Briten lassen Hunderte Häftlinge fälschlicherweise frei – das sind die Gründe
In England wurden in der vergangenen Woche zwei Straftäter versehentlich freigelassen. Aufgrund von Systemfehlern wurden die beiden Straftäter anstelle eigentlich zur Entlassung vorgesehener Häftlinge aus den Haftanstalten entlassen. Es handelte sich um eine Vertauschung der Insassen.
Es sind keine Einzelfälle. Von März 2024 bis März 2025 wurden in Grossbritannien insgesamt 262 falsche Häftlinge aus Justizanstalten entlassen. Dies sind rund 130 Prozent mehr als in den 12 Monaten zuvor. Das steckt dahinter:
Wie sind solche falschen Entlassungen möglich?
Ein Grossteil der Verantwortung für die Entlassung der Häftlinge liegt beim Justizministerium Grossbritanniens. Dieses ist für die korrekten Strafvollzüge und Entlassungen von rund 87'000 verurteilten Gefängnisinsassen im ganzen Land zuständig.
Insgesamt haben in den Gefängnissen 89'383 Insassen Platz – die Auslastung ist also sehr hoch.
Im September 2024 führte die britische Regierung ein Notfallprogramm ein, das bei der Entlastung der überfüllten Gefängnisse helfen sollte. Im Rahmen dieses Programms wurden 37 Häftlinge fälschlicherweise freigelassen. Dies berichtet The Guardian.
Grund dafür war ein fehlerhaftes Computersystem. Das System sollte eigentlich die Ein- und Austrittsdaten der Inhaftierten, basierend auf ihrer Haftstrafe, automatisch berechnen. Da dies nicht wie geplant funktionierte, mussten die Gefängnisangestellten die Daten per Taschenrechner nachrechnen.
Untersuchungshaft
In Grossbritannien sitzen rund 20 Prozent der Inhaftierten in einer Untersuchungshaft. Sie werden regelmässig an Gerichtstermine und somit zwischen verschiedenen Gefängnissen hin und her gebracht.
Es gebe zunehmend Beschwerden von Justizbeamten, dass Haftbefehle während der Transporte verloren gingen oder verlegt würden. Ohne einen vorhandenen Haftbefehl haben die Beamten kein Recht, Gefangene weiterhin in Gewahrsam zu halten.
Mitarbeitermangel
Hinzu kommt, dass in den Gefängnissen ein Mangel und eine hohe Fluktuation an Mitarbeitern herrschen. Beamte müssen dadurch eine hohe Anzahl Häftlinge betreuen. Britische Medien berichten von überarbeiteten Gefängnismitarbeitern und Systemen, die nicht funktionieren und Lücken haben. Und Prozesse, die anstatt von einem Laptop auf Stift und Papier abgehandelt werden müssen. Somit würden Fehler unvermeidbar.
Auch wird Kritik an der Regierung und dem Justizsystem angebracht. Anstatt das System zu überdenken und neu aufzurollen, dass es in der Zukunft funktioniert, würde es nur geflickt, sodass man in kürzester Zeit wieder vor denselben Hürden stehe.
Weshalb wurden die falschen Häftlinge freigelassen?
In den Fällen der in den letzten zehn Tagen versehentlich freigelassenen Täter sei ein Systemfehler in Kombination mit der Überlastung der Beamten der Auslöser gewesen.
Die britischen Behörden haben im Zusammenhang dieser beiden Fälle und dem grossen medialen Aufsehen, welche diese erhalten haben, eine unabhängige Untersuchung angeordnet.
Was wird dagegen getan?
Der stellvertretende britische Premierminister David Lammy äusserte sich nach den zwei vergangenen irrtümlichen Freilassungen. Lammy sagte, jede falsche Freilassung sei eine zu viel. Hinzu fügte er, dass er sofortige Massnahmen ergriffen habe, um die strengsten Freilassungskontrollen aller Zeiten einzuführen.
Diese würden beinhalten, dass künftig ein Gefängnisdirektor anwesend sein müsse, wenn Häftlinge vorzeitig entlassen werden. Zudem würde eine Checkliste eingeführt, worauf die Direktion bestätigen müsse, dass alle Schritte vor der Freilassung befolgt wurden.
Immerhin: Ein irrtümlich freigelassener Insasse kehrte nach drei Tagen freiwillig ins Gefängnis zurück. Der Mann war laut der britischen Daily Mail am Montag aus der Haft entlassen worden.
