Mit dieser Putin-Methode könnte sich Trump eine dritte Amtszeit sichern
Wolodimir Selenski und Emmanuel Macron staunten bei ihrem Besuch im Weissen Haus nicht schlecht, als sie beim Rundgang plötzlich vor einem Regal mit Trump-Souvenirs standen. Der US-Präsident hatte seine Amtskollegen aus der Ukraine und Frankreich in einen kleinen Raum hinter dem Oval Office geführt, wo er seine Fanartikel aufbewahrt. Aus dem Regal zog er eine Kappe mit der Aufschrift: «4 weitere Jahre». Auf zwei anderen steht «Trump 2028».
Selenski und Macron lächelten die Aktion höflich weg. Ein kleiner Spass des Entertainers Donald Trump. Oder doch nicht?
Klar ist: Laut Verfassung, die in den USA heilig ist, darf ein Präsident maximal zwei Amtszeiten regieren. Radikale Trump-Anhänger träumten immer wieder öffentlich davon, dass ihr Messias eine dritte Amtszeit bekommen soll. Bislang nahm das allerdings kaum jemand ernst.
Der lauteste aller Trump-Ultras hat nun allerdings ein Interview gegeben, das aufhorchen lässt. Steve Bannon, der ehemalige Chefstratege Trumps, sagte dem «Economist», es gebe «einen Plan» für eine dritte Amtszeit – trotz 22. Verfassungszusatz, der das eigentlich verbietet. Bannons Botschaft: gewöhnt euch an diese Vorstellung.
Wie genau dieser Plan aussieht, verriet Bannon nicht. Der Analyst George Pollack von der US-Beratungsfirma Signum Global hat nun jedoch dargelegt, wie das Manöver aussehen könnte. Demnach wäre es möglich, dass Trump in drei Schritten das Undenkbare schafft:
Der Rollentausch
Der 22. Zusatzartikel zur US-Verfassung verbietet, dass eine Person mehr als zweimal zum Präsidenten gewählt wird. Trump würde daher nicht als Präsident, sondern als Vizepräsident kandidieren – zusammen mit einem loyalen Spitzenkandidaten, der als Statthalter dient. Der Vergleich zu Putin liegt nahe: Auch der Kreml-Chef tauschte 2008 für eine Amtszeit mit seinem Premier Dmitri Medwedew die Rollen, um die russische Verfassung zu umgehen.
Der Machtwechsel
Nach dem Wahlsieg käme der entscheidende Moment. Der neue Präsident würde nach der Vereidigung zurücktreten oder sich aus gesundheitlichen Gründen für amtsunfähig erklären. Laut der US-Verfassung rückt in diesem Fall automatisch der Vizepräsident ins Präsidentenamt auf. Ergebnis: Trump sässe wieder im Oval Office, ohne ein drittes Mal gewählt worden zu sein.
Der juristische Trick
Kenner der US-Verfassung werden es gemerkt haben: So leicht geht es nicht. Denn neben dem 22. steht Trump auch der 12. Zusatzartikel der Verfassung im Weg. Dieser regelt die Voraussetzungen für das Amt des Vizepräsidenten. Er besagt, dass niemand Vize werden darf, der «verfassungsmässig nicht für das Präsidentenamt in Frage kommt». Trump dürfte also auch nicht als Vize kandidieren. Oder doch?
Der Analyst Pollack meint, dass Bannon und seine Leute dies wie folgt anfechten könnten: Sie könnten argumentieren, dass sich der Passus nur auf die Bedingungen bezieht, die im Jahr 1804 bei seiner Einführung galten. Damals galt die Beschränkung nur für Alter, Staatsbürgerschaft und Geburtsort. Die Begrenzung auf zwei Amtszeiten wurde erst 1951 eingeführt. Nach dieser Lesart wäre Trump also nicht ausgeschlossen, Vizepräsident zu werden.
Das Undenkbare wird diskutabel
Natürlich würde es gegen diese Strategie Klagen hageln. Bannon kalkuliert diese aber ein. Ein Ziel wäre dann bereits erreicht: Zeit gewinnen, Verwirrung stiften – und einen Grundsatzentscheid des Supreme Court erzwingen. Dieser ist derzeit mehrheitlich konservativ besetzt. In der Zwischenzeit dürfte eine öffentliche Debatte entstehen, in der das Undenkbare plötzlich diskutabel wird.
Ob dieser perfide Plan am Ende zum Erfolg führt, bleibt allerdings äusserst fraglich. Denn der Geist des 22. Verfassungszusatzes ist eindeutig: Niemand soll länger als zwei Amtszeiten regieren, egal auf welchem Weg. Die meisten Verfassungsjuristen gehen davon aus, dass der 12. Zusatz auch spätere Einschränkungen – also die Amtszeitbegrenzung – umfasst. Wer nicht Präsident sein darf, darf auch nicht Vize sein.
Und auch einen Platzhalter zu finden, der gemeinsam mit Trump tatsächlich die Mehrheit der Amerikanerinnen und Amerikaner überzeugt, scheint zumindest heute illusorisch. Es wäre ein kalkulierter Angriff auf das Fundament der US-Demokratie, den nicht nur die Partei und deren Financiers, sondern auch die Bevölkerung mittragen müsste. Nur sehr grosse Pessimisten dürften das den US-Bürgern zutrauen.
Geht es Bannon aber vielleicht um etwas ganz anderes? Mit seiner «Trump 2028»-Erzählung verschiebt er gezielt die Grenzen des Sagbaren. Er sät Zweifel daran, dass es überhaupt Regeln gibt, die Trump aufhalten könnten – und hält den radikalen Teil der Basis so mobilisiert.
Jeder neue Tabubruch dient dabei dem gleichen Ziel: Trumps Machtanspruch als selbstverständlich erscheinen zu lassen. Die Kappen, die Trump auf seiner offiziellen Website für 50 Dollar pro Stück verkauft, dienen als Symbol: er präsentiert sie mit einem Lächeln – doch hinter dem Scherz steckt der Wille, die Grenzen der Demokratie weiter zu verschieben. (aargauerzeitung.ch)
