Durch die nächtlichen Strassen ziehende lärmende Touristenhorden sorgen in Prag für viel Unmut bei den Einheimischen. Gegen eine organisierte Form des Bierkonsums geht die Stadtverwaltung nun vor.
Die Touristenmetropole Prag verbietet künftig geführte Kneipentouren in den Nachtstunden. Das sieht eine Änderung der kommunalen Marktordnung vor, die Anfang November in Kraft treten soll. Die besonders bei Briten und Amerikanern beliebten «pub crawls» hätten sich negativ auf den öffentlichen Raum und die zwischenmenschlichen Beziehungen ausgewirkt, hiess es zur Begründung. Dabei besuchen Gruppen gegen ein festes Entgelt unter Anleitung eines Reiseführers nacheinander mehrere Kneipen.
«Mit der aktualisierten Marktordnung haben wir ein effektives Instrument, um für Ordnung zu sorgen und gegen übermässigen Lärm in den Strassen und andere negativen Auswirkungen für die Anwohner vorzugehen», sagte die Bürgermeisterin des ersten Prager Stadtbezirks, Terezie Radomerska. Die Kommunalbehörden werben für einen «kultivierteren Tourismus» in der Innenstadt, die mit Theatern, Cafés, Restaurants und Galerien ganz andere Schätze als nur den Alkoholkonsum zu bieten habe.
Das neue Verbot soll in der Zeit von 22.00 Uhr abends bis 6.00 Uhr morgens gelten. «Normale» Reiseführer mit Gruppen sollen nicht betroffen sein. Anbieter der Touren zeigten Unverständnis über die Entscheidung. Es gehe den Kommunalvertretern nur darum, «billige politische Punkte» einzufahren, sagte ein Firmensprecher der Agentur CTK zufolge. Touristengruppen, die ohne Begleitung eines Reiseführers unterwegs seien, würden viel mehr Lärm verursachen. Es war offen, ob die Entscheidung vor Gericht angefochten wird.
Im vorigen Jahr wurden in Prag mehr als 7,4 Millionen Besucher gezählt, die mindestens eine Nacht blieben. Das sind mehr als fünfmal so viele Menschen, wie die Stadt am Moldau-Fluss Einwohner hat. Die meisten der Übernachtungsgäste, nämlich rund 17,6 Prozent, stammten aus Deutschland, gefolgt von den USA, Grossbritannien und der benachbarten Slowakei. Das Besucher-Niveau aus der Vor-Covid-Zeit ist indes bisher nicht wieder erreicht worden. (hkl/sda/dpa)