Im vergangenen Jahr sind laut einem Bericht des UNO-Flüchtlingshilfswerks UNHCR gleich mehrere traurige Rekorde gefallen: Noch nie sind so viele Menschen vertrieben worden und noch nie gab es so viele Asylgesuche wie 2015.
«Jede Minute werden 24 Menschen vertrieben», sagte Filippo Grandi, UNO-Hochkommissar für Flüchtlinge, vor den Medien in Genf. Eine von 113 Personen auf der Welt gehöre zu den Vertriebenen. Anlässlich des Weltflüchtlingstags veröffentlichte die Hilfsorganisation eine Reihe von statistischen Angaben zu Flüchtlingen.
Grandi fordert angesichts der weltweiten Entwicklungen zum Handeln auf: Es gelte gegen Aversionen gegen vertriebene Menschen vorzugehen und dagegen zu kämpfen, dass Parlamente ihnen Hürden in den Weg stellten.
Allein im vergangenen Jahr wuchs die Zahl der Vertriebenen von 60 auf 65 Millionen. Das ist in etwa die gesamte Bevölkerung von Frankreich! Einige hätten nach Hause zurückkehren können oder andere Lösungen gefunden, die meisten aber seien geflüchtet, sagte Grandi.
Rund 200'000 Menschen konnten 2015 in ihre Heimatländer zurückkehren, vor allem nach Afghanistan oder in den Sudan. Das waren mehr als im Vorjahr. Zudem siedelte das UNHCR 107'000 Menschen in 30 Drittstaaten um, was allerdings nur gerade einem Prozent der Menschen entspricht, für die die Hilfsorganisation sorgt.
Unter den Vertriebenen warteten 3.2 Millionen auf einen Entscheid über ihr Asylgesuch in einem Industriestaat - ein weiterer Rekord. Allein in Deutschland wurden 450'000 Asylgesuche gestellt.
Mehr als 21 Millionen Menschen gelten laut dem UNHCR-Bericht als Flüchtlinge. Das sind 1.8 Millionen mehr als im vergangenen Jahr und es ist die höchste Zahl seit Anfang der 1990-er Jahre. Die Hälfte von ihnen sind Kinder. Fast 100'000 Asylgesuche stammen von Minderjährigen, die ohne ihre Familie unterwegs sind.
Grandi bekräftigte erneut, dass es das UNHCR ablehne, wenn die Minderjährigen eingesperrt würden - wie dies etwa in den sogenannten Hotspots der EU in Griechenland und in Italien sowie an anderen Orten geschehe.
In der Statistik führt das UNHCR weiter 40 Millionen sogenannte intern Vertriebene an, die in ihrem eigenen Land flüchten mussten. Auch das sei ein Rekord. «Vorwiegend handelt es sich dabei um Vertriebene wegen Krieg und Verfolgung», sagte Grandi.
Mit 4.9 Millionen stammen die meisten Menschen, für die das UNHCR sorgt, aus dem Bürgerkriegsland Syrien, gefolgt von 3 Millionen Menschen aus Afghanistan.
Die stark überwiegende Mehrheit der Flüchtlinge befindet sich in Entwicklungsländern, nämlich neun von zehn. Die Türkei beherbergt weltweit am meisten Flüchtlinge.
Nach dem Abschluss des Flüchtlingsabkommens zwischen der EU und der Türkei sei zwar der Migrationsstrom nach Griechenland gestoppt worden, sagte Grandi. Das bedeute aber nicht, dass damit die Probleme gelöst seien.
Grandi zeigt sich zwar mit schärferen Grenzkontrollen einverstanden. Allerdings sollten diese seiner Meinung nach an den Aussengrenzen stattfinden und nicht im Innern wie dies einige Länder nun täten. Grandi hält es zudem für unmöglich, dass derzeit ein Vertrag nach dem türkischen Vorbild mit Libyen abgeschlossen werden kann - zu gross sind dort die internen Probleme.
Beim UNHCR haben Staaten rund 200'000 Angebote für Umsiedlungen oder Aufnahmen unter anderen Titeln eingereicht. Die Hilfsorganisation strebt allerdings doppelt so viele an.
Am meisten intern vertriebene Menschen zählt nach wie vor Kolumbien. Die meisten Menschen, die sich erstmals in dieser Lage befanden, gab es 2015 allerdings mit 2.5 Millionen im Jemen. (meg/sda)