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«Spiegel»-Korrespondentin in Gaza kann wegen Hunger nicht mehr arbeiten

A Palestinian looks at a makeshift tent camp for people who were displaced by the Israeli air and ground operations in the Gaza Strip, as the sun sets in Gaza City, Friday, July 25, 2025. (AP Photo/Ab ...
Gaza gleicht einer Trümmerwüste: Ein Mann sitzt vor einem Zeltlager von Leuten, deren Häuser zerstört wurden.Bild: keystone

«Spiegel»-Korrespondentin in Gaza kann nicht mehr arbeiten – weil sie zu wenig Essen hat

Das deutsche Nachrichtenmagazin «Spiegel» hat publik gemacht, dass eine ihrer Korrespondentinnen in Gaza wegen Mangel an Lebensmitteln nicht mehr arbeiten kann.
27.07.2025, 08:1227.07.2025, 12:32
Nathalie Trappe
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Knapp 21 Monate nach Beginn des Krieges im Gazastreifen ist die humanitäre Lage in der Region katastrophal. Seit Monaten warnen internationale Hilfsorganisationen vor einer schweren Hungersnot.

«Wir sagen das seit Monaten, und jetzt sind wir an einem Punkt angelangt, an dem tatsächlich Menschen sterben», sagte UN-Sprecher Farhan Haq am Donnerstag. Dutzende Menschen sollen aufgrund der Hungerkrise schon ums Leben gekommen sein.

Mehr als 100 Organisationen warnten am Mittwoch vor dem massenhaften Verhungern, von dem auch Helfende vor Ort betroffen sind. Jeder Tag ohne ausreichende Nahrungslieferungen verschärfe die Situation weiter.

«Wir haben keine Kraft mehr vor Hunger und Mangel an Lebensmitteln», sagte der Fotograf Omar al-Kattaa, der für die Nachrichtenagentur AFP aus Gaza berichtet. Die ohnehin wenigen Reporterinnen und Reporter vor Ort litten mittlerweile selbst unter der Hungerkrise.

«Spiegel»-Journalistin wegen Hunger nicht mehr fähig zu arbeiten

So sorgt sich auch der «Spiegel» um seine Korrespondentin Ghada Alkurd. Die 39-Jährige berichtet seit dem vergangenen Jahr aus Gaza und hat durch den Krieg bereits ihren Vater und ihren Bruder verloren. «Wir fürchten, auch sie könnte bei einer Bombardierung sterben und auf WhatsApp einfach stumm bleiben», heisst es in einem Bericht des «Spiegel».

Seit der vergangenen Woche mache sich auch bei Alkurd der Versorgungsmangel bemerkbar. Zum ersten Mal musste sie demnach ein Gespräch mit Kollegen absagen, weil sie sich durch den Hunger zu schwach fühlte. Sie litt an Kopfschmerzen und Konzentrationsschwierigkeiten.

Das verfügbare Essen teilt sich die Journalistin mit ihrem Bruder und ihren beiden Töchtern. Damit die Kinder genug hätten, blieben für die beiden Erwachsenen pro Tag oft nur ein paar Löffel Bohnen und ein kleines Stück Brot.

Im Gazastreifen sind insgesamt nur noch wenige Lebensmittel erhältlich. Bei den verfügbaren Produkten sind die Preise teils um das Hundertfache gestiegen. Anfang März hatte Israel zunächst alle Lieferungen nach Gaza eingestellt. Diese wurden zuletzt nur unter starken Einschränkungen wieder aufgenommen.

Gaza-Krieg: Blogger berichtet von katastrophalen Zuständen

Mehrfach war es an Essensausgaben zuletzt zu Aufständen gekommen. Auch auf Social Media teilen einige Menschen aus dem Palästinensergebiet Videos von den katastrophalen Zuständen vor Ort.

«Wir sind sehr dünn und sehr müde. Menschen brechen in den Strassen zusammen», berichtet Mohanad Alkhatib auf Instagram. In einem Video gesteht er, wie schwer es für ihn ist, solche Dinge öffentlich zu erzählen. «Aber ich will euch zeigen, wie die Realität hier wirklich aussieht.»

Alkhatib hat auf Instagram 22'000 Follower:innen, mittlerweile läuft für seine Familie eine Spendenaktion. Immer wieder können auf diese Weise einzelne Menschen von ihrem katastrophalen Schicksal in Gaza gerettet werden.

Doch das Grundproblem bleibt bestehen – und dürfte sich in den kommenden Tagen weiter zuspitzen. «Die Menschen hier werden zu Tieren», berichtet die Journalistin Ghada Alkurd.

Mit viel Wasser versuche sie, ihren Magen zu füllen. Auch Mohanad Alkhatib zeigt in einem Video auf Instagram, wie er Wasser mit Salz trinkt. Hierdurch soll die gestörte Verdauung und der Magen unterstützt werden.

Unter dem internationalen Druck liess die israelische Regierung am Mittwoch zwar einige Hilfslieferungen mit Mehl in den Gazastreifen bringen. Angesichts der insgesamt mehr als zwei Millionen notleidender Menschen in Gaza kommt das allerdings dem sprichwörtlichen Tropfen auf den heissen Stein gleich.

Vor dem Küstenstreifen warten tonnenweise Hilfslieferungen darauf, verteilt zu werden. Hilfsorganisationen fordern die Regierungen weltweit dazu auf, Israel hier zum Handeln zu bewegen.

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22 Kommentare
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Alladas
27.07.2025 09:01registriert Januar 2023
Mir fehlen wirklich die Worte.
Einige Männer führen Krieg, aus blossem Geltungsdrang und Machtgier, und 2 Millionen Menschen müssen hungern.
In Bezug auf den Gazastreifen versagt die Weltgemeinschaft gerade wieder total.
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Amadeus
27.07.2025 09:20registriert September 2015
Die Hamas muss bekämpft werden. Im Moment bekämpft Israel aber Zivilisten indem es sie verhungern lässt. Ich hoffe, die Weltgemeinschaft sieht nicht länger zu sondern macht etwas.
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Thomas Melone
27.07.2025 10:11registriert Mai 2014
Warum die Welt so lange weggeschaut hat, hat vorwiegend zwei Gründe: Erstens wurde jede Kritik an Israel reflexhaft mit Antisemitismus gleichgestellt und zum zweiten konnte man sich lange nicht vorstellen, dass Opfer auch zu Tätern werden können.
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