen überraschend niedrig aus. Über einen Dreimonatszeitraum wurden, die Covid-Jahre ausgenommen, seit 2010 keine derart schwachen Beschäftigungszahlen mehr gemessen, wie CNN berichtete.

Erika McEntarfer
Erika McEntarfer wurde von Donald Trump gefeuert.Bild: US Bureau of Labor Statistics

Eine Statistik, die Donald Trump nicht gefällt. Aus diesem Grund behauptete der US-Präsident, notabene ohne jegliche Beweise vorzulegen, dass die Daten «manipuliert» seien – verantwortlich dafür sei McEntarfer, die «aus politischen Gründen» falsche Zahlen publizieren lassen habe. Gegenüber Medien sagte er:

«Wir haben sie gefeuert, weil wir den heutigen Zahlen nicht geglaubt haben.»

Trump behauptet nicht nur, dass McEntarfer die Zahlen während seiner Amtszeit zu tief ansetze, sondern auch, dass sie sie im Wahlkampf 2024 absichtlich zugunsten der Demokraten nach oben «korrigierte».

Der Vorwurf scheint absurd. Nicht nur, weil es keinerlei Beweise für eine Manipulation gibt, sondern auch, weil McEntarfer innerhalb der US-Behörden und überparteilich einen hervorragenden Ruf geniesst, wie die «New York Times» schreibt. Die Ökonomin arbeitete über mehr als zwei Jahrzehnte, teils in führender Funktion, für US-Behörden, sowohl unter demokratischen als auch republikanischen Präsidenten. 2024 wurde sie von Trumps verhasstem Vorgänger Joe Biden zur Leiterin des Statistikbüros für den Arbeitsmarkt ernannt.

Dabei musste sie vom Senat bestätigt werden. Dieser sprach ihr mit einem Stimmenverhältnis von 86 zu 8 mit überwältigender Mehrheit das Vertrauen aus. Auch Trumps heutiger Vizepräsident und damaliger Senator für Ohio, J.D. Vance, sowie der heutige Aussenminister Marco Rubio als ehemaliger Senator von Florida, unterstützten McEntarfers Ernennung.

epa12275899 US Vice President JD Vance speaks during an executive order signing ceremony in the Roosevelt Room of the White House in Washington, DC, USA, 31 July 2025. The order will formally reestabl ...
Auch J.D. Vance stimmte 2024 für die Ernennung McEntarfers.Bild: keystone

Viele Beobachter sehen den Vorgang mit Sorge. Auch republikanische Abgeordnete äussern Bedenken. So sagte die Senatorin Cynthia Lummis:

«Es ist nicht die Schuld des Statistikers, wenn die Zahlen stimmen und nicht dem entsprechen, was der Präsident erhofft hatte.»
U.S. Senator Cynthia Lummis, R-WY, speaks at a press conference following the weekly Senate policy luncheon in the US Capitol in Washington, DC on Tuesday, May 20, 2025. . PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxH ...
Cynthia Lummis kritisiert die Entlassung von Statistikchefin McEntarfer.Bild: www.imago-images.de

Die Botschaft, die Trump mit der Entlassung sendet, ist einmal mehr deutlich: Wer nicht im Sinne des US-Präsidenten handelt, kommt auf die Abschussliste. Loyalität ist alles – selbst wenn dabei Fakten und Regeltreue auf der Strecke bleiben. Noch ist zwar nicht abschliessend geklärt, ob an Trumps Vorwürfen an McEntarfer etwas dran ist. Doch die Wahrscheinlichkeit, dass die jüngsten Arbeitsmarktdaten absichtlich manipuliert wurden, ist nach aktuellem Kenntnisstand verschwindend klein.

Es ist nicht das erste Mal, dass es Wirbel um die Datenerhebung zur US-Wirtschaft in der zweiten Amtszeit Trumps gibt. Bereits vor zwei Monaten äusserten Ökonomen aufgrund des Sparkurses der US-Regierung Bedenken, ob die Inflationszahlen die Realität adäquat abbilden, wie das «Wall Street Journal» damals berichtete. Weil aufgrund von Entlassungen weniger Beamte zur Verfügung standen, um Preisüberprüfungen in den Geschäften im Land vorzunehmen, arbeitete die Behörde stärker mit Modellen – was grössere Ungenauigkeiten zur Folge hat.

Wie verheerend sich falsche oder geschönte Wirtschaftsdaten auswirken, ist geschichtlich gut dokumentiert. So flunkerten etwa die Griechen bezüglich ihrer Verschuldung und lösten damit den Staatsbankrott 2009 und daraus folgend die Eurokrise aus. Extrembeispiele aus dem vergangenen Jahrhundert sind China während dem «Grossen Sprung nach vorn» unter Mao oder die Sowjetunion unter Stalin – beide Male waren massiv geschönte Wirtschaftsdaten einer der Hauptgründe für verheerende Hungersnöte mit Millionen von Toten.

