US-Präsident Joe Biden hat in seinen ersten 100 Tagen im Amt nicht alles, aber vieles richtig gemacht. Das rasante Impf-Tempo und die finanziellen Hilfen aus dem 1,9-Billionen-Paket kommen sogar in der republikanischen Wählerschaft gut an, obwohl viele nach wie vor glauben, der Demokrat sei ein illegitimer Präsident, der die Wahl gestohlen habe.
Viele im rechten Spektrum sind darüber frustriert. Und versuchen, die Biden-Regierung mit einer Methode aus dem Trump-Repertoire zu diskreditieren: Fake News. Am letzten Samstag berichtete das Boulevardblatt «New York Post» auf der Titelseite über einen vermeintlichen Skandal um Vizepräsidentin Kamala Harris.
Das von ihr verfasste Kinderbuch «Superheroes are everywhere» sei Bestandteil eines «Willkommenspakets», das in Long Beach (Kalifornien) an unbegleitete Minderjährige verteilt worden sei, die aus Zentralamerika in die USA flüchteten. Bezahlt worden sei es mit Steuergeldern, von denen Harris als Autorin profitiert habe, suggerierte der «Post»-Artikel.
New York Post reporter resigns, saying she was forced to write false story claiming that books by VP Kamala Harris were being handed out to kids at a migrant shelter.
— Jim Roberts (@nycjim) April 27, 2021
*@nypost deleted article from website after WashPost called BS on it.https://t.co/YqADH4GSjM pic.twitter.com/SO4Xj4lcwk
In Wirklichkeit hatte in Long Beach eine private Sammelaktion für Migrantenkinder stattgefunden. Auf einem dabei entstandenen Foto tauchte das Harris-Buch auf. Steuergeld spielte keine Rolle. Dennoch legte die «New York Post» nach und schrieb von «Tausenden Exemplaren», die in den Unterkünften der Migranten verteilt worden seien.
The Kamala Harris story -- an incorrect story I was ordered to write and which I failed to push back hard enough against -- was my breaking point.
— Laura Italiano (@Italiano_Laura) April 27, 2021
Am Dienstag zog Laura Italiano, die Autorin des Originalartikels, die Konsequenzen. Sie kündigte und schrieb auf Twitter, man habe ihr «befohlen, eine unzutreffende Geschichte zu schreiben». Sie habe «nicht hart genug» dagegen gehalten. Die langjährige Gerichtsreporterin war laut «New York Times» ein beliebtes Mitglied auf der Redaktion.
Die Zeitung berichtigte die Fake-Story schliesslich mit einer knappen Notiz und löschte die beiden Artikel auf ihrer Website. Da hatte sie im rechten Spektrum längst ihre Kreise gezogen. Der republikanische Senator Tom Cotton, der Ambitionen auf das Weisse Haus hat, zitierte sie in einem später gelöschten Tweet. Ein Fox-News-Reporter befragte sogar Joe Bidens Sprecherin nach dem Kinderbuch.
Als mutmasslicher Urheber der Story gilt Keith Poole, den Verleger Rupert Murdoch erst im März als Chefredaktor der «New York Post» eingesetzt hatte. Zuvor war er bei Murdochs einschlägig «vorbelastetem» Londoner Revolverblatt «The Sun» tätig. Seit Pooles Ernennung haben gemäss der «New York Times» acht Journalisten die «Post» verlassen.
Natürlich hatte auch Murdochs Krawallsender Fox News über den Kinderbuch-Fake berichtet. Praktisch gleichzeitig wurde dort ein anderer vermeintlicher Skandal breit gewalzt. Unter Joe Bidens letzte Woche vorgestelltem Klimaplan dürften die Amerikaner nur noch etwa zwei Kilogramm Rindfleisch pro Jahr essen, behauptete Fox News auf einer Grafik.
I’m pretty sure I ate 4 pounds of red meat yesterday. That’s going to be a hard NO from me. https://t.co/wvGC19cN6R
— Donald Trump Jr. (@DonaldJTrumpJr) April 24, 2021
Im Land der fetten Burger und dicken Steaks sorgte dies für Empörung. Donald Trump jr. behauptete auf Twitter, er habe allein am Vortag zwei Kilo Beef verdrückt. Für Spott sorgte hingegen der ehemalige Trump-Wirtschaftsberater Larry Kudlow, der nun eine Show auf Fox moderiert und behauptete, die Amerikaner dürften nur noch «pflanzliches Bier» trinken.
Der Ausgangspunkt des vermeintlichen Burger-Skandals war ein Artikel der «Daily Mail», die nicht zum Murdoch-Konzern gehört. Das britische Boulevardblatt hatte berichtet, die Amerikaner müssten ihren Rindfleischkonsum auf «einen Burger pro Monat» reduzieren, um Joe Bidens Klimaziel zu erfüllen. Das war arg zugespitzt, aber nicht völlig falsch.
Im Plan des Präsidenten aber ist der Fleischkonsum kein Thema. Das musste Fox News am Montag einräumen. Wie beim Harris-Kinderbuch aber gilt: Etwas bleibt immer hängen. «Die Storys sind falsch, aber die rechte Echokammer dreht durch», meinte der schwarze Fox-Moderator Juan Williams, eine der wenigen moderaten Stimmen des Senders. (pbl)
Was der alles schon vergiftet hat... Übler Typ.