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Uno-Kommission wirft Israel Völkermord im Gazastreifen vor – ein Q&A

Uno-Kommission wirft Israel Völkermord im Gazastreifen vor – das musst du wissen

16.09.2025, 10:2016.09.2025, 12:09

Israel soll im Gazastreifen Völkermord an Palästinensern begangen haben. Das ist die Einschätzung einer internationalen Untersuchungskommission der Uno.

Wer wird beschuldigt?

In dem am Dienstag in Genf veröffentlichten Bericht werden Israels Präsident Izchak Herzog, Regierungschef Benjamin Netanjahu und der ehemalige Verteidigungsminister Joav Gallant beschuldigt, zu den Gräueltaten angestiftet zu haben.

Wie lauten die Vorwürfe?

Den drei Uno-Ermittlern zufolge haben die israelischen Behörden und Sicherheitskräfte vier der fünf Handlungen gemäss der Völkermordkonvention von 1948 ausgeführt. Dazu gehören Tötungen, schwere körperliche und geistige Schädigungen, die Auferlegung von Bedingungen, um die palästinensische Bevölkerung ganz oder teilweise zu vernichten sowie Massnahmen zur Verhinderung von Geburten.

«Es ist klar, dass es eine Absicht gibt, die Palästinenser zu vernichten», sagte die Vorsitzende der Kommission, die südafrikanische Juristin Navi Pillay. Sie stützt sich auf Aussagen israelischer Zivil- und Militärführer.

Die Behörden in Israel hätten es auch versäumt, den «Völkermord» zu verhindern und zu bestrafen, indem sie keine Ermittlungen gegen die Verantwortlichen durchgeführt hätten, hiess es im Bericht.

FILE - Palestinians run for cover during an Israeli airstrike on a high-rise building in Gaza City, Friday, Sept. 5, 2025, after the Israeli army issued a warning. (AP Photo/Yousef Al Zanoun, File)
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Palästinenser bringen sich vor einem israelischen Angriff in Sicherheit, 5. September 2025.Bild: keystone

Die Uno-Ermittler prangern insbesondere die «beispiellose» Zahl getöteter Palästinenser an, darunter Kinder, die direkt ins Visier genommen worden seien, die Belagerung des palästinensischen Gebietes, einschliesslich der durch den Mangel an humanitärer Hilfe verursachten Hungersnot, die systematische Zerstörung des Gesundheits- und Bildungssystems und die sexuelle Gewalt.

Die Uno-Kommission wirft Israel auch vor, sich nicht an die Anordnungen des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag gehalten zu haben, einen Völkermord zu verhindern: «Israel hatte nicht die Absicht, seine Haltung zu ändern. Im Gegenteil, die israelischen Behörden haben auf ihrer Völkermordkampagne beharrt», sagte Pillay bei der Vorstellung des Berichtes in Genf weiter.

Was sind die Konsequenzen?

Nur ein internationales Gericht kann Völkermord feststellen. Darum handelt es sich bei der Uno-Kommission nicht.

Die Uno-Kommission forderte Israel auf, seine «Aushungerungspolitik» gegenüber den Palästinensern einzustellen, den Zugang für humanitäre Hilfe und für Mitarbeiter der Vereinten Nationen und anerkannter internationaler Nichtregierungsorganisationen zu gewährleisten und die Aktivitäten der umstrittenen Gaza Humanitarian Foundation einzustellen.

Die Ermittler forderten zudem andere Staaten auf, die Lieferung von Waffen und Ausrüstung, die für den «Völkermord» verwendet werden können, zu stoppen und sicherzustellen, dass Einzelpersonen und Unternehmen auf ihrem Territorium nicht bei der Durchführung «dieser Gräueltaten» mithelfen.

Die drei vom Uno-Menschenrechtsrat in Genf beauftragten Ermittler reichten kürzlich ihren Rücktritt ein. Einer von ihnen, Chris Sidoti, könnte jedoch in Zukunft den Vorsitz des Gremiums übernehmen.

(rbu) mit Material von sda und dpa

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327 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Thomas Melone
16.09.2025 10:40registriert Mai 2014
Endlich wird das ausgesprochen, was eigentlich schon lange klar ist. Leserkommentare, die das Wort «Völkermord» enthielten, wurden, auch auf dieser Plattform, noch vor kurzer Zeit gar nicht erst veröffentlicht.
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Campino
16.09.2025 10:48registriert Februar 2015
Ja jetzt wurde das Thema "Völkermord" angesprochen.
Aber passieren wird wohl genau wieder nichts.
Israel gehört massiv sanktioniert.
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Igor Santrac
16.09.2025 10:45registriert März 2020
Was müssen wir wissen? Wir sehen es mit eigenen Augen.
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