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Fremdenhass in Italien: Demonstranten bewerfen Migranten und Migrantinnen mit Stühlen und Flaschen 

Ein Bus mit Flüchtlingen muss in Rom von Polizisten beschützt werden.
Ein Bus mit Flüchtlingen muss in Rom von Polizisten beschützt werden.Bild: EPA/ANSA

Fremdenhass in Italien: Demonstranten bewerfen Migranten und Migrantinnen mit Stühlen und Flaschen 

17.07.2015, 19:4517.07.2015, 19:49
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Bei gewalttätigen Protesten gegen die Unterbringung von Flüchtlingen sind in Italien mehrere Menschen verletzt worden. Bei Auseinandersetzungen zwischen Anwohnern und rechtsextremen Gruppen sowie Polizisten in einem Aussenbezirk von Rom erlitten am Freitag 14 Beamte Verletzungen, wie die Polizei mitteilte.

Die Demonstranten hatten die Zufahrt zu einer ehemaligen Schule blockiert, die zu einem Heim für etwa 100 Migranten werden soll. Auch in Quinto di Treviso nördlich von Venedig gab es Proteste gegen die Ankunft von Migranten.

In Rom erreichte trotz der Proteste und Blockaden ein Bus mit etwa 20 Migranten die ehemalige Schule. Die Demonstranten schrien den Menschen Hassparolen und Beleidigungen entgegen, warfen mit Steinen Stühlen und Flaschen.

Polizisten gegen neofaschistoide Demonstranten in Rom.
Polizisten gegen neofaschistoide Demonstranten in Rom.Bild: EPA/ANSA

Eine neofaschistische Gruppe hatte sich den Protesten angeschlossen. Laut Polizei wurden zwei Menschen festgenommen, 15 weitere Randalierer identifiziert.

Die Stadt erklärte, sie werde die Strassenblockade auflösen. Die Migranten sollten weiterhin in der ehemaligen Schule untergebracht werden. «Wir machen keinen Schritt zurück», sagte der Präfekt Franco Gabrielli.

Brennende Möbel

Anders entschieden die Behörden in Quinto di Treviso. Dort wurden etwa 100 Flüchtlinge am Nachmittag aus der ursprünglich vorgesehenen Unterkunft in eine ehemalige Kaserne in der Nähe gebracht. Zuvor hatten Möbel und Matratzen vor ihren Appartements gebrannt, Dutzende Menschen protestierten. Es kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, Dutzende wurden festgenommen.

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Das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR äusserte sich empört über die Proteste. «Es ist beschämend, dass die Frustration der Bürger bewusst gesteuert wird, um damit Gewalt anzufachen gegen Flüchtlinge und Asylbewerber», erklärte Laurens Jolles, Experte für Südeuropa bei UNHCR.

In Sizilien sorgte die Abweisung eines voll besetzten Rettungsschiffes von Ärzte ohne Grenzen (MSF) für Ärger. Nach Angaben der Hilfsorganisation konnten die knapp 700 Flüchtlinge an Bord wegen mangelnder Aufnahmekapazitäten nicht in Sizilien an Land gehen, das Boot musste weiter nach Kalabrien fahren.

«Die ungenügenden Aufnahmebedingungen in Italien haben schwere Konsequenzen für die Flüchtlinge», sagte Loris de Filippi, MSF-Präsident in Italien. Die Behörden in Italien waren zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Die Zahl der Flüchtlinge ist in Italien stark gestiegen. Waren es im Jahr 2012 noch 13'000, lag die Zahl vergangenes Jahr bei 170'000. In diesem Jahr kamen bisher bereits 82'000 Menschen über das Mittelmeer in Italien an. In dem Land gibt es immer wieder Auseinandersetzungen über die Unterbringung der Menschen. So weigern sich vor allem die nördlichen Regionen, weitere Flüchtlinge aufzunehmen. (sda/dpa)

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6 Kommentare
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Angelo C.
17.07.2015 20:49registriert Oktober 2014
"Das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR äusserte sich empört über die Proteste. «Es ist beschämend, dass die Frustration der Bürger bewusst gesteuert wird, um damit Gewalt anzufachen gegen Flüchtlinge und Asylbewerber», erklärte Laurens Jolles, Experte für Südeuropa bei UNHCR." Soweit mein Zitat. Ich frage mich nun, wie ich den Satz angesichts der Tatsache dass sich gemäss Bericht eine Gruppe Neofaschisten den Demonstranten ANGESCHLOSSEN habe, bewerten soll. Wer hat demnach "die Frustration der Bürger bewusst gesteuert"? Es wird wohl vermehrt an dem Faktum liegen, dass die Akzeptanz in unterschiedlichsten Bevölkerungskreisen angesichts der riesigen Anzahl an Migranten allmählich da und dort im schwinden ist, genauso wie das ganz offensichtlich auch in Deutschland seit längeren Wochen geschieht. Wobei man aber m.E. vielleicht gegenüber den Italienern, die ganz gewiss am meisten von diesem unerschöpflichen Tsunami betroffen sind, etwas mehr Verständnis aufbringen sollte.
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