International
Präsidentschaftswahl Frankreich 2022

Wahl in Frankreich: Heute steigt das Duell zwischen Macron und Le Pen

epa05942617 French presidential election candidate for the far-right Front National (FN) party, Marine Le Pen (L), and French presidential election candidate for the 'En Marche!' (Onwards!)  ...
Marine Le Pen und Emmanuel Macron vor dem Fernsehduell 2017. Jetzt kommt es zum «Rematch». Bild: EPA

Endspurt im Wahlkampf: Heute duellieren sich Macron und Le Pen

Vier Tage vor der Stichwahl in Frankreich treffen sich Emmanuel Macron und Marine Le Pen zum Showdown am Fernsehen. Der grösste Druck lastet dabei auf der Herausforderin.
20.04.2022, 16:2920.04.2022, 16:46
Mehr «International»

Bleibt Emmanuel Macron für weitere fünf Jahre Hausherr im Elysée-Palast? Oder zwingt ihn Marine Le Pen zum Auszug? Am Sonntag entscheidet sich in der Stichwahl, wer Frankreich künftig regieren wird. Heute Abend kommt es zur ersten und einzigen Direktbegegnung im Wahlkampf zwischen dem liberalen Präsidenten und seiner rechtsradikalen Herausforderin.

Das grosse Fernsehduell beginnt um 21 Uhr und wird von TF1 sowie dem Nachrichtenkanal LCI übertragen. Für die Kandidierenden geht es in der zweistündigen Debatte um alles oder nichts. Sie müssen das französische Wahlvolk von sich überzeugen. Das ist angesichts der vor allem in der jüngeren Generation verbreiteten Politikverdrossenheit nicht ganz einfach.

Für viele Französinnen und Franzosen ist Macron oder Le Pen eine Wahl zwischen Pest und Cholera. Beide wissen, was auf dem Spiel steht. Sie haben am Dienstag keine Wahlkampftermine absolviert und sich auf die Fernsehdebatte vorbereitet.

Marine Le Pen

French far-right leader Marine Le Pen smiles as she arrives for a campaign stop Monday, April 18, 2022 in Saint-Pierre-en-Auge, Normandy. French President Emmanuel Macron is facing off against far-rig ...
Marine Le Pen setzt auf ein sanfteres Image.Bild: keystone

Der grössere Druck lastet auf der Chefin des rechtsextremen Rassemblement National (RN). Sie dürfte erheblich besser abschneiden als 2017, als sie in der Stichwahl gegen Macron mit 34 zu 66 Prozent klar unterlag. Doch auch jetzt liegt Le Pen in den Umfragen hinter dem Amtsinhaber. Und sie wird von ihrem damaligen Debattenauftritt «verfolgt».

Im Fernsehduell vor fünf Jahren zeigte sie eine desaströse Leistung. Sie war übermüdet und schlecht vorbereitet. Macron konnte sich damit begnügen, ihre überdrehten Angriffe zu parieren. Le Pen begründete den kläglichen Auftritt später mit einem Augenleiden, was verdächtig nach Ausrede klang. Dieses Mal will sie es besser machen.

Beobachter erwarten, dass Marine Le Pen getreu ihrem «weichgespülten» Image weniger aggressiv auftreten und dennoch versuchen wird, den Leistungsausweis ihres Kontrahenten zu attackieren. Im Wahlkampf setzt die 53-Jährige auf das Thema Kaufkraft und verspricht Zulagen und Steuererleichterungen. Kritiker fragen sich, wie sie das bezahlen will.

Emmanuel Macron

epa09892978 Incumbent French President and candidate for re-election Emmanuel Macron holds a campaign rally in Marseille, France, 16 April 2022. The second round of the French presidential election wi ...
Der Staatschef bei seinem Wahlkampfauftritt am Samstag in Marseille.Bild: keystone

Der 44-jährige Präsident geht als Favorit in die Stichwahl. Doch er weiss auch, dass er härter kämpfen muss als vor fünf Jahren. Er nehme die Fernsehdebatte «sehr ernst», sagte Macron in einem Interview. Vor der ersten Runde am 10. April hatte er kaum Wahlkampf betrieben. Jetzt tritt er umso intensiver auf und warnt vor dem Sieg seiner Kontrahentin.

Dabei erinnert er an den «Schock» von 2016 mit dem Brexit und dem Wahlsieg von Donald Trump. «Wenn ihr das Undenkbare verhindern wollt, dann geht zur Wahl», sagte Macron. Man könne Marine Le Pen den Imagewandel nicht abnehmen. Ihr Parteiprogramm sei nach wie vor rechtsextrem und europafeindlich. Ihr Wahlsieg würde nur Wladimir Putin freuen.

