International
Gesellschaft & Politik

Unter Premierminister Lecornu: Neue Regierung in Frankreich steht

Neue Regierung in Frankreich steht – doch ihr steht eine turbulente Woche bevor

13.10.2025, 05:5013.10.2025, 05:50

Frankreich hat eine neue Regierung. Doch dieser steht gleich zum Start eine politisch turbulente Woche bevor. Das gerade erst am Sonntagabend ernannte Kabinett muss sich in den ersten Tagen mit dem Haushalt für das hoch verschuldete Land befassen, ausserdem droht schon in dieser Woche ein Misstrauensvotum der Opposition. Mit diesen Punkten muss sich die Regierung um Sébastien Lecornu nun befassen:

Chaos um Fristen für Haushaltseinbringung

French outgoing Prime Minister Sebastien Lecornu makes a statement at the Hotel Matignon, the Prime Minister's residence, Wednesday, Oct. 8, 2025. (Stephanie Lecocq, Pool via AP)
France Politics
Sébastien Lecornu ist der alte und auch neue Premierminister.Bild: keystone

Eigentlich war erwartet worden, dass Lecornu am Montag einen Haushaltsentwurf ins Parlament einbringt. Dafür wäre aber eine Kabinettssitzung erforderlich. Und weil Präsident Emmanuel Macron am Montag zum Gaza-Gipfel nach Ägypten reist, wird die erste Sitzung des neuen Kabinetts erst am Dienstag organisiert.

Die Zeit drängt: Werden Fristen nicht eingehalten, könnte Frankreich am Jahresende ohne verabschiedeten Haushalt dastehen, wodurch das finanziell angeschlagene Land unter zusätzlichen wirtschaftlichen Druck geraten würde. Gemessen an der Wirtschaftsleistung hat Frankreich mit 114 Prozent die dritthöchste Schuldenquote in der EU nach Griechenland und Italien. Auch die Staatsausgaben gehören zu den höchsten in Europa.

«Eine Übergangsregierung wird ernannt, um noch vor Jahresende einen Haushalt für Frankreich vorzulegen», sagte Lecornu. «Nur eines zählt: das Wohl des Landes.» In vielen Schlüsselressorts gab es keinen Wechsel. So bleiben Aussenminister Jean-Noël Barrot, Justizminister Gérald Darmanin sowie Wirtschafts- und Finanzminister Roland Lescure auf ihren Posten. Die bisherige Arbeitsministerin Catherine Vautrin wird Verteidigungsministerin und der Pariser Polizeipräfekt Laurent Nuñez Innenminister.

Misstrauensvotum droht

Die massive Politikkrise in Frankreich ist mit der zweiten Ernennung einer Regierung binnen einer Woche und der Rückkehr des zurückgetretenen Premiers noch lange nicht beendet. Obwohl Lecornu bei Beratungen mit den Parteien auf Kompromisse zum Wohle des Landes in einer äusserst prekären Situation pochte, kündigten die Linkspartei La France Insoumise (LFI) und das rechte Rassemblement National (RN) bereits einen Misstrauensantrag an.

Ob Lecornu die Abstimmung übersteht, die schon diese Woche auf ihn zukommen könnte, ist offen. Die Sozialisten wollten die neue Regierung nur dulden, wenn Lecornu weitreichende Zugeständnisse macht. Mit der unter Zeitdruck erfolgten Regierungsbildung vollzog Lecornu auf jeden Fall nicht den vom linken Lager verlangten Ruck nach links. Die Regierung behält ein Mitte-Rechts-Profil. Die Konservativen erklärten, sich an der Regierung nicht mehr zu beteiligen, sie aber bei Gesetzesvorhaben unterstützen zu wollen.

Macron massiv in der Kritik

epa12442255 France's President Emmanuel Macron speaks during a a Ministerial meeting on the implementation of the Middle East peace plan at the Quai d'Orsay, France's Ministry for Europ ...
Präsident Emmanuel Macron reist nach Ägypten – die erste Sitzung muss warten.Bild: keystone

Ein gelungener Neustart Lecornus wird auch als Macrons letzte Chance angesehen, seiner bis 2027 laufenden zweiten Amtszeit neuen Schwung zu verleihen. Er ist in der jüngsten Krise verstärkt in die Kritik geraten. Die Opposition fordert seinen Rücktritt und auch in den eigenen Reihen macht sich Unmut breit.

Auf die Regierung kommt in dieser Woche neben dem Haushalt ein weiteres Streitthema zu, zu dem sich der Premier in seiner Regierungserklärung eindeutig verhalten muss - die umstrittene Rentenreform. Auf Druck des linken Lagers hat Präsident Macron zwar eine Verzögerung von Teilen seiner 2023 durchgedrückten Reform in Aussicht gestellt. Der Opposition reicht das aber nicht. «Alle Debatten sind möglich, wenn sie einen realistischen Rahmen haben», sagte Lecornu. (leo/sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
ETH Zürich erneut beste Hochschule Kontinentaleuropas 🏫
1 / 3
ETH Zürich erneut beste Hochschule Kontinentaleuropas 🏫
quelle: sabethvela
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Schmeckt man den Alkoholgehalt von Bier heraus?
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
19 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Cosmopolitikus
12.10.2025 22:42registriert August 2018
Es wäre wünschenswert, wenn wieder etwas Ruhe in die französische Politik einkehrt und die Menschen wieder Vertrauen in diese finden. Der Unmut im Land ist aktuell gross.
251
Melden
Zum Kommentar
19
Hamas übergibt vier weitere Leichen von Geiseln
Die wichtigsten Ereignisse im Nahen Osten in der Übersicht, fortlaufend aktualisiert.
(red)
Zur Story