Mit einem landesweiten «Tag der Störung» haben am Donnerstag in Israel Tausende Menschen gegen die geplante Justizreform der rechts-religiösen Regierung protestiert und in zahlreichen Städten gab es Kundgebungen.
In der Küstenstadt Tel Aviv schwenkten Demonstranten blau-weisse Nationalflaggen und blockierten die Schnellstrasse nach Jerusalem. Ausserdem verschlossen sie die Eingänge zahlreicher Schulen mit Ketten.
Die Demonstranten kamen auch zum internationalen Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv und blockierten dort Zufahrtsstrassen. Ziel war, den Abflug von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nach Italien zu verhindern. Nach Medienberichten kam Netanjahu mit einem Hubschrauber zum Flughafen, um die Sperren zu umgehen. Am Freitag steht in Rom ein Treffen mit Ministerpräsidentin Giorgia Meloni auf dem Programm.
Der Protest fand auch zur See statt: Vor der Küste waren Teilnehmer mit zahlreichen Booten und Surfbrettern unterwegs. Sie sperrten nach Angaben der Veranstalter auch den Zugang zum Hafen von Haifa. Der Rundfunk berichtete, insgesamt seien 14 Demonstranten festgenommen worden. Mehrere tausend Polizisten waren landesweit im Einsatz. Es gab Beschwerden über übertriebene Polizeigewalt.
Die Justizreform schreitet trotz heftiger Proteste voran. Nach Medienberichten könnte sie im Schnellverfahren bis April abgesegnet werden. Nach Plänen der Regierung soll es dem Parlament künftig möglich sein, mit einfacher Mehrheit Entscheidungen des Höchsten Gerichts aufzuheben. Ausserdem sollen Politiker bei der Ernennung von Richtern mehr Einfluss erhalten. Das Vorhaben könnte dem Regierungschef auch in einem schon länger laufenden Korruptionsprozess in die Hände spielen.
Oppositionsführer Jair Lapid äusserte im Gespräch mit der Nachrichtenseite ynet die Sorge, nach Umsetzung der Reform könnte es in Israel «nie wieder Wahlen» geben. «Es wird hier keine Demokratie mehr geben», warnte der ehemalige Ministerpräsident, der im vergangenen Jahr die Wahl gegen Netanjahu verloren hatte. Experten warnen auch vor katastrophalen Auswirkungen auf die Wirtschaft. (sda/dpa/oee)