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Geiselfreilassung durch Hamas: 2000 Häftlinge für 20 Geiseln

Attendees listen to a concert at a plaza known as hostages square, in Tel Aviv, Israel, Sunday, Oct. 12, 2025. (AP Photo/Emilio Morenatti)
Israel Palestinians Gaza
Menschen warten auf dem «Platz der Geiseln» in Tel Aviv auf die Rückkehr der letzten Verschleppten.Bild: keystone

2000 palästinensische Häftlinge für 20 israelische Geiseln – Trump: «Der Krieg ist vorbei»

13.10.2025, 08:1513.10.2025, 09:24

Nach mehr als zwei Jahren Gefangenschaft hat die Freilassung der ersten von der islamistischen Hamas im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln begonnen. Mehrere israelische Medien berichteten am Morgen, dass sieben der aus Israel entführten Menschen dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) übergeben wurden. Auf dem «Platz der Geiseln» im Zentrum der Küstenmetropole Tel Aviv brach am Morgen unter Tausenden dort versammelten Menschen Jubel aus.

Der Jubel in Tel-Aviv.Video: twitter

Insgesamt sollen heute die restlichen 20 lebenden Geiseln aus dem Gazastreifen freikommen, darunter vier Deutsch-Israelis. Medienberichten zufolge kamen bei der ersten Übergabe nach insgesamt 738 Tagen in qualvoller Geiselhaft Alon Ohel, Matan Angrest, Guy Gilboa-Dalal, Eitan Mor, Gali und Ziv Berman sowie Omri Miran frei. Ohel sowie Gali und Ziv Berman sind Deutsch-Israelis. Eine zweite Übergabe sollte am Vormittag stattfinden.

Seit zwei Jahren verschleppt

Israels Militär geht nicht davon aus, dass die Hamas auch alle 28 toten Geiseln heute - und damit innerhalb der im Rahmen der Waffenruhe vereinbarten 72-Stunden-Frist - übergeben kann. Nach der Übergabe der Geiseln an das IKRK sollen die Entführten innerhalb des Küstenstreifens an das israelische Militär übergeben werden. Im Militärlager Reim am Rande des Gazastreifens soll es ein erstes Wiedersehen mit Angehörigen, eine medizinische Untersuchung und die Möglichkeit zum Duschen und einem Kleiderwechsel geben. Danach sollen die Menschen in Krankenhäuser zur weiteren Behandlung geflogen werden.

epa12442680 A banner with the faces of kidnapped and killed people in the October 7 2023 attacks on a wall in the Jewish Ghetto in Rome, Italy, 9 October 2025. EPA/Riccardo Antimiani
Ein Mahnmal mit den Gesichtern der Verschleppten im Judenviertel in Rom.Bild: keystone

Am Freitag war im Rahmen eines von US-Präsident Donald Trump initiierten Friedensplans eine Waffenruhe im Gaza-Krieg in Kraft getreten. Israel soll im Gegenzug für die Übergabe der Geiseln rund 2.000 palästinensische Häftlinge freilassen. Darunter sind bis zu 250, die zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt wurden.

Die israelische Armee hatte sich mit Beginn der Waffenruhe auf eine vereinbarte Linie zurückgezogen. Die Armee hat aber immer noch die Kontrolle über etwa die Hälfte des von Israel abgeriegelten Küstenstreifens. Die Geiseln wurden unter grausamen Bedingungen festgehalten. Zuvor freigelassene Geiseln hatten von Folter und schweren Misshandlungen berichtet. In von Terrororganisationen veröffentlichten Videos waren stark abgemagerte Geiseln zu sehen.

Trump: «Der Krieg ist vorbei»

Nach Auffassung von US-Präsident Donald Trump ist der Krieg im Gazastreifen ungeachtet der noch ausstehenden weiteren Friedensverhandlungen vorbei. «Der Krieg ist zu Ende», sagte der Republikaner an Bord der Air Force One zu Journalisten auf dem Weg nach Israel. Er gehe davon aus, dass die Waffenruhe halte. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte dagegen zuvor gesagt, der Kampf sei noch nicht vorbei. «Es liegen noch grosse Sicherheitsherausforderungen vor uns.» Einige Feinde versuchten, sich zu erholen, um erneut anzugreifen, hatte der israelische Regierungschef gesagt.

President Donald Trump walks up the stairs of Air Force One as he boards upon his arrival at Joint Base Andrews, Md., Sunday, Oct. 12, 2025. (AP Photo/Luis M. Alvarez)
Trump Mideast Wars
Donald Trump macht sich auf den Weg in den Nahen Osten.Bild: keystone

Netanjahu sprach am Vorabend der Übergabe der Geiseln von einem «historischen Ereignis». Es sei «der Beginn eines neuen Weges. Ein Weg des Aufbaus, ein Weg der Heilung», sagte er in einer Videoansprache. Der Tag werde neben der Freude über die Rückkehr der entführten Geiseln aber auch von Trauer über «die Freilassung der Mörder» geprägt sein, fügte er mit Blick auf die freizulassenden palästinensischen Häftlinge hinzu.

