Israel hat die Forderung der 27 EU-Staaten nach Feuerpausen im Gazastreifen zurückgewiesen. «Israel lehnt einen humanitären Waffenstillstand derzeit ab», sagte ein Sprecher des israelischen Aussenministeriums am Freitag als Reaktion auf den Brüsseler EU-Gipfelbeschluss. Dazu zähle «jegliche Art von geforderten Feuerpausen». Humanitäre Hilfe sei aber trotzdem möglich, «solange sie nicht in den Händen von Terroristen der Hamas landet». Bislang kommen nur sehr wenig Hilfsgüter in dem abgeriegelten Küstengebiet mit mehr als zwei Millionen Einwohnern an.
Am Donnerstag hatten die Staats- und Regierungschefs der EU fünf Stunden lang um ihre Forderung an Israel gerungen. Spanien wollte einen kompletten Waffenstillstand durchsetzen, um humanitäre Hilfe für den von Israel als Reaktion auf den Hamas-Terror bombardierten Gazastreifen zu ermöglichen. Deutschland und anderen Ländern ging das zu weit. Sie wollten Israel in seinem Verteidigungsrecht nicht so weit einschränken. Die Kompromissformulierung lautete dann «humanitäre Korridore und Pausen für humanitäre Zwecke», um zumindest vorübergehend eine sichere Versorgung der Zivilbevölkerung zu ermöglichen. Israel lehnt aber auch das ab.
Der französische Präsident Emmanuel Macron sprach angesichts der massiven israelischen Angriffe auf Ziele im Gazastreifen von einem «undifferenzierten Bombardement». Frankreich erkenne den Willen und das Recht Israels vollständig an, gegen die Terroristen der Hamas zu kämpfen, und sei bereit, zu helfen. «Aber wir sind der Ansicht, dass die vollständige Blockade, das undifferenzierte Bombardement und erst recht die Aussicht auf eine massive Bodenoffensive nicht geeignet sind, die Zivilbevölkerung angemessen zu schützen», sagte er.
Er bitte darum, dass Israel sich die Zeit nehme, um weitere Schritte gut vorzubereiten, sagte Macron mit Blick auf eine mögliche Bodenoffensive. Er forderte einen humanitären Waffenstillstand und kündigte eine Koalition mit mehreren europäischen Ländern an, um unter anderem einen humanitären Korridor auf See einrichten zu können.
Macron hatte bereits bei seiner Nahost-Reise Anfang der Woche vorgeschlagen, die 2014 gegründete Koalition zur Bekämpfung der Terrororganisation Islamischer Staat auch gegen die Hamas einzusetzen. «Frankreich ist bereit dafür, dass die internationale Anti-IS-Koalition, in deren Rahmen wir uns für unseren Einsatz im Irak und Syrien engagieren, auch gegen die Hamas kämpfen kann», sagte er. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äusserte sich zurückhaltend zu dem Vorstoss. Die EU konzentriere sich nun zunächst im Kern auf die Dinge, die auf dem Gipfel in Brüssel gemeinsam beschlossen worden seien, sagte er. «Und die halte ich für das, was man tun sollte.»
Die Staats- und Regierungschefs hatten sich neben den Feuerpausen und sicheren Korridoren für eine baldige Friedenskonferenz ausgesprochen. Diese Idee unterstützte Scholz ausdrücklich. «Es ist vielleicht das richtige Zeichen zur richtigen Zeit», sagte er. EU-Ratspräsident Charles Michel sagte, eine solche Konferenz könnte aus seiner Sicht in einigen Wochen oder Monaten organisiert werden.
Die EU befasste sich bei dem zweitägigen Gipfel aber auch erneut mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Sie sicherte dem Land vor dem zweiten Kriegswinter anhaltende Waffen- und Munitionslieferungen zu. Zudem versprachen sie die Lieferung zusätzlicher Stromgeneratoren und mobiler Heizstationen sowie stärkere Anstrengungen zur Zwangsbeteiligung Russlands an der Beseitigung von Kriegsschäden.
Die Europäische Union werde der Ukraine und ihrer Bevölkerung so lange wie nötig entschiedene finanzielle, wirtschaftliche, humanitäre, militärische und diplomatische Hilfe leisten, heisst es in einer gemeinsamen Erklärung der Staats- und Regierungschefs. Die Unterstützung der EU für die Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Ukraine sei unverbrüchlich.
Scholz zeigte sich sicher, dass daran auch der derzeitige Fokus auf den Gaza-Krieg nichts ändern werde. Dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sei versichert worden, «dass unsere Unterstützung für die Ukraine nicht nachlassen wird», sagte der SPD-Politiker nach dem Gipfel. Sie werde auch nicht dadurch beeinträchtigt werden, «dass wir jetzt dieses bittere neue Problem haben, das durch den furchtbaren, brutalen Angriff der Hamas auf Israel und die Bürgerinnen und Bürger dort entstanden ist».
(hah/sda/dpa)
Aber klar, sobald man nicht mehr nur an der Seitenlinie stünde, müsste man halt auch Verantwortung für das weitere Geschehen übernehmen & da ist es einfach einfacher auf Israel zu zeigen und sie mit diesem unlösbaren Dilemma alleine zu lassen 🙈..