Allerdings muss Emmanuel Macron selber gegen ein negatives Image ankämpfen. Er ist bei vielen Französinnen und Franzosen regelrecht verhasst. Sie betrachten ihn als arrogant und asozial, als «Präsident der Reichen». Weshalb er vor allem um die Stimmen der Linken wirbt. So will er seine Rentenreform abschwächen und einen «Klima-Regierungschef» ernennen.

Jean-Luc Mélenchon

French far-left candidate Jean-Luc Melenchon comments on preliminary results of the first round of the presidential election in Paris, France, Sunday, April 10, 2022. Up to 48 million French voters he ...
Der Linksaussen-Politiker ist so etwas wie der «Königsmacher».Bild: keystone

Der 70-jährige Linksaussen-Politiker ist in der TV-Debatte der «Elefant» im Raum. Er hatte den Einzug in die Stichwahl knapp verpasst. Nach der ersten Runde forderte Mélenchon seine Wählerschaft auf, Marine Le Pen «keine einzige Stimme» zu geben. Eine Empfehlung für Macron jedoch vermied er. Nun hoffen beide auf Unterstützung durch seine Klientel.

In einer internen Umfrage bekundeten zwei Drittel von Mélenchons Basis, sie wollten an der Stichwahl gar nicht teilnehmen oder einen leeren Zettel einlegen. Ein Drittel sprach sich für Macron aus. Nach Le Pen wurde gar nicht gefragt. Laut einer aktuellen Ipsos-Umfrage wollen 36 Prozent der Mélenchon-Anhänger Macron wählen und 19 Prozent Le Pen.

Jean-Luc Mélenchon selbst rief die Franzosen am Dienstag in einem Interview mit BFMTV auf, ihn bei der Parlamentswahl im Juni «zum Premierminister zu wählen». Er setzt auf Bündnisse mit anderen linken Parteien. Allerdings fragt man sich, wie eine «Cohabitation» mit einem Präsidenten Macron und vor allem einer Präsidentin Le Pen funktionieren soll.

Die Umfragen

Seit dem 10. April konnte Emmanuel Macron den Vorsprung auf Marine Le Pen leicht ausbauen. In der am Mittwoch veröffentlichten Ipsos-Umfrage, die unter anderem im Auftrag der Zeitung «Le Monde» unter mehr als 12’000 Personen durchgeführt wurde, sprachen sich 56 Prozent für den Amtsinhaber und 44 Prozent für seine Herausforderin aus.

In der Querschnittumfrage der Website «Politico», die auf diversen Erhebungen basiert, kommt Macron auf 54 und Le Pen auf 46 Prozent. Die gleichen Werte ergibt das auf angelsächsischen Vorbildern basierende Prognosemodell des «Economist». Das Wirtschaftsmagazin gibt dem Präsidenten eine Chance von 89 Prozent auf den Wahlsieg.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Macron jubelt
1 / 19
Macron jubelt
Die Franzosen haben mit der Wahl von Emmanuel Macron zum neuen Präsidenten einen Rechtsruck und eine Existenzkrise der Europäischen Union abgewendet.
quelle: epa/epa / christophe petit tesson
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Le Pen und der Front National: Eine Erfolgsgeschichte
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
9 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Majoras Maske
20.04.2022 18:06registriert Dezember 2016
Ich finde diese ganze Situation für Frankreich und auch für Europa mega desaströs. Ich hoffe sehr, dass das Undenkbare nicht geschieht und sich die innenpolitische Front in Frankreich in den nächsten fünf Jahren etwas entspannt. Es wäre eine regelrechte Wohltat, wäre nicht immer ein Extremist in der Stichwahl.
223
Melden
Zum Kommentar
9
«Werden einen Unterschied machen» – USA lieferten heimlich weitreichende ATACMS an Ukraine
Schon vor der offiziellen Freigabe neuer Ukraine-Hilfen durch den Kongress haben die USA ihrem Verbündeten heimlich ATACMS mit grösserer Reichweite geliefert. Die Kurzstreckenraketen, die das Kräfteverhältnis im Krieg gegen Russland beeinflussen sollen, wurden letzte Woche bereits eingesetzt.

Aufatmen in der Ukraine: Nach der Freigabe neuer Ukraine-Hilfen durch den Kongress hat US-Präsident Joe Biden während einer Rede im Weissen Haus ein sofortiges neues Militärpaket für das von Russland angegriffene Land angekündigt.

Zur Story