Die Zahl der Todesopfer nach dem Erdbeben auf Haiti steigt weiter stark an - nun drohen heftige Regenfälle und Sturm auch noch die verzweifelte Suche nach Überlebenden zu erschweren. 1297 Tote meldete der Zivilschutz des Landes auf Twitter am Sonntagabend (Ortszeit). Befürchtet wird eine noch höhere Zahl, weil Tausende Gebäude zerstört wurden. Menschen wurden unter eingestürzten Wohnhäusern, Hotels, Schulen, Kirchen begraben. Bergungsarbeiten und Hilfsmassnahmen sind angelaufen. Nun könnte bereits am Montag ein tropisches Tief das Katastrophengebiet treffen.
Zuvor hatte der Leiter des Zivilschutzes, Jerry Chandler, von mindestens 724 Toten berichtet. Mehr als 5700 Menschen wurden verletzt, wie die Zeitung «Le Nouvelliste» unter Berufung auf den Zivilschutz berichtete. Rund 13'700 Häuser wurden demnach zerstört und ebenso viele beschädigt.
Haiti befindet sich weiter in Alarmbereitschaft, die nächste Gefahr steht möglicherweise bereits bevor: Das Nationale Hurrikan-Zentrum in Miami stufte Tropensturm «Grace», der sich Haiti näherte, zwar herab. Es sagte aber heftigen Regen für die Dominikanische Republik und Haiti am Montag vorher, was die Rettungsarbeiten weiter beeinträchtigen könnte.
Das Beben, dessen Stärke die US-Behörde USGS mit 7,2 angab, hatte sich am Samstagmorgen rund zwölf Kilometer von der Gemeinde Saint-Louis-du-Sud in einer Tiefe von rund zehn Kilometern ereignet. Bei vielen teils starken Nachbeben verbrachten zahlreiche Menschen nach Berichten in sozialen Medien die Nacht auf Sonntag im Freien.
Krankenhäuser waren überlastet. Im Innenhof eines Hospitals in Jérémie, einer der am meisten betroffenen Städte, warteten Verletzte in Zelten auf ihre Behandlung, wie in einem Video in sozialen Netzwerken zu sehen war. Strassen waren nach Erdrutschen versperrt.
HAITI’S WRECKAGE: Drone footage shows the devastating aftermath of the magnitude 7.2 earthquake that struck southwestern Haiti on Saturday. The government reported that at least 1,297 people were killed and 2,800 injured. pic.twitter.com/om8AKoOmtn
— CBS News (@CBSNews) August 16, 2021
UN-Generalsekretär António Guterres erklärte, er habe mit grosser Betroffenheit von den tragischen Verlusten an Menschenleben und Verletzungen erfahren. Die Vereinten Nationen unterstützten die Bemühungen der Regierung, den von dem Erdbeben Betroffenen zu helfen.
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) drückte den den Menschen ihr «tief empfundenes Beileid» aus. «Mein besonderes Mitgefühl gilt den Angehörigen der Opfer und all jenen, die ihr Hab und Gut verloren haben. Den Verletzten wünsche ich eine schnelle Genesung», hiess es in einer Mitteilung am Sonntag.
Auch Papst Franziskus äusserte Anteilnahme: «Ich möchte meine Nähe zu diesen liebenswerten Einwohnern zum Ausdruck bringen, die so hart von dem Erdbeben getroffen wurden», sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche nach dem traditionellen Angelus-Gebet am Sonntag in Rom. Das Erdbeben, dessen Stärke die US-Behörde USGS mit 7.2 angab, ereignete sich am Samstagmorgen gegen 8.30 Uhr nahe der Gemeinde Saint-Louis-du-Sud im Süden Haitis in einer Tiefe von rund zehn Kilometern.
