International
Katalonien

Katalonien-Prozess: Insgesamt 100 Jahre Gefängnis für Anführer

Harte Urteile im Katalonien-Prozess + Anführer müssen ins Gefängnis + «Ungeheuerlichkeit»

14.10.2019, 11:1714.10.2019, 12:41
Mehr «International»

Der Oberste Gerichtshof Spaniens hat gegen neun Anführer der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung wegen Aufruhrs Freiheitsstrafen von 9 bis 13 Jahren verhängt. Der frühere stellvertretende Regionalpräsident, Oriol Junqueras, wurde mit der höchsten Strafe belegt: Er muss 13 Jahre hinter Gitter.

Von einer Verurteilung wegen des von der Staatsanwaltschaft eingebrachten Vorwurfs der Rebellion, der mit Gefängnisstrafen von bis zu 25 Jahren geahndet wird, sahen die Richter ab.

Former Catalan Vice President Oriol Junqueras arrives at the National Court for questioning by a National Court judge investigating possible rebellion charges, in Madrid, Spain, Thursday Nov. 2, 2017. ...
Oriol Junqueras, ehemaliger Vize-Regionalpräsident Kataloniens.Bild: AP/AP

Zudem seien einige von ihnen der Veruntreuung öffentlicher Gelder schuldig, hiess es. Drei weitere angeklagte Ex-Politiker wurden des Ungehorsams schuldig gesprochen. Der Grossteil der Angeklagten sitzt bereits seit zwei Jahren in Untersuchungshaft.

Vier Monate langer Prozess

Bei dem Verfahren ging es um die Rolle der Separatistenführer bei dem verbotenen Unabhängigkeitsreferendum vom 1. Oktober 2017 und einem daraus resultierenden Unabhängigkeitsbeschluss der Regionalregierung in Barcelona.

Der Prozess war Mitte Juni nach vier Monaten mit den Schlussplädoyers der Angeklagten zu Ende gegangen. Diese riefen dabei fast ausnahmslos dazu auf, den Dialog zu suchen und eine politische Lösung für den Konflikt in der Region im Nordosten des Landes zu finden.

600 Zeugen vernommen

Insgesamt wurden in dem Mammutprozess fast 600 Zeugen vernommen, darunter der konservative frühere Ministerpräsident Mariano Rajoy, in dessen Amtszeit das Referendum fiel.

Carles Puigdemont, ehemaliger katalanischer Regionalpraesident, spricht an einem Podiumsgespraech im Saal des Palazzetto Conza im Rahmen des Kulturfestivals Endorfine, am Samstag, 14. September 2019,  ...
Ex-Regionalchef Carles Puigdemont ist aus Spanien geflüchtet.Bild: KEYSTONE/TI-PRESS

Im Herbst 2017 hatte Rajoy die Regionalregierung abgesetzt und Katalonien monatelang unter Zwangsverwaltung gestellt. Der damalige Regionalchef Carles Puigdemont und andere Politiker flohen nach Belgien, um einer Festnahme zu entgehen.

Puigdemont hat das Urteil in einer ersten Reaktion scharf kritisiert: «Eine Ungeheuerlichkeit», schrieb er auf Twitter. Nun müsse reagiert werden wie nie zuvor. «Für die Zukunft unserer Söhne und Töchter», fügte er hinzu.

Proteste erwartet

In Katalonien werden nun heftige Proteste von Unabhängigkeitsbefürwortern befürchtet. Diese hatten der Justiz vorgeworfen, ein Exempel statuieren zu wollen, und betrachten die Verurteilten als «politische Gefangene».

Auch Puigdemonts Nachfolger Quim Torra gibt sich kämpferisch und hat zu einer «massiven Mobilisierung» aufgerufen. Am Flughafen von Barcelona sowie in den Bahnhöfen und Häfen der Region wurde die Zahl der Sicherheitskräfte schon im Vorfeld des Urteils massiv erhöht. (mlu/sda/dpa/afp)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
So berichten spanische Medien über das Katalonien-Referendum
1 / 15
So berichten spanische Medien über das Katalonien-Referendum
Spaniens grösste Tageszeitung ist «El Pais». Das linksliberale Blatt titelt: «Die Regierung verhindert mit Gewalt die Abstimmung über das illegale Referendum.»
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Protest in Katalonien über Separatisten-Prozess
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
23 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Unicron
14.10.2019 10:17registriert November 2016
13 Jahre für ein opferloses Verbrechen?
Sind wir hier in Russland, oder was?
12224
Melden
Zum Kommentar
avatar
Birdie
14.10.2019 09:54registriert November 2016
Aus einer versucht objektiven Perspektive kann ich nachvollziehen wieso man Politiker verurteilt, auch wenn ich die Strafen (vor allem in dem Ausmass) nicht gutheisse. Aber wieso Jordi Cuixart und Jordi Sanchez, die keinen öffentlichen Posten bekleidet haben und zivile Aktivisten sind, zu 9 Jahren verurteilt werden kann ich nicht nachvollziehen. Ich war gerade letzte Woche in Katalonien und befürchte nichts gutes die nächsten Tage...
939
Melden
Zum Kommentar
avatar
Freebee
14.10.2019 12:03registriert April 2018
Wow. Spanien steuert zurueck Richtung Buergerkrieg. Unglaublich, dass Madrid wohl nichts aus der Geschichte gelernt hat. Das wird der Katalanischen Separatisten Bewegung brutal Aufschwung geben
3010
Melden
Zum Kommentar
23
Russische Behörden blockieren Messenger Viber

Die russischen Behörden haben den Messenger-Dienst Viber blockiert. Der Zugang sei wegen verschiedener Gesetzesverstösse des Betreibers gesperrt worden, teilte die russische Telekom-Aufsichtsbehörde Roskomnadsor mit.

Zur Story