Nach dem historischen Erfolg der pro-irischen Partei Sinn Fein bei der Parlamentswahl in Nordirland steigt der Druck auf die Protestantenpartei DUP, ihre Blockadehaltung bei der Bildung einer Einheitsregierung zu beenden.
Mahnungen zu einer raschen Regierungsbildung kamen aus London, Dublin und Washington. Grossbritanniens Nordirland-Minister Brandon Lewis traf sich am Montag in Belfast mit Vertretern der wichtigsten Parteien der zum Vereinigten Königreich gehörenden Provinz.
Die Menschen in dem Landesteil verdienten eine stabile Regierung, sagt Lewis. Er betonte: «Wir müssen die offenen Fragen im Zusammenhang mit dem Nordirland-Protokoll angehen, und wir wollen das im Einvernehmen mit der EU tun.» Zugleich drohte Lewis erneut damit, London könne die Abmachung mit Brüssel aussetzen.
Der irische Premierminister Micheal Martin warnte die DUP am Montag, sie werde weiter an Unterstützung in der Bevölkerung verlieren, sollte sie sich nicht den drängendsten Themen wie etwa den steigenden Lebenshaltungskosten annehmen.
Das Ergebnis der Wahl vom Donnerstag gilt als historisch: Mit Sinn Fein als stärkster Kraft steht erstmals einer Partei das Amt der Regierungschefin zu, die sich für die Loslösung Nordirlands von Grossbritannien und eine Vereinigung mit der Republik Irland einsetzt.
Eine schnelle Regierungsbildung ist allerdings nicht in Sicht. Laut dem als Karfreitagsabkommen bekannten Friedensschluss von 1998 müssen sich die jeweils stärksten Parteien der beiden konfessionellen Gruppen in der früheren Bürgerkriegsregion auf eine Einheitsregierung einigen, andernfalls droht die politische Lähmung.
Doch genau das zeichnet sich ab, denn es gibt Streit um den Brexit-Sonderstatus des Landesteils. Die DUP will der Einheitsregierung mit der katholisch-republikanischen Sinn Fein nur zustimmen, falls die als Nordirland-Protokoll bezeichnete Vereinbarung im Brexit-Abkommen ausser Kraft gesetzt wird.
Das Nordirland-Protokoll soll Kontrollen an der Grenze zum EU-Mitglied Republik Irland vermeiden und so neue Konflikte verhindern. Dafür müssen nun aber Waren kontrolliert werden, wenn sie von Grossbritannien nach Nordirland gebracht werden. Anhänger der Union fürchten, dass dies zu einer Entfremdung führt. Eine Mehrheit der neu gewählten nordirischen Abgeordneten unterstützt die Vereinbarung mit der EU aber. (aeg/sda/dpa)