Während mehrerer Stunden debattierte die Regierung Griechenlands über das zweite Reformpaket der EU: Auflagen zur Modernisierung des Justiz- und Bankenwesens. Die Zustimmung des Parlaments galt als sicher, weil die Opposition ihre Unterstützung signalisiert hatte. Die Abstimmung fiel denn auch deutlich aus: 230 von 300 Parlamentariern billigten die Gesetze.
Nun steht eine Bewertung der Geldgeber-Institutionen EU-Kommission, Europäische Zentralbank und Internationaler Währungsfonds aus. Kommen sie zum Ergebnis, dass die Regierung in Athen die versprochenen Reformschritte umgesetzt hat, können am Freitag Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket im Volumen von bis zu 86 Milliarden Euro starten.
Die Zahl der Abweichler in den Reihen der Syriza-Partei von Ministerpräsident Alexis Tsipras ging ein kleines bisschen zurück: Ihm verweigerten 36 Abgeordnete die Gefolgschaft, verglichen mit 39 bei der ersten Abstimmung vergangene Woche. Der 40-jährige Premier hatte bis zuletzt darum gekämpft, potenzielle Abweichler vom linken Flügel seiner Regierungspartei Syriza auf Linie zu bringen.
Der Entscheidung war eine hitzige Debatte vorangegangen. Dabei hatte Tsipras seine Eingeständnisse gegenüber der EU verteidigt. Die Reformen seien ein notwendiger Preis, um Griechenland finanziell am Leben zu erhalten. Ausserdem schloss er seinen Rücktritt aus. Die Linke sei eine Bastion, die er nicht verlassen werde – zumindest nicht willentlich.
Tsipras erklärte, es hätten schwere Entscheidungen getroffen werden müssen. «Wir sind einen schwierigen Kompromiss eingegangen, um die extremsten Pläne der extremsten Kreise in Europa abzuwenden», sagte er.
Er werde aber dafür kämpfen, möglichst günstige Bedingungen für Griechenland auszuhandeln. «Wir werden keine Feiglinge sein. Wir werden die Kämpfe, die vor uns liegen, mit Entschlossenheit führen», sagte Tsipras. Gleichzeitig rief er die Abgeordneten dazu auf, «sich an die neuen Realitäten anzupassen».
Vor dem Parlament und in Athens Stadtzentrum hatten laut Polizeiangaben rund 6000 Menschen gegen die neuen Sparauflagen protestiert. Zu den Aktionen aufgerufen hatten die kommunistische Gewerkschaft PAME und die Gewerkschaft der Staatsbediensteten (ADEDY), wie das Staatsradio (ERT) berichtete. Auch Mitglieder des linken Flügels der Syriza hatten teilgenommen