Museum lässt Hinweise auf Trump-Amtentshebungsverfahren verschwinden

Ein weiterer fragwürdiger Vorgang spielte sich über das Wochenende im US-Nationalmuseum in Washington, D.C. ab. In einer Ausstellung, die sich ausgerechnet mit den «Grenzen der Macht der US-Präsidenten» beschäftigt, wurden Hinweise auf die zwei Amtsenthebungsverfahren, die in Trumps erster Präsidentschaft gegen ihn eingeleitet wurden, entfernt. Darüber berichtete die «Washington Post» am Freitag.

Genannt wurden in der Folge nur die Demokraten Andrew Johnson und Bill Clinton sowie der 1974 infolge des Watergate-Skandals zurückgetretene Republikaner Richard Nixon als die drei Präsidenten, «die in der US-Geschichte jemals ernsthaft mit einer Absetzung konfrontiert waren». Tatsächlich ist Donald Trump aber gar der einzige US-Präsident, der sich zweimal einem Amtsenthebungsverfahren gegenüber sah (2017 und 2021). Er überstand diese, weil die Republikaner, die die Mehrheit im Senat hatten, gegen seine Absetzung stimmten.

Das Nationalmuseum liess dann am Sonntag verlauten, dass die Entfernung der Hinweise auf die Trump-Verfahren nicht auf Druck aus der US-Regierung hin geschah. Stattdessen hätten diese «den Standards des Museums in Bezug auf Aussehen, Platzierung, Zeitrahmen und Gesamtpräsentation nicht entsprochen». Zudem hätten sie den Blick auf in einer Vitrine ausgestellte Gegenstände versperrt. In einer künftigen Überarbeitung der Ausstellung sollen auch die Trump-Verfahren wieder erwähnt werden.

FILE - People visit the Smithsonian Museum of American History on the National Mall in Washington, April 3, 2019. (AP Photo/Pablo Martinez Monsivais, File)
Smithsonian Trump
Das US-Nationalmuseum in Washington, D.C.Bild: keystone

Kritiker werfen Donald Trump vor, seit seinem Amtsantritt die US-Geschichtsschreibung zu seinen Gunsten beeinflussen und teils auch in seinem Sinne Vergangenes umschreiben zu wollen. Trump schiebt dabei den Kampf gegen eine «woke Agenda» vor – im Zuge dessen ordnete er bereits im März eine Überarbeitung der Inhalte der US-Nationalmuseen an. Darin hiess es unter anderem:

«Im letzten Jahrzehnt waren die Amerikaner Zeugen einer konzertierten und weitverbreiteten Anstrengung, die Geschichte unserer Nation umzuschreiben. Dabei wurden objektive Fakten durch eine verzerrte Erzählung ersetzt, die eher von Ideologie als von Wahrheit getrieben ist.»
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
158 Kommentare
Dein Kommentar
YouTube Link
0 / 600
Hier gehts zu den Kommentarregeln.
Die beliebtesten Kommentare
avatar
banda69
04.08.2025 05:51registriert Januar 2020
Trump zerstört die Demokratie. Und er richtet weltweit unwiderruflichen Schaden an. Er lügt, hetzt und hält sich nicht an Abmachungen und zerstört Existenzen. Er sanktioniert Partner und legt sich mit den Russen ins Bett.

Und immer daran denken:

Trump ist der Wunschkandidat unserer Rechtspopulisten. Bis hoch in den Bundesrat.

Und ja. Wer SVP wählt, wählt Trump. Es sind Geschwister im Geiste, Tun und Kommunikataion. Sind wir alle froh, dass unsere Rechtspopulisten nie ihr erklärtes Ziel von über 50% Wähleranteil erreicht haben. Es wäre eine Katastrophe für unser schönes Land.
31528
Melden
Zum Kommentar
avatar
Wysel Gyr
04.08.2025 05:46registriert Oktober 2021
Aussagen in diesem Artikel wie "Es ist noch nicht abschliessend geklärt, ob keine Manipulation stattfanden, die Chancen sind verschwindend klein" helfen der Strategie von Trump: Generelle Verunsicherung aller. Damit wird er für seine Gefolgschaft zur einzigen Wahrheit und für die wenig Informierten zu einer möglichen Wahrheit. Nach so vielen Jahren Trump, müssen die Medien endlich besser werden im Umgang mit seiner Propaganda.
17810
Melden
Zum Kommentar
avatar
wasihrnichtsagt
04.08.2025 05:49registriert April 2018
«Wir haben sie gefeuert, weil wir den heutigen Zahlen nicht geglaubt haben.»
Glauben ist hier das Stichwort! Bei DT geht es um „one truth“ und zwar seine Wahrheit suf Basis von Glauben, fernab von Wissenschaft, der Nährboden sind die reichlich vorhandenen Fundamentalisten, das miserable Bildungssystem und ignorante Arroganz.
1523
Melden
Zum Kommentar
158
Mindestens 76 Migranten bei Bootsunglück vor Jemen gestorben
Nach dem Untergang eines Bootes mit Migranten an Bord vor der Küste des Jemen ist die Zahl der Todesopfer nach Behördenangaben auf mindestens 76 gestiegen. Weitere 32 Menschen seien gerettet worden, sagten jemenitische Sicherheitsbeamte am Montag der Nachrichtenagentur AFP. An Bord des gekenterten Boots hatten sich nach UN-Angaben 157 Menschen befunden.
Zur Story