In der österreichischen Hauptstadt Wien häufen sich derzeit die Angriffe auf Obdachlose. Am 12. Juni wurde in der Brigittenau in der Nähe der Donau ein 56-jähriger Mann mit Stich- und Schnittverletzungen tot auf einer Parkbank aufgefunden. Zehn Tage später fand man unweit vom ersten Tatort, in einem Park in Wien-Leopoldstadt, eine 51-jährige Frau mit schweren Stich- und Schnittverletzungen, die überlebte.
Zuletzt wurde am 9. August in Josefstadt, im Zentrum Wiens, ein schwer verletzter 55-Jähriger auf dem Strassenrand sitzend gefunden. Dieser wurde sofort ins Spital gebracht und zweimal operiert, dennoch überlebte er nicht. Der Mann starb im Tiefschlaf, noch bevor er zur Tat befragt werden konnte.
Bisher drei Angriffe auf Obdachlose in Wien: Polizei vermutet Zusammenhang und bittet um Hinweise - mit Karte #kurier #Wien https://t.co/ybE8hTXTCb pic.twitter.com/DiMXNwdIqt
— Michael Pekovics (@michpeko) August 10, 2023
Wie die Polizei berichtet, gleichen sich die drei Taten stark. Nicht nur waren alle drei Obdachlos, auch die Art der Angriffe war immer ähnlich. Bei allen drei Attacken schlief das Opfer, trotzdem stach der Täter mehrmals mit einem Messer oder einer ähnlichen Stichwaffe auf sie ein. «Aufgrund des Modus Operandi gehen wir von einem Serientäter aus», sagt das Landeskriminalamt Wien deshalb der «Bild». Unklar sei noch, ob der Täter alleine handelt oder nicht.
Was die Identifizierung des Täters angeht, tappt die Polizei derzeit noch im Dunkeln. Zwei der drei Opfer verstarben, noch ehe sie mit der Polizei sprechen konnten. Die Frau, welche überlegte, bekam ihn nicht zu Gesicht. Als sie mit schweren Schmerzen und Verletzungen erwachte, war der Täter bereits verschwunden.
Da man derzeit keine Kenntnisse zum Täter hat, kann die Polizei noch keine Angaben zu einem möglichen Motiv machen. Für Adelheid Kastner, Primarin der Klinik für Psychiatrie an der Linzer Kepler Universität, sind die Angriffe äusserst besorgniserregend. Angriffe auf Obdachlose hätten «erheblich destruktives Potenzial», sagt die dem «Standard». Bei solchen Taten gehe es darum, «dass jemand vernichtet wird».
Ebenfalls auffällig ist, dass der Täter jeweils nur bei schlafenden Opfern zuschlägt. Es fehle ihm wohl jegliche Empathie, um ein derart feiges Verbrechen zu begehen. «Schlafende Opfer sind widerstandsunfähig, der oder die Täter gehen kein Risiko ein», so Kastner.
Auch laut Susanne Peter, die als Teamleiterin Streetwork der Caritas die Obdachlosen-Szene Wiens gut kennt, sind die bisherigen Taten beispielslos. «Ich arbeite seit 30 Jahren in dem Bereich, und so etwas war noch nie da», sagt sie gegenüber ORF. Und gegenüber der «Krone» sagt sie: «Dass Wehrlose attackiert werden, macht mich sprachlos.»
Um weitere solche Taten zu verhindern, hat die Polizei bekanntgegeben, die Streifendienste zu sensibilisieren. So sollen vor allem Orte, wo es mehr Obdachlose gibt, im Auge behalten werden.
Auch die Obdachlosen selbst werden derzeit sensibilisiert. Streetwork-Leiterin Peter sagt gegenüber dem «Standard», man versuche den Leute derzeit nahezulegen, nicht alleine zu schlafen, sondern eher in Gruppen zu bleiben. Als Reaktion auf die Angriffe haben Hilfsorganisationen zusätzliche Schutzräume für Wohnungslose zur Verfügung gestellt, in denen sie in der Nacht schlafen können.
(dab)