Angesichts der weltweiten Sorgen über ein neues atomares Wettrüsten hat die japanische Stadt Hiroshima der Opfer des Atombombenabwurfs vor 77 Jahren gedacht. «Krisen mit ernsten nuklearen Untertönen breiten sich schnell aus – vom Nahen Osten über die koreanische Halbinsel bis hin zur russischen Invasion in der Ukraine», sagte UN-Generalsekretär António Guterres am Samstag bei einer Gedenkzeremonie im Friedenspark von Hiroshima. «Die Menschheit spielt mit einer geladenen Waffe». Es war das erste Mal seit zwölf Jahren, dass ein UN-Chef an Hiroshimas jährlichem Gedenken teilnahm. Russland und sein Verbündeter Belarus waren nicht dazu eingeladen.
Um 8.15 Uhr (Ortszeit), dem Zeitpunkt, als der US-Bomber Enola Gay am 6. August 1945 die erste im Krieg eingesetzte Atombombe mit dem Namen «Little Boy» über Hiroshima abgeworfen hatte, legten die Menschen in Hiroshima eine Schweigeminute ein. Zehntausende Bewohner von Hiroshima waren damals sofort ums Leben gekommen, insgesamt starben bis Ende 1945 schätzungsweise 140 000 Menschen. Drei Tage nach Hiroshima hatten die USA eine zweite Atombombe über Nagasaki abgeworfen. Kurz danach kapitulierte das japanische Kaiserreich. Hiroshima ist heute ein weltweites Symbol für Krieg - und Frieden.
«Wir müssen sofort alle nuklearen Knöpfe bedeutungslos machen», sagte der Bürgermeister von Hiroshima, Kazumi Matsui. Er erwähnte in seiner Rede vor Vertretern von 98 Nationen sowie der Europäischen Union ausdrücklich den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, dem unschuldige Zivilisten zum Opfer fielen. «Weltweit gewinnt die Vorstellung an Bedeutung, dass Frieden von nuklearer Abschreckung abhängt», sagte Matsui. Russland hatte kürzlich bekräftigt, keinen Atomkrieg starten zu wollen. «Wir gehen davon aus, dass es in einem Atomkrieg keine Sieger geben kann und er niemals begonnen werden darf», schrieb Präsident Wladimir Putin in einem Grusswort an die bis 26. August laufende Konferenz zum Atomwaffensperrvertrag in New York.
Die atomare Abrüstung war schon vor Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine ins Stocken geraten. Jetzt wird die Reduzierung der knapp 13 000 Atomwaffen weltweit noch schwerer. «Wir müssen die Schrecken von Hiroshima jederzeit im Auge behalten und erkennen, dass es nur eine Lösung für die nukleare Bedrohung gibt: überhaupt keine Atomwaffen zu haben», sagte Guterres, der für seine Rede in Hiroshima Applaus erhielt. Japan richtet in der Stadt im kommenden Jahr den Gipfel der sieben führenden demokratischen Wirtschaftsmächte (G7) aus. (dpa) (aargauerzeitung.ch)