Nach der Entführung von etwa 2000 Zivilisten im nordsyrischen Manbidsch hat die Terrormiliz «Islamischer Staat» (IS) hunderte Geiseln freigelassen. Wie die den Rebellen nahestehende Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) sowie Kämpfer der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) zudem am Samstag erklärten, wurde der «IS» vollständig aus Manbidsch vertrieben.
Nach wochenlangen erbitterten Kämpfen hatten die SDF, ein kurdisch-arabisches Bündnis, Manbidsch Anfang August erobert und die meisten Dschihadisten aus der Stadt vertrieben. Einige wenige Kämpfer leisteten Widerstand – sie nahmen am Freitag bei ihrem Rückzug aus Manbidsch in Richtung Dscharablus nach Angaben von Rebellen und Aktivisten 2000 Zivilisten als Geiseln.
Viele der Zivilisten seien von den «IS»-Kämpfern als menschliche Schutzschilde missbraucht worden, um etwa Angriffen zu entgehen, erklärte der Leiter der in Grossbritannien arbeitenden Beobachtungsstelle, Rami Abdel Rahman. Andere seien aber auch «freiwillig aus Angst vor Repressalien» seitens der SDF-Allianz mitgegangen.
Mehrere hundert seien «nun wieder in Freiheit», erklärte die Organisation. Aus dem Umfeld der arabisch-kurdischen Allianz hiess es, einige Zivilisten hätten fliehen können, andere seien freigelassen worden.
Ob alle 2000 Zivilisten wieder frei waren, blieb am Samstag unklar. Die Angaben der in Syrien breit vernetzten SOHR sind nur schwer überprüfbar.
Manbidsch selbst wurde von der Beobachtungsstelle sowie der SDF-Allianz für befreit erklärt. «Es gibt keinen IS-Kämpfer mehr», hiess es von Seiten der SDF. Auch die Beobachtungsstelle erklärte, in Manbidsch seien «weder Dschihadisten noch Partisanen der Gruppe».
Der im irakischen Erbil stationierte Sender Kurdistan24 zeigte Bilder von jubelnden Zivilisten in Manbidsch. Frauen im Nikab umarmten kurdische Kämpfer, andere warfen ihre Schleier weg und trugen lächelnd ihre Babys im Arm.
Vor der Kamera verbrannte eine Frau ein langes schwarzes Kleid, das ihr von den Dschihadisten aufgezwungen worden war. Einige Männer schnitten sich mit Scheren den langen Bart ab, den sie unter dem «IS» tragen mussten.
Ein kurdischer Kämpfer berichtete, der Kampf um Manbidsch sei «sehr hart» gewesen und der «IS» habe die Stadt vermint. Ein SDF-Kämpfer habe am Freitag ein Haus betreten und einen Schuh auf einem Koran entdeckt – was im Islam als Beleidigung gilt. «Als er ihn heruntergenommen hat, gab es eine Explosion und er wurde getötet.»
Der Kampf um Syrien konzentriert sich auch auf die Metropole Aleppo, die zwischen Regierungstruppen und Aufständischen geteilt ist. Der deutsche Aussenminister Frank-Walter Steinmeier sprach sich in der «Welt am Sonntag» für eine Luftbrücke zugunsten der dort Not leidenden Menschen aus. Die Bundesregierung sei mit der UNO, den USA und mit Russland darüber im Gespräch, wie die so dringlich gebotene humanitäre Hilfe nach Aleppo geliefert werden könne, sagte er.
Sollten beide Teile Aleppos auf dem Landweg weiterhin nur unzureichend versorgt werden können, «sollten wir auch die Möglichkeit von Hilfe aus der Luft prüfen, vor allem bei medizinischen Gütern», sagte Steinmeier. (wst/sda/afp)