Nach dem schweren Zugunglück in Süditalien mit mindestens 27 Toten konzentrieren sich die Ermittlungen auf die veraltete Technik. Im Zentrum stand am Mittwoch das fehlende automatische Kontrollsystem auf der eingleisigen Strecke nördlich von Bari.
«In diesem Abschnitt sind keine automatischen Systeme im Einsatz», sagte Chef-Ermittler Giovanni Meoli von der Eisenbahnpolizei dem «Corriere della Sera» zufolge. «Es ist immer noch das alte System der Fernsprechnachrichten.» Medienberichten zufolge informierten sich die Bahnhofsvorsteher gegenseitig per Telefon, wenn die Strecke frei war.
Die Nachrichtenagentur Ansa berichtete unter Berufung auf Ermittlerkreise, möglicherweise habe ein verspäteter Zug dafür gesorgt, dass der Streckenabschnitt fälschlicherweise freigegeben worden sei.
«Das Problem ist nicht das Einzelgleis, das etwa bei der Hälfte der Strecken in Italien vorliegt, sondern die Technologie, die die Unfälle verhindern soll», sagte Bahn-Experte Giuseppe Sciutto von der Universität Genua der Nachrichtenagentur Adnkronos.
Die Einsatzkräfte bargen Stunden nach dem Unglück die Blackbox einer der beiden Züge, sie soll bei der Aufklärung helfen. Ob es sich um menschliches Versagen handelt oder ein technisches Problem, war zunächst weiter unklar. Die Staatsanwaltschaft in der Stadt Trani ermittelt wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung gegen unbekannt.
Beim Unglück waren am Dienstag laut italienischen Medien mindestens 27 Menschen ums Leben gekommen und etwa 50 weitere verletzt worden. Die Helfer hatten die gesamte Nacht über nach möglichen weiteren Opfern oder Überlebenden in den zwei völlig verkeilten Zugwracks gesucht. In der Stadt Andria, aus der die meisten Opfer stammten, begannen Angehörige mit der Identifizierung der meist schwer entstellten Leichen.
«Wir kennen die Zahl der Passagiere nicht, weil es kein Flugzeug ist und wir keine Liste haben», sagte Staatsanwalt Francesco Giannella. Möglicherweise waren auch Ausländer unter den Toten, hiess es am Mittwoch. Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) hat derzeit keine Informationen über Schweizer Opfer. (whr/sda/dpa/apa)