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Alle Fragen und Antworten zu den Wahlen in Italien

100 Jahre nach Mussolini hat eine Faschistin beste Chancen, Italiens Präsidentin zu werden

Am 25. September wählt Italien sein neues Parlament. Das Mitte-rechts-Bündnis, angeführt von der rechtsextremen Giorgia Meloni, hat beste Chancen, zu gewinnen.
28.08.2022, 13:5129.08.2022, 07:48
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Warum sind jetzt schon wieder Wahlen?

Waren nicht erst gerade Wahlen in Italien? Man könnte es denken. Bei den letzten Wahlen ging es aber um das Amt des Staatspräsidenten. Sie fanden im Februar 2022 statt. Da wurde Sergio Mattarella wiedergewählt.

Bei den jetzigen Wahlen hingegen geht es um das italienische Parlament. Sie finden am 25. September statt. Beide Kammern, also Senat und Abgeordnete, müssen neu gewählt werden. Eigentlich wäre die fünfjährige Legislaturperiode erst im Frühling 2023 ausgelaufen. Doch Ende Juli dieses Jahres löste Staatspräsident Mattarella beide Parlamentskammern auf, weshalb die Wahlen nun vorzeitig stattfinden.

Warum löste Mattarella die Parlamentskammern auf?

Das hat eine etwas längere Vorgeschichte. Möglichst einfach zusammengefasst, geht es um Folgendes: Nach den letzten Parlamentswahlen 2018 gab es eine Pattsituation zwischen dem Mitte-rechts-Lager und dem Movimento 5 Stelle (M5S), zu Deutsch Fünf-Sterne-Bewegung. Es kam zu langwierigen Verhandlungen zwischen der ultrarechten Lega und dem M5S, wie denn nun die Regierung gebildet werden soll. Schliesslich wurde der (damals noch) parteilose Giuseppe Conte als Ministerpräsident vereidigt und die Ministerien zwischen Lega- und M5S-Politikern aufgeteilt.

epa10054895 Five Star Movement (M5S)'s leader and Italy's former Prime Minister Giuseppe Conte speaks to the media following a meeting with Italian Prime Minister Mario Draghi at Palazzo Chi ...
Vom politischen Nobody zum parteilosen Ministerpräsidenten und jetzigen Chef der Fünf-Sterne-Bewegung: Giuseppe Conte.Bild: keystone

Es dauerte nicht lange, bis es zu Spannungen kam. Im August 2019 stellte der rechte Lega-Politiker und damalige Innenminister Matteo Salvini einen Misstrauensantrag gegen Conte. Auch, weil er hoffte, dadurch das Amt des Ministerpräsidenten selbst ergattern zu können. Doch die Rechnung ging nicht auf. Die Fünf-Sterne-Bewegung koalierte neu mit der Partito Democratico, schmiss Salvini mit seiner Lega aus der Regierung und Conte blieb Präsident.

Wie schon die erste war auch die zweite Regierung von Conte instabil und von Grabenkämpfen zwischen den Demokraten und dem M5S geprägt. Im Januar 2021 verlor Conte die Mehrheit im Parlament. Um seine zerbröckelte Koalition wieder zu stärken, musste er sich einem Vertrauensvotum in beiden Kammern stellen. In der Abgeordnetenkammer gelang es Conte zwar noch, eine Mehrheit zu finden, doch der Senat liess ihn auflaufen. Conte entschied sich zur Flucht nach vorne und trat zurück.

Staatspräsident Mattarella entschied sich gegen Neuwahlen angesichts der schwierigen Lage, in der Italien wegen der Coronapandemie steckte. Er strebte eine parteiübergreifende Technokraten-Regierung an, mit Mario Draghi, dem ehemaligen Chef der Europäischen Zentralbank, als Ministerpräsidenten. In der neuen Regierung vertreten waren insbesondere die Parteien M5S, Partito Democratico, Lega und Forza Italia. Sie wurde im Februar 2021 vereidigt.

Italian Premier Mario Draghi waves after delivering his address at the Parliament in Rome, Thursday, July 21, 2022. Premier Mario Draghi's national unity government headed for collapse Thursday a ...
Er hat's versucht: Mario Draghi galt als vielversprechender Ministerpräsident – bis sich seine Koalition zerstritt. Bild: keystone

Im Juli 2022 geriet die Regierung von Draghi ins Wanken. Er zerstritt sich wegen eines 23 Milliarden Euro schweren Antikrisenpakets mit der Fünf-Sterne-Bewegung, woraufhin eine Vertrauensabstimmung stattfand. Diese gewann er zwar, doch die Lega, die Fünf-Sterne-Bewegung und Forza Italia boykottierten die Abstimmung und blieben ihr fern. Draghi reichte daraufhin seinen Rücktritt ein, weil er seine Einheitsregierung ohne seine wichtigsten Partner nicht weiter führen wollte.

Welche Parteien treten an?

