Am Sonntag stürzte ein Helikopter im Nordwesten des Irans ins bergige Gelände. Keiner der Insassen überlebte das Unglück. Mit an Bord war Präsident Ebrahim Raisi, der nahe der Grenze zu Aserbaidschan auf Staatsbesuch war. Wer war der Mann, der sich einen Namen als «Schlächter von Teheran» machte?
Raisi war seit 2021 Präsident der Islamischen Republik. Er galt als strenggläubiger Hardliner und möglicher Nachfolger des religiösen Führers Ajatollah Ali Chamenei, der das höchste politische und religiöse Amt im Iran innehat. Raisi selber hielt sich für einen direkten Nachfahren Mohammeds, dem islamischen Propheten.
Als Khameneis Schützling stieg der 63-Jährige schnell auf. Zu Beginn seiner Karriere war Raisi als Staatsanwalt in verschiedenen Städten tätig. Ihm wird nachgesagt, er habe im Jahr 1988 - damals war er stellvertretender Generalstaatsanwalt - die Hinrichtung Tausender politischer Gefangener angeordnet, was ihm den Namen «Der Schlächter von Teheran» einbrachte.
Die genaue Zahl wurde nie bestätigt. Amnesty International geht von mindestens 5000 Menschen aus. Fünf Jahre später verhängten die USA wegen Menschenrechtsverletzungen Sanktionen gegen Raisi. 2019 wurde er zum Justizchef des Regimes ernannt.
Wie sein Mentor war auch Raisi dem Westen gegenüber sehr misstrauisch eingestellt. So ordnete der Präsident die Ausweitung der Milizen-Armee an. Heute hat der Iran militante Stellvertreter - wie die Huthis in Jemen oder die Hisbollah im Libanon - im gesamten Nahen Osten. Unter iranischer Führung greifen die Milizen Israel regelmässig an. Mitte April feuerte der Iran 300 Drohnen, Raketen und Marschflugkörpern in Richtung Israel. Der Angriff scheiterte jedoch grösstenteils. Praktisch alle Geschosse konnten abgefangen werden.
Raisi hat das Atomprogramm des Landes vorangetrieben und vertrat die harte Linie des Iran in den inzwischen gescheiterten Verhandlungen zur Wiederbelebung des Atomabkommens aus dem Jahr 2015. Aus diesem hatten sich die USA unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump zurückgezogen.
Die Präsidentschaft Raisis war aber auch geprägt von einer angeschlagenen Wirtschaft und hoher Arbeitslosigkeit, die unter anderem durch internationale Sanktionen und Misswirtschaft ausgelöst wurden. Der Umschwung gelang ihm nicht.
Im Jahr 2022 - also nur ein Jahr nach Raisis Wahl - erlebte das Land zudem einige der grössten Anti-Regime-Proteste seit der Islamischen Revolution im Jahr 1979. Grund dafür war der Tod der jungen Iranerin Mahsa Amini. Die Sittenpolizei hatte sie wegen angeblicher Verstösse gegen die kürzlich verschärften Kleidervorschriften festgenommen. Hunderte Menschen starben gemäss Menschenrechtsgruppen bei den Demonstrationen, die das Mullah-Regime brutal niederschlug.
Dabei war auch der Präsident einst ein Demonstrant. Während der Revolution 1979 war Raisi – damals ein junger Student – mit auf der Strasse, um gegen den vom Westen unterstützten Schah zu demonstrieren. (aargauerzeitung.ch)