Die Tat war so schrecklich, dass sie selbst ein Land wie die Türkei schockte, in dem brutale Gewalt gegen Frauen beinahe an der Tagesordnung ist: Im Februar wurde die 20-jährige Studentin Özgecan Aslan im südtürkischen Tarsus von einem Minibusfahrer nach einem Vergewaltigungsversuch erstochen.
Der mutmassliche Täter und zwei Helfer verbrannten anschliessend die verstümmelte Leiche des Opfers. Am Freitag beginnt der Prozess gegen die drei Angeklagten. Rund tausend Anwälte wollen an dem Verfahren teilnehmen, um zu zeigen, dass die ganze Gesellschaft eine harte Bestrafung fordert.
Nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft musste Özgecan sterben, weil sie am Abend des 11. Februar die letzte Insassin im Minibus von Fahrer Ahmet Suphi A. war. Der Mann lenkte das Fahrzeug laut Anklage in ein Waldstück und fiel über die junge Frau her.
Diese wehrte sich verzweifelt zerkratzte und dem Angreifer das Gesicht. Dann soll A. Özgecan mit einer Eisenstange geschlagen und anschliessend auf sie eingestochen haben. Um DNA-Spuren zu vernichten, schnitt er laut Anklageschrift dem Opfer die Hände ab – sie wurden später in einer Toilette im Haus seines Vaters gefunden.
Der Vater von A. und ein Freund halfen dem mutmasslichen Mörder demnach, die Leiche von Özgecan in einem abgelegenen Gelände zu verbrennen. Die drei wurden wenig später gefasst.
Bei dem Prozess in Tarsus will die Staatsanwaltschaft lebenslange Haftstrafen für die drei Angeklagten fordern. Dem Gericht gehören laut Presseberichten auch zwei Richterinnen an. Frauenverbände und Anwälte wollen beim Prozessauftakt in Tarsus ebenfalls darauf dringen, dass die mutmasslichen Täter die Höchststrafe erhalten.
Der Tod der Studentin hatte in der ganzen Türkei grosse Empörung und Demonstrationen gegen die anhaltende Gewalt gegen Frauen ausgelöst. Doch die Proteste haben die Verbrechen nicht stoppen können. Im vergangenen Jahr wurden dem Internetportal Bianet zufolge 281 Frauen getötet. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres gab es demnach 120 Opfer. (whr/sda/afp)