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Frankreich

Nahel: Der dritte Passagier erzählt die «Geschichte von A bis Z»

Einer der Passagiere erzählt die Geschichte aus seiner Sicht.
Einer der Passagiere erzählt die Geschichte aus seiner Sicht. source: keystone; twitter

Tod von Nahel: Der dritte Passagier erzählt die «Geschichte von A bis Z»

Beim französischen TV-Sender BFMTV gibt der dritte Passagier des gelben Mercedes, in dem Nahel starb, seine Version der tödlichen Schüsse wieder.
01.07.2023, 08:5502.07.2023, 13:22
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«Ich erzähle euch die Geschichte von A bis Z.»

Einer der Insassen des Fahrzeugs, in dem der 17-jährige Nahel ums Leben kam, hat seine Version der Ereignisse veröffentlicht. Um «die Wahrheit wiederherzustellen», wie er sagt. Der Nachrichtensender BFMTV strahlte das Video aus.

Nach Aussage dieses dritten Passagiers trafen sich die drei jungen Männer am Dienstag um 8:10 Uhr in einem Mercedes, der ihnen geliehen worden sei.

«Wir beschlossen, eine Spazierfahrt durch Nanterre zu machen. Nach ein paar Minuten befanden wir uns auf der Busspur der Avenue Joliot Curie. Wir fuhren gerade, als ich die Motorradfahrer der Polizei erblickte, die uns zu folgen begannen.»
bfmtv

Krawalle in Frankreich

Video: watson/Aya Baalbaki

Die Polizisten hätten dann das Blaulicht eingeschaltet. Sie hätten verlangt, dass das Fahrzeug anhält, was die Jugendlichen auch getan hätten, so der dritte Passagier weiter.

Dann soll ein erster Polizist Nahel aufgefordert haben, das Fenster herunterzulassen.

«Er sagte zu ihm: ‹Stell den Motor ab oder ich kick dich.›»

Ein zweiter Ordnungshüter sei hinzugekommen und habe ihm einen Schlag mit dem Gewehrkolben versetzt. Er habe sich auf Höhe der Windschutzscheibe gegenüber von Nahel hingestellt.

«Von dort aus hält ihm der erste Polizist, der auf Höhe des Fensters steht, eine Waffe an die Schläfe und sagt: ‹Keine Bewegung oder ich verpasse dir eine Kugel in den Kopf.›»

Der dritte Passagier sagt aus, dass der zweite Polizist «kick ihn» gerufen habe und dass ein weiterer Schlag mit dem Gewehrkolben folgte. Ab da gehen die Versionen der Insassen des Autos auseinander.

Einmal soll Nahel am Steuer zunächst den Motor ausgeschaltet haben und dann das Fahrzeug wieder gestartet haben, was die Polizei veranlasste, das Feuer zu eröffnen.

Für den Beifahrer hingegen war es ein dritter Schlag mit dem Gewehrkolben, den Nahel erhielt, «der ihn dazu veranlasst hätte, das Bremspedal des Autos vom Automatikgetriebe loszulassen, wodurch sich das Auto vorwärts bewegt hätte».

«Der zweite Polizist, der an der Windschutzscheibe stand, schoss. Sein Fuss drückte das Gaspedal durch. Ich sah, wie er litt, er zitterte. Wir sind gegen einen Zaun gefahren.»
bfmtv

Passagier drei gibt laut BFMTV an, er sei geflohen, weil er befürchtete, ebenfalls von Polizisten ins Visier genommen zu werden. Der zweite Passagier wurde festgenommen und in Polizeigewahrsam genommen.

Seither ist Frankreich ausser Rand und Band. In verschiedenen Städten Frankreichs kam es zu heftigen Zusammenstössen zwischen Demonstranten und Polizisten. 45’000 Polizisten waren allein in der Nacht von Freitag auf Samstag im Einsatz. Die Beerdigung des jungen Mannes wird am Samstag, den 1. Juli, stattfinden.

(jod)

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126 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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maylander
01.07.2023 10:10registriert September 2018
Mittlerweile ist der Auslöser der Unruhen egal. Die Fronten waren schon vorher völlig verhärtet.
Von der Gewerkschaft der Polizei kommen sehr martialische Töne.
Mittlerweile befürworten laut Umfragen rund 70% der Franzosen einen Ausnahmezustand.
Über 60% stehen hinter der Polizei oder wünscht sich ein noch härteres Vorgehen.
Bei der Banlieu Problematik haben alle Parteien über Jahrzehnte versagt. Der Fall Nahel lässt jetzt das Pulverfass explodieren.
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Don Alejandro
01.07.2023 09:43registriert August 2015
Spazierfahrt, Busspur, ohne Führerschein und überhaupt wessen Auto? Vielleicht sollten diesen Jugendlichen klar gemacht werden, dass dies keine gute Idee ist und man der Polizei Folge leisten sollte. Was auch immer genau geschah, ein Schuss auf eine Person (wenn nicht Notwehr) ist natürlich vollkommen überzogen. Tragisch und traurig zugleich.
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Bündn0r
01.07.2023 09:26registriert Januar 2018
Die Geschichte vor der Kontrolle scheint etwas gar gekürzt und zu ihren Gunsten.
Unmittelbar vor dem Losfahren ist in der Tat eine ruckartige Bewegung des zweiten Polizisten zu sehen. Hinter dem Auto ist für mich nicht klar, ob es ein Schlag oder etwas anderes ist. Zudem hat der später schiessende Polizist vorgängig etwas gesagt und eine wischende Handbewegung gemacht. Passt nicht schlecht zu "hau ihm eine".
Die Beschleunigung und die erreichte Geschwindigkeit (vor dem Schuss) stimmt für mich aber nicht dem Standgas eines Automaten überein. An der Schläfe war die Pistole eindeutig nicht.
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