Trump vor Abflug nach Israel: «Alle jubeln gleichzeitig»

Trump will am Vormittag (Ortszeit) in Israel zunächst Angehörige der Geiseln treffen und dann vor der Knesset - dem israelischen Parlament - eine Rede halten. Am Nachmittag will er dann zu einer «Nahost-Friedenszeremonie» anlässlich des von ihm vermittelten Abkommens zwischen Israel und der Hamas in den ägyptischen Küstenort Scharm el Scheich weiterreisen. Dort werden mehr als 20 Staats- und Regierungschefs erwartet, unter anderem aus Europa und der arabischen Welt. Anreisen wird auch Bundeskanzler Friedrich Merz.

Kurz vor seinem Abflug nach Nahost sagte Trump Journalisten über den Verhandlungserfolg: «Alle jubeln gleichzeitig. Das ist noch nie zuvor passiert. Normalerweise jubelt nur einer, während der andere das Gegenteil tut.» Es sei das erste Mal, dass alle begeistert seien, sagte der Republikaner.

Lage im Gazastreifen verzweifelt

Nach zwei Jahren Krieg ist die Lage für die Palästinenser in dem von Israel abgeriegelten Gazastreifen verzweifelt. Hunderttausende Menschen müssen sich in einer zu weiten Teilen zerstörten, vermutlich von Blindgängern übersäten Trümmerlandschaft zurechtfinden, in der sie nur durch dauerhafte Hilfe von aussen überleben können.

Palestinians walk among destroyed buildings in Gaza City, Sunday, Oct. 12, 2025, after Israel and Hamas agreed to a pause in their war and the release of the remaining hostages. (AP Photo/Jehad Alshra ...
Nach zwei Jahren Krieg: Gaza liegt in Schutt und Asche.Bild: keystone

Seit Beginn der Waffenruhe hat Israel die Einfuhr von mehr Hilfsgütern in das Gebiet erlaubt: Täglich sollen rund 600 Lastwagen einfahren. Das ist nach UN-Angaben die Mindestmenge, um die Bevölkerung zumindest mit dem Nötigsten zu versorgen. Laut israelischen Sicherheitskreisen soll etwa auch die Reparatur von Wasserleitungen, Abwassersystemen und Bäckereien möglich sein.

Israels Präsident Izchak Herzog hatte am Vortag der geplanten Übergabe der Entführten auf dem sogenannten Geiselplatz in Tel Aviv gesagt, viele der Feinde und Kritiker Israels neigten dazu, dem Land zu unterstellen, den konstanten Kampf gegen die Gegner zu suchen. Das sei nicht wahr. «Sobald die Geiseln zurück sind, wird Israel keinen Krieg führen. Israel ist verpflichtet, dieses Abkommen einzuhalten, und will nach Frieden mit seinen Nachbarn streben und endlich eine Wende in der Zukunft der Region herbeiführen», sagte er.

Streitpunkte bleiben

Es ist jedoch nicht absehbar, ob das Abkommen zu einem längerfristigen Ende der Kämpfe in Gaza führen wird. Zwei der grössten Streitpunkte bleiben die Entwaffnung der Hamas, die in Trumps Friedensplan vorgesehen ist, und der komplette Abzug von Israels Armee aus dem Gebiet. Nach einem vereinbarten Rückzug hält sie weiterhin etwa die Hälfte Gazas besetzt. Die Hamas spricht Israel zudem weiterhin das Existenzrecht ab, Netanjahu und seine rechtsextremen Regierungspartner wollen die Hamas restlos zerschlagen.

Auslöser des Gaza-Kriegs war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, das Terroristen der Hamas sowie anderer extremistischer Palästinenserorganisationen am 7. Oktober in Israel nahe der Grenze zum Gazastreifen verübt haben. Auf israelischer Seite wurden dabei etwa 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 als Geiseln nach Gaza verschleppt.

Israel reagierte darauf mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde kamen dabei bislang mehr als 67.000 Menschen ums Leben. (pre/sda/dpa)

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Zwei Jahre Gaza-Krieg
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Zwei Jahre Gaza-Krieg

Am 7. Oktober 2023 sterben beim Angriff der Hamas auf Südisrael 1200 Menschen. Als Reaktion fallen am 10. Oktober die ersten Bomben auf Gaza

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Menschen in Gaza und Israel feiern Trumps Friedensabkommen
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IZO
13.10.2025 08:12registriert März 2019
Solange die hamas nicht entmachtet und entwaffnet ist wird der krieg weitergehn.
Aber ich mag ihnen die pause gönnen.
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Ahura
13.10.2025 08:20registriert Februar 2024
Ich finde das Verhältnis interessant, dass 20 der einen den Wert von 2000 der anderen haben 🤔
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Rechner
13.10.2025 09:03registriert August 2022
Was ist mit der Entwaffnujg der Hamas ?
Bestimmt werden denen schon wieder neue Raketen geliefert und das nächste Massaker geplant. Nur eine Frage der Zeit, bis es wieder losgeht. Schuld sind dann wieder die Anderen.
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