Die USA wollen im Nahen Osten engagiert bleiben und den Einfluss von China, Russland und dem Iran in der Region zurückdrängen. «Lassen Sie mich klar sagen, dass die Vereinigten Staaten ein aktiver, engagierter Partner im Nahen Osten bleiben werden», sagte US-Präsident Joe Biden am Samstag beim Gipfel des Golf-Kooperationsrats in Dschidda in Saudi-Arabien. «Wir werden nicht weggehen und ein Vakuum hinterlassen, das von China, Russland oder dem Iran ausgefüllt wird.» Biden betonte: «Die Vereinigten Staaten investieren in eine positive Zukunft in der Region, in Partnerschaft mit Ihnen allen, und die Vereinigten Staaten gehen nirgendwo hin.»
Biden nahm zum Abschluss seiner ersten Nahost-Reise als US-Präsident an dem Gipfel teil. Der Rat ist das wichtigste politische und wirtschaftliche Bündnis am Golf. Mitglieder sind Bahrain, Katar, Kuwait, der Oman, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) sowie Saudi-Arabien, das in der Gruppe eine beherrschende Stellung einnimmt. Am Samstag traf sich der Rat im erweiterten Format (GCC+3), weshalb auch der irakische Ministerpräsident Mustafa al-Kasimi, Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi und Jordaniens König Abdullah II. teilnahmen.
Biden betonte erneut, dass die USA dem Iran keine Atomwaffe erlauben würden. «Während wir weiterhin eng mit vielen von Ihnen zusammenarbeiten, um den Bedrohungen entgegenzuwirken, die der Iran für die Region darstellt, bemühen wir uns auch um Diplomatie, um das iranische Atomprogramm wieder einzuschränken», sagte Biden. Er bezog sich auf die US-Bemühungen, das Atomabkommen mit dem Iran wiederzubeleben. Biden sagte weiter: «Aber was auch immer geschieht, die Vereinigten Staaten sind entschlossen, dafür zu sorgen, dass der Iran niemals eine Atomwaffe erhält.»
Unter anderem Saudi-Arabien empfindet den Erzfeind Iran als grosse Bedrohung in der Region. Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman rief Teheran bei Eröffnung des Gipfels dazu auf, sich «Prinzipien internationaler Rechtmässigkeit» zu verpflichten und sich nicht in «interne Angelegenheiten anderer Staaten» einzumischen. «Wir laden den Iran als Nachbarstaat dazu ein, mit den Ländern der Region zusammenzuarbeiten und Teil dieser Vision zu sein.» Dazu gehöre auch die Zusammenarbeit mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA).
Biden verwies auch auf den Wandel im Nahen Osten. Er sei der erste US-Präsident seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001, der die Region besuche, ohne dass US-Truppen dort in Kampfeinsätze verwickelt wären, sagte er. Die Region sei vereinter denn je. Frühere Rivalen hätten diplomatische und wirtschaftliche Beziehungen aufgenommen. Biden dürfte sich auch auf die sogenannten Abraham-Abkommen bezogen haben, in deren Rahmen mehrere arabische Staaten ihre Beziehungen zu Israel normalisiert haben. Saudi-Arabien hat sich nicht angeschlossen, bei Bidens Besuch aber die Öffnung des Luftraums für Flüge von und nach Israel angekündigt.
Biden sicherte den Schutz der internationalen Schifffahrt im Nahen Osten durch die USA zu. «Die USA werden keinen ausländischen und regionalen Mächten erlauben, die Freiheit der Schifffahrt durch Wasserwege im Nahen Osten zu gefährden», sagte er. Der freie Warenverkehr auch durch die Meerenge Bab al-Mandab und die Strasse von Hormus seien «Lebenselixier». Die USA würden keine Bemühungen eines Landes hinnehmen, andere Staaten in der Region zu beherrschen.
Die Äusserungen waren ein Verweis auf den Iran, den unter anderem Erzfeind Saudi-Arabien als Bedrohung empfindet. Der Konflikt mit dem Iran wurde zuvor auch auf internationalen Schifffahrtswegen ausgetragen. Dabei kam es zu mehreren Zwischenfällen, vor allem in der Strasse von Hormus, die zwischen dem Persischen Golf und dem Golf von Oman liegt. Sie zählt zu den wichtigsten Schifffahrtsrouten weltweit. Die USA hatten den Iran für diverse Attacken auf Handelsschiffe in dem Seegebiet verantwortlich gemacht, was Teheran bestritt. Auch der Bab al-Mandab ist ein strategisches Nadelöhr für den Seehandel.
Zuvor hatte Biden viel Kritik für seine Reise nach Saudi-Arabien einstecken müssen. US-Geheimdienste sehen Kronprinz Mohammed bin Salman hinter dem Mord an dem Regierungskritiker Jamal Khashoggi. Der in den USA lebende Journalist Khashoggi war 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul von einem Killerkommando getötet worden.
Biden hatte am Freitagabend erklärt, er habe den Mord beim Treffen mit dem Kronprinzen «glasklar» angesprochen – dieser habe jedoch jede Verantwortung zurückgewiesen. «Er sagte im Grunde, dass er nicht persönlich dafür verantwortlich sei. Ich deutete an, dass ich glaube, er ist es», sagte Biden.
Im Streit um die Ermordung Khashoggis warnte die Regierung Saudi-Arabiens die USA vor Einmischung. «Ein Aufzwingen von Werten ist kontraproduktiv», zitierte der von Saudi-Arabien finanzierte Nachrichtenkanal Al-Arabija einen Regierungsvertreter am Samstag. Kronprinz Mohammed bin Salman habe US-Präsident Joe Biden bei deren Treffen am Freitagabend versichert, dass das Königreich «im Khashoggi-Vorfall die nötigen Schritte unternommen hat».
Biden hatte am Rande des Gipfels mehrere bilaterale Treffen mit Staats- und Regierungschefs arabischer Staaten. Er wollte noch am Samstag zurück nach Washington reisen. Biden war zuvor in Israel und im Westjordanland gewesen. Als US-Präsident war der 79-Jährige zum ersten Mal im Nahen Osten. Insgesamt war es für den Langzeit-Politiker aber bereits die zehnte Reise in die Region. (saw/sda/dpa)
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