Es ist aus. Ungarn hat die Grenzen dichtgemacht. Und bereits ist Ruhe eingekehrt. Nicht nur wegen der Schliessung des letzten freien Durchgangs an der ungarisch-serbischen Grenze. Sondern auch weil seit Mitternacht ein verschärftes Gesetz für Flüchtlinge gilt: Bei illegalem Grenzübertritt drohen Haft oder Abschiebung.
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Viktor Orban hatte seine erbarmungslose Linie vorher noch einmal betont. Der rechtsnationale Ministerpräsident sagte seinen Grenzschützern, sie würden nunmehr durch ihren Dienst die westeuropäische Wertordnung und Ungarns kulturelle Identität schützen. Die Flüchtlinge seien Wirtschaftsmigranten, behauptete er erneut.
Nur noch mehrere hundert Flüchtlinge begehrten in der Nacht zum Dienstag an der ungarisch-serbischen Grenze friedlich Einlass. Sie wurden an einen regulären Grenzübergang an einer Landstrasse bei Röszke verwiesen und dort in kleinen Gruppen zu den Grenzbeamten vorgelassen, berichteten ungarische Medien. Helfer begannen, ihre Zelte abzubauen. Auch die Polizei verringerte die Zahl ihrer Einsatzkräfte.
Ungarn brachte bis zum Inkrafttreten der verschärften Gesetze zum Grenzübertritt systematisch Flüchtlinge an die Westgrenze. Das räumten György Bakondi, Orbans Sicherheitsberater sowie Regierungssprecher Zoltan Kovacs in der Nacht zum Dienstag in einer gemeinsamen Pressekonferenz in Röszke an der ungarisch-serbischen Grenze ein. Bakondi sagte, dass alle Flüchtlinge, die bis Mitternacht in Ungarn einträfen, per Eisenbahn nach Hegyeshalom an der Grenze zu Österreich gebracht würden.
Im österreichischen Burgenland wurden am Montag nach Polizeiangaben 19'736 Flüchtlinge aufgegriffen. Wie die österreichische Nachrichtenagentur APA weiter berichtete, kamen von 18 Uhr an bis zu 6000 Menschen aus Ungarn über die Grenze. In der Nacht habe es jedoch nicht viele Flüchtlinge gegeben.
«Wir wollen kein Chaos», hatte Orban am Montag bei der feierlichen Vereidigung von 868 neuen Grenzpolizisten am Budapester Heldenplatz gesagt. «Wir wollen nicht, dass eine Völkerbewegung von weltweitem Ausmass Ungarn verändert.» Später sagte er in einem Fernsehinterview, die meisten Flüchtlinge, «die hier durchstürmen», würden nicht vor Kriegen fliehen sondern strebten ein Leben im Wohlstand in Deutschland an: «Sie rennen nicht um ihr Leben».
Ungarn errichtet zur Abwehr der Flüchtlinge einen Zaun an der 175 Kilometer langen serbischen Grenze. Die für die Flüchtlinge wichtigste Lücke war bis Montag bei Röszke, weil dort ein Bahngleis aus Serbien nach Ungarn führt. Diesen 40 Meter breiten Durchgang hatten in den vergangenen Wochen Zehntausende Flüchtlinge genutzt. Nun wurde diese Lücke undurchlässig gemacht. Damit ist diese bisherige sogenannte Balkan-Route der Flüchtlinge geschlossen.
Illegaler Grenzübertritt gilt nun in Ungarn als Straftat, die mit bis zu drei Jahren Haft geahndet werden kann. Bisher war es nur eine Ordnungswidrigkeit. Kommt Sachbeschädigung hinzu – etwa wenn ein Flüchtling den Grenzzaun durchschneidet – erhöht sich das maximale Strafmass auf fünf Jahre. Anstelle der Haftstrafe ist auch eine sofortige Abschiebung möglich. (dwi/sda/dpa)