Der Chef der EU-Grenzschutzagentur Frontex rechnet damit, dass weiterhin viele Menschen versuchen werden, über die türkisch-griechische Grenze in die EU zu gelangen. Dies erklärte er in Interviews mit mehreren Zeitungen.
Zwar habe sich die Lage an der Grenze etwas entspannt, «der Migrationsdruck und die Anzahl von schutzbedürftigen Menschen» blieben aber hoch, sagte Fabrice Leggeri den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitagsausgabe) und der französischen Zeitung «Ouest-France».
Auf dem Höhepunkt Anfang März seien rund 20'000 Menschen an der türkisch-griechischen Grenze gewesen. Jetzt seien es nur noch wenige tausend Menschen. «Vor ein paar Tagen sind viele Migranten wieder nach Istanbul gefahren», sagte der Frontex-Direktor.
Leggeri sprach zudem von «vielen Krawallmachern, die zum Beispiel Tränengas von der türkischen Seite auf die griechische Polizei abfeuern». An den gewaltsamen Ausschreitungen seien «etliche Afghanen» beteiligt gewesen, weniger syrische Flüchtlinge. «Eine derartige Eskalation haben wir noch nie erlebt», sagte Leggeri.
Am Übergang von Kastanies/Pazarkule kam es am Donnerstagabend erneut zu Zwischenfällen. Rund 300 vor allem jugendliche Migranten haben versucht, den Grenzzaun auf griechischer Seite niederzureissen. Die Lage habe sich aber schnell beruhigt, berichteten Reporter vor Ort und der staatliche griechische Rundfunk am Freitag.
Erneut wurde Tränengas eingesetzt. «Und zwar auf beiden Seiten», sagte ein Offizier der Polizei aus der Regionalhauptstadt Alexandroupoli. Türkische Polizisten schleuderten demnach Tränengasgranaten auf die griechische Seite, um den Migranten zu helfen, den Zaun zu überwinden, wies es in den Berichten hiess. Die griechischen Beamten setzten den Angaben zufolge starke Ventilatoren ein, um die Tränengas- und Rauchschwaden zurück in Richtung türkisches Territorium zu treiben. Auch sie setzten Tränengas ein.
Der Frontex-Chef sieht die EU aber gut gerüstet. «Als Griechenland angesichts der Eskalation an der Grenze vor zwei Wochen Frontex um Hilfe gebeten hat, haben wir zusätzlich zu den bereits vorhandenen 500 Grenzbeamten 250 Kräfte in einem Kriseneinsatz entsandt», sagte Leggeri. Alle hätten die Lektion aus der Flüchtlingskrise von 2015 gelernt. Die nationalen Grenzschutzbehörden, aber auch Frontex seien heute viel besser aufgestellt: Frontex verfüge aktuell über 1200 Grenzbeamte und Küstenwächter, 2015 seien es nur gut 300 gewesen.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte Ende Februar die Grenzen seines Landes zur EU für geöffnet erklärt. Daraufhin kam es zu einem starken Flüchtlingsandrang an der türkisch-griechischen Grenze. Griechische Behörden hielten die Grenzen geschlossen und drängten die Menschen teilweise unter Einsatz von Tränengas zurück. (sda/afp/dpa)