Morgen ist der 25. Schahriwar. Es ist das Datum des persischen Kalenders, das dem 16. September entspricht. Viele Iranerinnen und Iraner fiebern seit Monaten diesem Tag entgegen. Denn am 25. Schahriwar letzten Jahres wurde die junge iranische Kurdin Jina Mahsa Amini von iranischen «Sicherheitskräften» getötet.
Sie war in Teheran wegen eines angeblichen Verstosses gegen die Kleidervorschriften der Islamischen Republik festgenommen worden. Nach ihrem «Tod in Polizeigewahrsam» ging es nicht lange, bis in Iran Tausende aus Protest auf die Strasse gingen. Zunächst ging es um die Kopftuchpflicht, doch bald schon wurde deutlich, dass es der Protestbewegung um deutlich mehr ging: ein Ende der Islamischen Republik.
Inzwischen hat sich vor allem kulturell in Iran einiges getan. Wurde die neue Protestbewegung schnell als erste von Frauen angeführte Revolution in der Geschichte bezeichnet, so sind es jetzt auch in erster Linie Frauen, die das Regime mit mutigen Aktionen herausfordern.
Der zivile Widerstand im Iran hat trotz Abflauen der Straßendemonstrationen nicht aufgehört. Vielen Dank für die Einladung ins Studio!#FrauLebenFreiheit https://t.co/tgauqm9oJV
— Shoura Hashemi (@ShouraHashemi) September 15, 2023
Eine junge Frau spaziert ohne Kopftuch und bauchfrei mitten in Teheran, ihre Jeans sind zerrissen. Ein unverheiratetes Paar hält in aller Öffentlichkeit Händchen. Eine weitere Frau hat für die Sittenpolizei, die ihr sagt, sie solle ein Kopftuch tragen, nicht viel mehr übrig als ein: «Leckt mich doch!» Diese Szenen wurden einer BBC-Journalistin von verschiedenen Personen aus Teheran berichtet.
Ein westlicher Diplomat schätzt, dass überall in Iran nun etwa 20 Prozent der Frauen sich ohne Kopftuch in der Öffentlichkeit zeigen und damit gegen das Gesetz der Islamischen Republik verstossen. Im reichen Norden Teherans sei der Anteil noch höher. Eine junge Frau erzählt der BBC:
Doch sie sei nicht leichtsinnig.
Sie kenne Frauen, die nach ihrer Verhaftung vergewaltigt worden seien – und eine Frau habe als Strafe Leichen waschen müssen.
Auf den Strassen geht der Protest weiter. Männer solidarisieren sich mit den Frauen und tragen etwa Tanktops oder Shorts, was ebenfalls verboten ist. Einzelne Männer tragen sogar Kopftücher, um die Kleidervorschrift lächerlich zu machen. Graffitis mit dem Namen von Jina Mahsa Amini oder dem Protestslogan «Frau, Leben, Freiheit» tauchen immer wieder auf.
25 Shahrivar ! #Mahsa_Amini #IranRevoIution pic.twitter.com/lToLJAzJrB
— Tina Molaie (@tina_molaie) September 8, 2023
In den sozialen Medien wird währenddessen seit Wochen dazu aufgerufen, zu Hunderttausenden am morgigen Jahrestag auf die Strasse zu gehen. Jede und jeder solle sich trauen. Das Ziel ist, eine Million mit demselben Ziel des Sturzes der Islamischen Republik auf die Strasse zu bekommen.
Die machte mich so traurig, dass ich dem optimistischen Ton dieses Artikels fast nicht glauben kann…
Viel Mut und Kraft den Iraner*innen!