Über zehn Monate dauert er nun bereits, der russische Angriffskrieg auf das Nachbarland Ukraine. China gehört zu den wenigen Ländern, die Russland und Wladimir Putin für seine Gräueltaten nicht verurteilen. Grund ist die interdependente Beziehung beider autokratischen Grossmächte, im Februar wurde das freundschaftliche Verhältnis im Vorfeld der Olympischen Spiele in Peking in einer gemeinsamen Erklärung auf der Weltbühne einmal mehr bestärkt.
Am heutigen Freitag, zwei Tage bevor sich der Krieg Russlands auf ein zweites Kalenderjahr ausdehnen wird, haben sich die Staatschefs per Video ausgetauscht. Die «New York Times» betont die gegenseitige Abhängigkeit von Xi Jinping und Wladimir Putin.
Beide Länder bräuchten einander zwecks diplomatischer und finanzieller Stabilität, sowohl China als auch Russland sähen sich mit intensiven Problemen konfrontiert. Die Russen kommen in ihrer «militärischen Spezialoperation» nicht so vorwärts wie geplant, die Wirtschaft leidet, Soldaten und Zivilisten kommen zu Tausenden ums Leben.
In China regt sich immer mehr Widerstand gegen das Handling der Covid-Pandemie, das autokratische Vorgehen der kommunistischen Partei konnte nicht verhindern, dass die Infektionszahlen derzeit stark ansteigen.
Allerdings ist die Unterstützung des Verbündeten nicht ohne Risiko, wie die «New York Times» schreibt. Xi Jinpings Vorgehen gleicht einem Tanz auf der Rasierklinge. Eine vollumfängliche Unterstützung Russlands könnte internationale Sanktionen verursachen, ganz von der Hilfe Putins abzusehen würde das Risiko mit sich bringen, einen wichtigen geopolitischen Partner im Kampf gegen den Westen zu verlieren.
Konkret auf allfällige Spannungen sind die beiden Staatsoberhäupter nicht eingegangen, Xi Jinping räumte lediglich eine «komplizierte und sich ständig verändernde internationale Situation» ein, während Putin die sino-russische Beziehung als «ein Modell der Zusammenarbeit zwischen Grossmächten im 21. Jahrhundert» bezeichnete.
Der grosse Antagonist ist und bleibt der Westen, Putin blieb dabei unmissverständlich: «Wir teilen die gleichen Ansichten über die Ursachen, den Verlauf und die Logik der laufenden Transformation der globalen geopolitischen Landschaft angesichts des beispiellosen Drucks und der Provokationen des Westens.»
Auf ökonomischer Ebene zeigt sich das gute Verhältnis an den russischen Importen. Von Januar bis September kamen mehr als ein Viertel der von Russland importierten Güter und Dienstleistungen aus China. Im Vorjahreszeitraum waren es weniger als 15 Prozent, sagt Elina Ribakova vom Institut für internationale Finanzen in Washington gegenüber der «New York Times». Die einzigen ausländischen Automarken, die in Russland noch verkauft werden, stammen aus China. Im Gegenzug wird China aufgrund der zunehmenden europäischen Abwendung zu einem wichtigen Käufer von fossilen Brennstoffen.
Dass Xi Jinping nicht uneingeschränkt hinter Russlands Krieg steht, kommt dann und wann zum Vorschein. Bei einem Gespräch mit dem ehemaligen russischen Präsidenten Dmitri Medwedew äusserte Xi Jinping die Hoffnung, dass «alle Parteien rationale Zurückhaltung üben werden». Anders sieht man dies etwa in den USA, bei der überparteilichen Foundation for Defense of Democracies heisst es: «Xi ist nach wie vor tief in Putins Krieg verstrickt, weil China von einem russischen Sieg geopolitisch viel zu gewinnen und von einer russischen Niederlage potenziell noch mehr zu verlieren hat.»
Vom Westen wächst der Druck auf China, Putin zu einem Ende des Angriffskrieges zu bewegen, Xi Jinping betont derweil gegenüber westlichen Staats- und Regierungschefs, seinen Einfluss auf Russland nicht zu überschätzen.
Stand jetzt scheint die Beziehung zwischen Russland und China intakt, die gegenseitige Abhängigkeit nach wie vor gegeben. Putin formuliert es so: «Die militärische und militärisch-technische Zusammenarbeit nimmt einen besonderen Platz in unseren Beziehungen ein. Sie fördert die Sicherheit unserer Länder und unterstützt die Stabilität in Schlüsselregionen.»
(rst)
Man muss immer darauf achten was NICHT in der Meldung steht.