International
Frankreich

Trotz wiederholter Demütigungen: Macron will mit Putin reden

FILE - French President Emmanuel Macron, right, welcomes Russian President Vladimir Putin at the Fort of Bregancon in Bormes-les-Mimosas, southern France, Monday Aug. 19, 2019. Rarely in recent years  ...
Der französische Präsident Emmanuel Macron (rechts) empfängt den russischen Präsidenten Wladimir Putin am Montag, 19. August 2019, im Fort de Brégançon in Bormes-les-Mimosas in Südfrankreich.Bild: keystone

Trotz wiederholter Demütigungen: Macron will mit Putin reden

Frankreichs Präsident Macron will von Neuem auf seinen russischen Amtskollegen Putin einwirken. Illusionen macht sich dabei niemand.
22.12.2025, 22:0422.12.2025, 22:30
Stefan Brändle, Paris / ch media

Eins muss man Emmanuel Macron lassen: Er gibt nicht auf, auch wenn das Unterfangen hoffnungslos scheint. Der französische Präsident will mit Wladimir Putin über ein allfälliges Kriegsende sprechen. Es könne gerade jetzt «nützlich» sein, das Gespräch erneut zu suchen, um sich auf die Modalitäten einer Waffenruhe in der Ukraine zu einigen, sagte der Franzose letzte Woche. Und aus Moskau kam das Echo, der russische Präsident sei «bereit zum Dialog».

Kommt da vielleicht doch etwas in Bewegung? Macrons Ziel ist jedenfalls doppelt. Er will zum einen die Europäer in die Ukraine-Verhandlungen einbringen. Dies auch und gerade für den Fall, dass US-Präsident Donald Trump ihrer überdrüssig wird. Und Macron denkt dabei nicht an den diplomatischen Klappsitz, mit dem sich die Briten, Franzosen und Deutschen – letztere in der Person von Kanzlerberater Günter Sautter – bei den Verhandlungen in Miami (Florida) abfinden mussten. Die Amerikaner verhandeln dort getrennt mit Russen und Ukrainern. Die Gespräche wurden allgemein als «konstruktiv» eingestuft, erbrachten aber bisher keinen Fortschritt.

FILE - French President Emmanuel Macron, left, talks with Russian President Vladimir Putin during their meeting at the fort of Bregancon in Bormes-les-Mimosas, southern France, Monday Aug. 19, 2019. ( ...
Putin nannte Macron einst aus Spott «Napoleon».Bild: keystone

Deshalb will Macron seinen Kontakt in den Kreml auf höchster Ebene reaktivieren, wie vor und nach Kriegsbeginn im Februar 2022. Macron hatte damals keinen Aufwand gescheut, mit Putin im Gespräch zu bleiben. 15 meist stundenlange Telefongespräche führte er mit ihm. Noch wenige Tage vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine flog er nach Moskau. Er erreichte aber nicht mehr als das Bild einer ungeheuren Erniedrigung: Als er im Kreml in den Sitzungsraum trat, erhob sich Putin nicht einmal, sondern wies ihn kalt an das andere Ende eines ellenlangen Tisches.

Später zirkulierte in Paris eine O-Ton-Aufnahme vom 20. Februar, also vier Tage vor Kriegsbeginn. Macron spielte seine letzte Karte, ein Treffen Putins mit dem damaligen US-Präsidenten Joe Biden. Der Russe hatte keine Zeit für solche Friedensschimären: «Um dir nichts zu verbergen», sagte er, «ich telefoniere aus einer Sporthalle, ich gehe gleich Eishockey spielen.»

Eine Demütigung folgt auf die nächste

Die abgrundtiefe Verachtung für den glücklosen französischen Präsidenten ging im Kreml weiter, als er den Kontakt ab Mitte 2022 selber mied. «Napoleon», nannte ihn Putin abschätzig. Letzte Woche bezeichnete er die europäischen Leader als «Ferkel»; Vizepräsident Dmitri Medwedew tat Macron wieder mal als «Tunte» ab.

epa12351977 Ukraine's President Volodymyr Zelensky (L) looks at French President Emmanuel Macron during a press conference following the Coalition of the Willing Summit, at the Elysee Palace in P ...
Der Ukrainische Präsident schaut Macron an während den Verhandlungen zur Waffenruhe.Bild: keystone

Der französische Präsident steckt solche Beleidigungen weg. Die Dynamik der diversen Ukraine-Gespräche sei günstig, da sich «die Perspektive einer Waffenruhe und von Friedensverhandlungen abzeichne», verlautet aus dem Elysée. In einem ersten Schritt dränge sich ein bilaterales Telefongespräch zwischen Putin und Macron auf, bevor sie sich persönlich sähen.

