Das Datum steht: Vor seinem Amtssitz in der Downing Street 10 kündigte Premierminister David Cameron an, er werde dem Parlament vorschlagen, die Briten am 23. Juni in einem Referendum darüber entscheiden zu lassen, ob Grossbritannien in der EU bleiben oder austreten soll. Cameron sprach von einer der «wichtigsten Entscheidungen unserer Generation».
Umfragen zufolge ist der Ausgang der Abstimmung noch vollkommen offen. Grundlage für die Entscheidung sollen die Zugeständnisse sein, die Cameron beim EU-Gipfel in Brüssel den Europäern abgerungen hat. Am Samstagvormittag hatte der Premier seine Minister über den Kompromiss informiert.
Das britische Kabinett war dafür zum ersten Mal seit dem Falkland-Krieg vor mehr als 30 Jahren wieder an einem Samstag zu einer Sondersitzung zusammengetroffen.
In jedem Fall werden die Frontlinien jetzt klarer: Nach der Kabinetts-Sondersitzung in London beginnen die Kampagnen der Brexit-Befürworter und -Gegner. Die Minister dürfen sich dann offen äussern, wo sie stehen.
Der Sender BBC geht davon aus, dass sich fünf Minister gegen Cameron stellen und für einen EU-Austritt kämpfen wollen. Darunter sei auch Justizminister Michael Gove, ein enger Vertrauter Camerons. Etwa ein Fünftel der Tory-Abgeordneten seien für einen Austritt, schätzen britische Medien. Kommende Woche wird sich auch das Parlament mit der EU-Frage beschäftigen.
Der EU-Gipfel war nach zähen Ringen am späten Freitagabend mit weitgehenden Zugeständnissen an die Regierung in London zu Ende gegangen. Mit dem einstimmig beschlossenen Reformprojekt wollen die EU-Länder einen Austritt Grossbritanniens verhindern. Vor allem die Vereinbarung, dass EU-Zuwanderer zeitweise weniger Sozialleistungen bekommen sollen, stand einer Einigung lange im Weg.
«Die Einigung ist gut, die Einigung ist juristisch solide, die Einigung ist in hohem Masse ausgeglichen», bilanzierte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker nach dem zweitägigen Verhandlungsmarathon.
Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüsste die Abmachung. «Man kann das schon einen Kraftakt nennen, den wir hier aufbringen mussten.» Manche Kompromisse seien ihr nicht leicht gefallen. Das gelte vor allem für das Ziel einer "immer engeren Union", von dem sich London nun verabschiedet hat. Mit Blick auf das Referendum sagte die Kanzlerin: «Nun wünsche ich David Cameron das Allerbeste.»
(otr/nck/dpa)