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Trotz Brexit: Briten verlieren Kontrolle über Migration

epa12242453 Migrants carry a little girl onboard an inflatable dinghy boat to cross the English Channel, in Gravelines, northern France, 17 July 2025. On July 10, 2025, during President Macron's  ...
Gefährliche Route: Per Boot versuchen Migranten, von Frankreich nach Grossbritannien zu gelangen.Bild: EPA

Trotz Brexit: Briten verlieren Kontrolle über Migration

Mehr Menschen als je zuvor überqueren den Ärmelkanal, Asylgesuche erreichen Rekordhöhe und das Land ächzt unter wachsendem Druck: Fünf Jahre nach dem Brexit ist Grossbritannien die Kontrolle über seine Migrationspolitik entglitten – im legalen wie im illegalen Bereich.
09.09.2025, 18:1509.09.2025, 18:15
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epa12243160 A picture taken with a drone shows small boats, which were used by migrants crossing the English Channel, stored at a UK Home Office facility in Dover, Kent, Britain, 17 July 2025. The Bri ...
Von Migranten genutzte Boote in einer Einrichtung des britischen Innenministeriums in Dover, Juli 2025.Bild: EPA

Allein am Samstag erreichten mehr als 1000 Migranten in kleinen Booten von Frankreich aus Grossbritannien. Seit Jahresbeginn haben nach Angaben des Innenministeriums über 30'000 Menschen den Ärmelkanal überquert – rund 40 Prozent mehr als im Vorjahr und so viele wie nie zuvor zu dieser Zeit. 2025 könnte ein Rekordjahr werden.

Auch die Asylgesuche schnellen hoch: In den zwölf Monaten bis Juni registrierte London 111'084 Anträge – ein Plus von 14 Prozent. Damit dürfte der bisherige Höchststand von 2024 nochmals übertroffen werden.

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Rechte Demonstranten vor einem Hotel mit Asylsuchenden in London, August 2025.Bild: EPA

Legale Migration ausser Kontrolle

Doch nicht nur irreguläre Migration sorgt für Druck. Zwischen 2022 und 2024 wanderten laut «Telegraph» mehr Menschen legal nach Grossbritannien ein als in die fünfmal so grossen USA. Seit 2021 kamen insgesamt 4,5 Millionen Menschen ins Land – rund vier Prozent der Bevölkerung.

Das rapide Wachstum überfordert Gesundheitssystem und Wohnungsmarkt. Ein Experte spricht vom stärksten Bevölkerungsanstieg seit 200 Jahren ausserhalb von Kriegszeiten.

Johnsons Reform und ihre Folgen

Ursache ist auch die von Ex-Premier Boris Johnson eingeführte Migrationsreform. Mit einem Punktesystem sollten qualifizierte Fachkräfte nach dem Brexit angeworben werden. Tatsächlich kamen vor allem gering qualifizierte Arbeiter aus Indien, Pakistan oder Nigeria – oft mit Familien. Die Zahl hochqualifizierter Zuwanderer sank hingegen.

epa11745589 Britain's Prime Minister Keir Starmer holds a press conference on migration in Downing Street in London, Britain, 28 November 2024. According to the Office for National Statistics (ON ...
Premier Keir Starmer bei einer Pressekonferenz zur Migration in der Downing Street, London.Bild: EPA POOL

Politische Folgen

Die Konservativen verloren 2024 die Macht, doch auch Labour unter Premier Keir Starmer findet keine Lösung. Nun sollen Asylsuchende vermehrt in ehemaligen Kasernen statt in Hotels untergebracht werden. Innenministerin Shabana Mahmood kündigte «sofortige Massnahmen» an.

In den Umfragen liegt die rechtspopulistische Partei «Reform UK» von Nigel Farage deutlich vorn. Er spricht von einer «Invasion» und treibt die etablierten Parteien vor sich her. Medien in London verweisen inzwischen ausgerechnet auf Deutschland – dessen Asylpolitik einst als Schreckensbild im Brexit-Kampf diente – als mögliches Vorbild für Rückführungsabkommen.

Britain's Reform UK party leader Nigel Farage is interviewed by Associated Press at their headquarters in Clacton-On-Sea, Essex, England, Friday, June 21, 2024. (AP Photo/Kirsty Wigglesworth)
Nigel Farage: Mit «Reform UK» liegt er in Umfragen klar vorn und macht Migration zum Top-Thema.Bild: AP
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Die Ziele des Uno-Migrationspakts
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Auf der Suche nach Frieden und einem besseren Leben verlassen immer mehr Menschen weltweit ihre Heimat. Mit dem «Globalen Pakt für Migration» legten die Vereinten Nationen im Sommer 2018 erstmals Grundsätze für den Umgang mit Flüchtlingen fest. Daraus neun Ziele:
quelle: epa/efe / esteban biba
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Sie wollen die Migration Richtung Europa stoppen
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203 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Posersalami
09.09.2025 18:28registriert September 2016
„Ursache ist auch die von Ex-Premier Boris Johnson eingeführte Migrationsreform“

Man verzeihe mir den Sarkasmus, aber noch nie gab es einen so klaren „geliefert wie bestellt“ Moment. :D

Lustig das fast alles, was die Gegner des Brexit angeführt haben, mehr oder weniger eingetroffen ist.
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R. Klärer
09.09.2025 19:12registriert Oktober 2017
Schadenfreude ist fehl am Platz. Ganz Westeuropa läuft in diesem Bereich in riesige Probleme rein, nicht nur UK. Wer auf dem sinkenden Schiff nichts tut als sich darüber zu amüsieren, dass ein anderer noch schneller absäuft, ist am Schluss trotzdem tot.
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John H.
09.09.2025 19:16registriert April 2019
"In den Umfragen liegt die rechtspopulistische Partei «Reform UK» von Nigel Farage deutlich vorn."
Haha, "Es ist dumm, immer dasselbe zu tun und ein anderes Ergebnis zu erwarten."
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