Wobei in Alaska nicht einmal der potenzielle Friedensnobelpreisträger im Weissen Haus weitergekommen war. Trump und Putin stünden eben auf der gleichen Seite, kommt die Antwort aus dem Elysée; das verhindere jede Lösung.

Als Nuklearnation zu repsektieren

Macron kennt und duzt Putin seit acht Jahren. Er spricht sich zwar täglich mit seinen EU-Partnern Friedrich Merz und Keir Starmer ab. Sie zu einem Treffen mit Putin beizuziehen, hält der Franzose aber für falsch: Der Russe spreche am ehesten «von Mann zu Mann». Aber natürlich will le Président mit dem deutschen Kanzler, dem britischen Premier und dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski «in völliger Transparenz», das heisst in engster Tuchfühlung bleiben.

FILE - In this July 13, 2007 file photo, French Marine officers wait atop "Le Vigilant" nuclear submarine at L'Ile Longue military base, near Brest, Brittany. (AP Photo/Francois Mori, P ...
Auf diesem Archivfoto vom 13. Juli 2007 warten französische Marineoffiziere auf dem Atom-U-Boot „Le Vigilant” in der Militärbasis L'Ile Longue in der Nähe von Brest in der Bretagne.Bild: keystone

Mag sein – doch woher nimmt Macron das europäische Mandat für ein Treffen mit Putin? So etwas braucht ein französischer Staatschef nicht. Am Sonntag erst hat Macron betont feierlich angekündigt, er werde seiner Nation ab 2038 einen Flugzeugträger bescheren. Frankreich sei eine Nuklearnation, die sich Respekt zu verschaffen wisse.

Auch Pariser Diplomaten warnen Macron vor seiner Hybris, die im Umgang mit einem wie Putin so rasch platze wie ein Luftballon. Überall herrscht Skepsis. Ob Donbass-Abtretung, Armee-Abbau, Nato-Njet und Sicherheitsgarantien für Kiew: Jede dieser russischen Forderung scheint momentan unüberwindbar hoch. Zu hoch selbst für den stolzen Kapitän eines Flugzeugträgers. (aargauerzeitung.ch)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
5-Stunden-Gespräch: US-Unterhändler plaudern mit Putin
1 / 11
5-Stunden-Gespräch: US-Unterhändler plaudern mit Putin

Eine US-Delegation um Unterhändler Steve Witkoff und Trump-Schwiegersohn Jared Kushner traf im Kreml die russische Regierung, um über Friedensbedingungen für den Ukraine-Krieg zu sprechen.

quelle: keystone / alexander kazakov / sputnik / kr
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Macrons Körpersprache von einem Experten analysiert
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
69 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Haarspalter
22.12.2025 22:15registriert Oktober 2020
Macrons Ankündigung zum Bau eines 10-Milliarden Flugzeugträgers genau heute dürfte kein Zufall gewesen sein.

Putin lässt sich nur durch militärische Stärke und Entschlusskraft beeindrucken.

Damit kann ihm Macron auf Augenhöhe - bzw. etwas darüber - begegnen.
526
Melden
Zum Kommentar
avatar
Luders Pee
22.12.2025 22:20registriert Dezember 2024
Die Neupositionierung und Erweiterung der Nato war ein wichtiges Zeichen an das Regime im Kreml. An den Reaktionen mit Drohungen und der üblichen Propaganda ist erkennbar, dass dies genau der richtige Schritt war. Die Optionen für V. Putin werden immer schmaler und Russland immer isolierter. Dieses Regime wird bald zusammen fallen.
445
Melden
Zum Kommentar
avatar
Triple A
22.12.2025 22:48registriert November 2018
Es muss allen klar sein: Langfristg ist das Ziel der Sieg über Russland. Keine Kompromisse.
346
Melden
Zum Kommentar
69
Tödliche US-Angriffe auf IS-Terroristen in Nigeria – Trump drohte schon vor Wochen
Das US-Militär hat nach Angaben von Präsident Donald Trump an Weihnachten tödliche Angriffe auf Kämpfer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Nigeria verübt, die Christen ermordet haben sollen. Die Militärschläge seien im Nordwesten des Landes erfolgt, schrieb der Republikaner am Donnerstag (Ortszeit) auf der Plattform Truth Social. Die Zahl der Toten machte er nicht bekannt.
Zur Story