Auch nach der Verhängung des Ausnahmezustandes und einer Ausgangssperre ist es in der chilenischen Hauptstadt Santiago de Chile wieder zu schweren Ausschreitungen gekommen. In der Nacht zum Sonntag kamen drei Menschen ums Leben, als ein Supermarkt im Süden Santiagos geplündert wurde und in Brand geriet.
Der konservative Präsident Sebastián Piñera sagte, es gebe «gute Gründe» für die Proteste und nahm eine Fahrpreiserhöhung für die U-Bahn zurück. Die Regierung mobilisierte 9500 Sicherheitskräfte.
Es war das erste Mal seit dem Ende der Diktatur unter General Augusto Pinochet 1990, dass in der chilenischen Hauptstadt Militär patrouillierte. Die Proteste hatten sich an der Erhöhung der Preise für U-Bahn-Tickets von 800 auf 830 Peso (1,15 Franken) entzündet. Schon im Januar waren die Preise um 20 Peso angehoben worden.
Chilean President Sebastian Pinera has announced he will reverse public transport fare hikes which have prompted widespread protests. pic.twitter.com/id6kYqYknJ
— SBS News (@SBSNews) October 20, 2019
Allerdings geht es bei den Protesten, die unter dem Hashtag #ChileDesperto («Chile erwacht») Zulauf fanden, auch um die Kluft zwischen Arm und Reich in dem südamerikanischen Land. «Chile hat sich als ein Schnellkochtopf erwiesen, der auf die schlimmste Art explodiert ist», sagte die Beamtin Maria.
Seit der Ankündigung der Fahrpreiserhöhung für die U-Bahn wurden 78 der 164 U-Bahn-Stationen in Santiago verwüstet. Nachdem auch 16 Busse in Brand gesetzt und neben dem U-Bahn- auch der Busverkehr ausgesetzt wurde, lag in der Hauptstadt am Sonntag der öffentliche Verkehr nahezu vollkommen still.
In verschiedenen Stadtteilen von Santiago errichteten Demonstranten am Samstag Barrikaden, es gab Zusammenstösse mit der Polizei. Diese setzte Wasserwerfer und Tränengas ein. In der Nacht drangen nach Angaben der Feuerwehr zudem hunderte Menschen in den Supermarkt Líder im Süden Santiagos ein, der zur US-Kette Walmart gehört.
Bei dem Brand in dem Supermarkt kamen drei Menschen ums Leben - zwei Menschen waren sofort tot, ein drittes Opfer erlag im Spital seinen schweren Verletzungen, wie Bürgermeisterin Karla Rubilar sagte.
Die Unruhen beschränkten sich aber nicht nur auf die Hauptstadt mit ihren sieben Millionen Einwohnern. In der Hafenstadt Valparaíso steckten Demonstranten den Sitz der Tageszeitung «El Mercurio» in Brand. Der Ausnahmezustand wurde daher auf die Region von Valparaíso und auf die Provinz Concepción im Süden ausgedehnt.
Präsident Piñera erteilte General Javier Iturriaga del Campo den Auftrag, binnen zwei Wochen wieder für Sicherheit in Santiago zu sorgen. Die nächtliche Ausgangssperre wurde für den Zeitraum von 22.00 bis 07.00 Uhr Ortszeit (03.00 bis 12.00 Uhr MESZ) verhängt.
Allerdings war zunächst nicht klar, an wie vielen Tagen sie gelten soll. Piñera wollte am Sonntag mit einem Krisenkabinett über das weitere Vorgehen beraten. (aeg/sda/afp)