Es zerstörte zahlreiche Gebäude, weitere Opfer wurden befürchtet. In den Stunden nach dem Unglück bargen Rettungskräfte und Bürger viele Menschen aus den Trümmern. Am Wochenende erschütterten mehreren Nachbeben das Land, die nach USGS-Angaben Stärken bis 5.8 erreichten.
Die Ereignisse wecken Erinnerungen an das verheerende Erdbeben im Jahr 2010: Damals waren mehr als 220'000 Menschen ums Leben gekommen, mehr als 300'000 wurden verletzt, über eine Million Menschen verloren ihr Zuhause.
«Die Strassen sind erfüllt von Schreien. Die Menschen sind auf der Suche nach Angehörigen, Ressourcen, medizinischer Hilfe, Wasser», sagte Abiade Lozama, Leiter der Episkopalkirche in der besonders betroffenen Stadt Les Cayes der «New York Times». Es werde Tage dauern, die genauen Schäden zu beurteilen, sagte die Leiterin der Kinderhilfsorganisation Save the Children in Haiti, Leila Bourahla, dem Blatt und fügte hinzu: «Es ist klar, dass es sich um eine massive humanitäre Notlage handelt.»
Die Panamerikanischen Gesundheitsorganisation (PAHO) schickte ein Expertenteam. Such- und Rettungsarbeiten des Internationalen Roten Kreuzes konzentrierten sich auf die Gegend um die besonders betroffenen Städte Jérémie und Les Cayes. Die Organisation sandte ebenfalls Notfallspezialisten.
Interims-Premierminister Ariel Henry besuchte nach eigenen Angaben das Department Grand' Anse und überflog Les Cayes, um sich ein Bild vom Ausmass der Schäden zu machen. Er rief einen einmonatigen Notstand aus. Unter anderem die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), Kolumbien, Argentinien, Chile, Mexiko, Kanada und die USA boten Hilfe an. «Die Vereinigten Staaten bleiben dem haitianischen Volk ein enger und beständiger Freund, und wir werden auch nach dieser Tragödie da sein», erklärte US-Präsident Joe Biden.
Haiti wird immer wieder von schweren Erdbeben erschüttert. «Das Land liegt am Rande einer grossen tektonischen Platte, der Karibischen Platte», sagte Marco Bohnhoff vom Geoforschungszentrum Potsdam der Deutschen Presse-Agentur. «Das Problem ist, dass das Beben fast bis an die Oberfläche gereicht hat», sagt er. Im Mittel versetzte das Erdbeben die Karibische Platte um etwa 1.5 Meter – «hauptsächlich zur Seite, aber mit einer vertikalen Komponente».
Die durch Erdbeben angerichteten Schäden hängen auch von der Bevölkerungsdichte ab. Das Zentrum des ähnlich starken, verheerenden Erdbebens von 2010 lag unter der Hauptstadt Port-au-Prince – einem Ballungsraum mit mehr als zwei Millionen Einwohnern. Beim aktuellen Beben ist als grosse Stadt Les Cayes mit schätzungsweise rund 90'000 Einwohnende in etwa 35 Kilometern Entfernung zum Epizentrum betroffen.
Dem Karibikstaat droht weiteres Ungemach: Der Tropensturm «Grace» könnte am Montag auf die Region treffen, wie das Nationale Hurrikan-Zentrum der USA mitteilte. Heftige Winde und starker Regen könnten Haiti treffen, die Situation in dem vom Erdbeben betroffenen Gebiet verschlimmern und Rettungsmassnahmen behindern. (sda/dpa)
Doch zunehmende Naturkatastrophen wie jüngst die Flut in Deutschland oder die Waldbrände in Europa werden uns alle schon bald einem gesellschaftlichen und finanziellen Stress-Test unterziehen.
Künftig werden früher oder später (reihum und per Zufall) alle Ländern der Welt in irgendeiner Form die Hilfe der "internationalen Gemeinschaft" benötigen.
Es gibt nur EINE Welt.
Wann verstehen wir das endlich.