Aufgelistet nach der Zustimmung in den aktuellen Umfrageergebnissen treten folgende Parteien an:

  • Fratelli d'Italia, eine postfaschistische, rechtsextreme Partei mit Giorgia Meloni als Präsidentin an der Spitze.
Right-wing party Brothers of Italy's leader Giorgia Meloni addresses a rally as she starts her political campaign ahead of Sept. 25 general elections, in Ancona, Italy, Tuesday, Aug. 23, 2022. (A ...
Bild: keystone
  • Die Partito Democratico, links-mittig, mit Enrico Letta als Präsidenten.
epa10074150 The Secretary of the Italian Democratic Party, Enrico Letta speaks at the congress of the Italian Socialist Party (PSI) in Rome, Italy, 16 July 2022. EPA/FABIO FRUSTACI
Bild: keystone
  • Das Movimento 5 Stelle, das ursprünglich aus einer Protestbewegung entstand. Es ist EU-kritisch, populistisch und positioniert sich politisch in der Mitte. Parteipräsident ist der ehemalige Ministerpräsident Giuseppe Conte.
  • Die Rechtsaussen-Partei Lega mit Präsident Matteo Salvini.
epa10120277 Italian Senator and leader of Lega party Matteo Salvini attends a public ceremony on the fourth anniversary of the Morandi Bridge collapse, in Genoa, Italy, 14 August 2022. On 14 August 20 ...
Bild: keystone
  • Die rechte Forza Italia mit Silvio Berlusconi.
epa09880834 Former Italian Prime Minister and leader of the Forza Italia party Silvio Berlusconi speaks during a meeting with supporters at a rally in Rome, Italy, 09 April 2022. EPA/FABIO FRUSTACI
Bild: keystone
  • Italia Viva, eine neue Partei der politischen Mitte. Sie wurde 2019 von Matteo Renzi gegründet, nachdem dieser unter Protest aus der Partito Democratico ausgestiegen war.
epa09683728 Former Italian Prime Minister and Italia Viva party leader Matteo Renzi attends the televised talk show Porta a Porta (Door to Door) in Rome, Italy, 13 January 2022. EPA/MASSIMO PERCOSSI
Bild: keystone

Weitere Parteien sind Alleanza Verdi e Sinistra, Noi moderati, Italexit, Più Europa und Impegno Civico.

In welchen Bündnissen schliessen sie sich zusammen?

Das italienische Wahlsystem ist extrem kompliziert. Es gibt in beiden Kammern eine Mischung aus Mehrheits- und Verhältniswahlrecht. Mit halb offenen und halb geschlossenen Listen. Dieses allgemein unbeliebte Wahlsystem begünstigt Allianzen und bestraft Alleingänge, weshalb es für die Parteien Sinn ergibt, sich in Bündnissen zusammenzuschliessen.

Entstanden sind insbesondere zwei grosse Bündnisse: das Mitte-Links-Bündnis mit dem Partito Democratico, der Alleanza Verdi e Sinistra, Più Europa und Impegno Civico. Und das Mitte-Rechts-Bündnis mit den Fratelli d'Italia, der Lega, Forza Italia und Noi Moderati.

FILE �?? From left, Silvio Berlusconi, Giorgia Meloni and Matteo Salvini address a rally in Rome, Saturday, Oct. 19, 2019. With God, homeland and "natural" family prominent in her political  ...
Treten an, um Italien nach rechts zu kippen: Berlusconi, Meloni und Salvini.Bild: keystone

Wer gilt als Favoritin?

Die postfaschistische Fratelli d'Italia von Giorgia Meloni und die Partito Democratico von Enrico Letta sind aktuellen Umfragen zufolge die stärksten Einzelparteien und liegen ungefähr gleichauf. Allerdings sind die zusammengerechneten Prozentwerte des Mitte-rechts-Lagers viel höher als jene von Mitte-links. Gemeinsam kommen sie auf Werte von 45 bis 49 Prozent der Stimmen.

epa06539392 Right-wing party Brothers of Italy (Fratelli d'Italia) leader Giorgia Meloni in front of an electoral logo during a meeting with her supporters in Rome, Italy, 18 February 2018. The I ...
Das Logo von Melonis Partei, die grün-weiss-rot lodernde Flamme auf einem schwarzen Strich, steht für den Geist Mussolinis, der aus seinem stilisierten Sarg strömt.Bild: EPA/ANSA

100 Jahre nach der Machtergreifung der Faschisten unter Benito Mussolini hat die rechtsextreme Giorgia Meloni nun also gute Chancen, die erste Ministerpräsidentin Italiens zu werden. Die 45-Jährige macht keinen Hehl aus ihren nationalistischen Überzeugungen. Sie wettert gegen Migranten, gegen die LGBTIQ-Community oder die «Islamisierung der christlichen Identität». Viele ihrer Anhänger zeigen gerne den faschistischen Gruss. Ihre Fratelli d'Italia scheut sich auch nicht, mit militanten rechtsextremen Organisationen zusammenzuarbeiten.

Was ist an der kommenden Wahl speziell?

Zum einen gelten die italienischen Wahlen in Europa als besonders wichtig. Als drittgrösste Volkswirtschaft der EU und fünftgrösster Truppensteller der Nato kommt Italien eine tragende Rolle in Zeiten von Ukrainekrieg und Energiekrise zu. Weil das Mitte-rechts-Bündnis Fratelli d'Italia gute Aussichten hat, die Regierung zu stellen, könnte dies bedeuten, dass in Italien bald eine russland- und putinfreundliche Gruppe an die Macht kommt. Denn Meloni, aber auch Salvini, arbeitet auf europäischer Ebene bisher gerne mit den rechtskonservativen Regierungsparteien in Polen und Ungarn zusammen, die sich EU-kritisch und moskaufreundlich positionieren.

Auch speziell ist, dass nach einer Verfassungsänderung die Zahl der Mitglieder im Parlament bei den jetzigen Wahlen deutlich reduziert wird. In der Abgeordnetenkammer von 630 auf 400 Personen und im Senat von 315 auf 200 Mitglieder.

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151 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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P.Rediger
28.08.2022 14:16registriert März 2018
Ist einfach unglaublich, dass es wieder eine Mehrheit für Fasschisten gibt. Die Menschen scheinen wirklich nicht lernfähig zu sein.
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Lowend
28.08.2022 14:22registriert Februar 2014
Die Saat des Moskauer Massenmörders geht auf.
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The What?
28.08.2022 14:08registriert August 2022
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