Putin greift ukrainische Gasspeicher an – darum drohen Folgen für ganz Europa
Bereits seit Kriegsbeginn greift Russland die ukrainische Energieversorgung an. In den vergangenen Wochen hat das aber ganz neuen Ausmasse angenommen. Denn statt leicht reparierbaren Energietransformatoren stehen nun Kraftwerke und unterirdische Gasspeicheranlagen im Fokus der russischen Angriffe.
Der Schaden ist bereits beträchtlich und so schnell gibt es keine Alternativen. Das könnte jetzt auch Konsequenzen für die Energieversorgung im Rest Europas haben, berichtet «Politico».
Was ist passiert?
48 Angriffe im letzten halben Jahr
«Unsere Wärmekraftwerke wurden in den letzten sechs Monaten 48 Mal angegriffen, aber ohne Zweifel waren die Angriffe Russlands in den letzten Wochen die schlimmsten seit der umfassenden Invasion im Jahr 2022», berichtet Maxim Timchenko, CEO des grössten privaten Energieunternehmens in der Ukraine DTEK. Demnach habe sein Unternehmen bereits fast 80 Prozent der Energiekapazität verloren.
Die fehlende Energie erschwere es der Ukraine, russische Raketen abzuwehren, heisst es in dem Bericht. Fatal sei jedoch ein weiterer Aspekt. Im vergangenen Winter habe die Ukraine ihr Speichernetz noch europäischen Grosshändlern angeboten, als diese Vorräte im Hinblick auf ausbleibende russische Lieferungen anlegten.
Warum betrifft uns das?
Werden diese Kapazitäten nun vernichtet, drohe auch der EU ein Problem. Noch vor wenigen Wochen erklärte die Ukraine, täglich Strom im Wert von rund einer Million Euro an ihre westlichen Nachbarn zu exportieren. Jetzt hat sich die Situation drastisch gewendet, da Kiew finanzielle Reserven aufbraucht, um Energie zu importieren. Dabei kämpft das Land darum, Stromausfälle zu vermeiden und eine Rüstungsindustrie in Kriegszeiten anzutreiben.
Volodymyr Kudrytskyi, CEO des staatlichen Stromnetzbetreibers Ukrenergo, sagte:
Die Anlagen waren im vergangenen Winter von entscheidender Bedeutung für Europa, da Händler dort Milliarden Kubikmeter Treibstoff für den Fall von Engpässen lagerten. Die zusätzliche Lagerkapazität ermöglichte den EU-Ländern einen leichten Zugang zu den Vorräten. Unternehmen konnten so überschüssigen Treibstoff lagern, den sie sonst womöglich nirgendwo hätten lagern können – und den sie zu Kosten von bis zu zwei Milliarden Euro hätten verkaufen müssen.
«Die Ukraine hat Europa den Arsch gerettet», sagt Aura Sabadus gegenüber von «Politico». Sie ist Gasexpertin beim Rohstoffinformationsunternehmen ICIS.
Nun besteht die Befürchtung, dass für den nächsten Winter nicht mehr genug Gasspeicherkapazitäten in Europa vorhanden sind.
Wie geht es weiter?
Laut Timchenko kann nur die militärische Unterstützung der Verbündeten der Ukraine das Stromnetz vor weiterer Zerstörung bewahren.
Die Energie-Expertin Aura Sabadus:
Der Energiesprecher der Europäischen Kommission, Tim McPhie, erklärte, dass die EU der Ukraine in der Vergangenheit geholfen habe, die Schäden an ihrem Energiesystem zu reparieren, und dies auch weiterhin tun werde.
Quellen
- politico.eu: Putin is bombing Ukraine into darkness - and leaving Europe short of power
- cepa.org: Aura Sabadus
(t-online/dsc)

