Der bekannte französische Soziologe Alain Touraine ist am Freitag im Alter von 97 Jahren verstorben. Touraine prägte den Begriff der «postindustriellen Gesellschaft» und analysierte postindustrielle soziale Bewegungen.
Dies meldete die Nachrichtenagentur AFP am Freitagabend. Touraines Name wird mit einem Forschungsfeld verbunden bleiben, nämlich den «neuen sozialen Bewegungen» wie Studenten, Feministinnen, Umweltschützern oder Regionalisten, die in den 1970er Jahren entstanden sind. Auch prägte Touraine die Arbeitsmethode des soziologischen Interventionismus.
Der am 3. August 1925 in Hermanville-sur-Mer (F) in der Nähe von Caen (F) geborene Sohn eines Arztes veröffentlichte 1955 seine (von Georges Friedmann betreute) viel beachtete Dissertation «L'Évolution du travail ouvrier aux usines Renault». Zwei Jahre später gründete er das Laboratoire de sociologie industrielle, das 1970 in das Centre d'études des mouvements sociaux umgewandelt wurde.
Im Mai 1968 gehörte er zu denjenigen, die die Abschaffung der Prüfungen für Studenten der Sozialwissenschaften forderten. Er gehörte der Kommission zur Reform der Universitäten oder der Kommission zur Reflexion über die Nationalität (1987) an. Bei den Europawahlen 1994 stand er neben zahlreichen Intellektuellen und Politikern auf der Liste «Europa beginnt in Sarajevo», die von Professor Léon Schwartzenberg angeführt wurde.
Touraine beschäftigte sich unter anderem auch mit den Forderungen von Minderheitengruppen und studierte die französischen Streiks Ende 1995, den Zapatismus in Mexiko, die Gleichstellung von Männern und Frauen im öffentlichen Leben und die Vier-Tage-Woche.
Der Preisträger des renommierten Prinz-von-Asturien-Preises von 2010 war auch in Ländern wie Polen sehr bekannt, wo er 2012 eine wichtige Auszeichnung für seine Arbeit über die Solidaritätsbewegung (Solidarnosc), die erste vom Ostblock unabhängige Gewerkschaft, in den 1980er Jahren erhielt. (sda/afp)